Antikapitalismus, gegenseitige Hilfe und güterbasierte Gemeinschaftsentwicklung

Der nachfolgende Beitrag ist eines von 85 Artikeln aus dem Buch Schwarze Saat – Gesammelte Schriften zum Schwarzen und Indigenen Anarchismus.

Anmerkung: Im Buch befinden sich völlig unterschiedliche, und teils widersprechende, Positionen. Es werden hier alle Beiträge veröffentlicht, auch solche, deren Positionen wir nicht teilen.

Antikapitalismus, gegenseitige Hilfe und güterbasierte Gemeinschaftsentwicklung

Afrofuturist Abolitionists of the Americas

„Wir sagen, dass wir den Kapitalismus nicht mit Schwarzem Kapitalismus bekämpfen werden, sondern mit Sozialismus.“ – Fred Hampton

LEBEN UNTER DEM KAPITALISMUS

Das Leben im Kapitalismus ist nicht einfach der „normale“ Zustand oder das Ergebnis der „menschlichen Natur“.

Der Kapitalismus ist ein grundlegend rassistisches, anti-Schwarzes, sexistisches, ökozidales und ausbeuterisches Wirtschaftssystem, das auf dem Privateigentum an den Produktionsmitteln (Land, Fabriken, Maschinen, etc.) und deren Betrieb für den Profit der Wenigen auf Kosten der Vielen basiert.

Zentrale Merkmale des Kapitalismus sind der Besitz von Privateigentum (nicht zu verwechseln mit öffentlichem oder persönlichem Besitz), Kapitalakkumulation, Lohnarbeit, gewaltsamer Land- und Ressourcendiebstahl und die Ausbeutung, Unterdrückung und Ermordung von Schwarzen und Braunen Menschen auf der ganzen Welt.

Im Kapitalismus versuchen Unternehmen und Arbeitgeber*innen, so viel Arbeit und Zeit wie möglich aus den Arbeiter*innen herauszuquetschen (besonders aus Schwarzen und Braunen), während sie so wenig wie möglich zahlen und so wenig Leistungen wie möglich bieten. Diejenigen, die nicht in der Lage oder nicht willens sind, Profite für die Kapitalist*innen zu machen, werden als entbehrlich betrachtet und kriminalisiert.

Der Staat benutzt die Polizei und die Gerichte als Werkzeuge der Unterdrückung, um die Gesetze durchzusetzen, die von der kapitalistischen besitzenden Klasse festgelegt wurden.

Um sich selbst zu erhalten, stehlen die kapitalistischen Staaten die Arbeitskraft und die natürlichen Ressourcen Afrikas, Südamerikas, des Nahen Ostens und der armen Schwarzen und Braunen Menschen in den sogenannten entwickelten Ländern, bombardieren uns, verbrennen uns, vertreiben uns, gentrifizieren uns, zerstören unsere Häuser und unsere Kulturen und sperren uns für Profit ein, nur weil wir versuchen zu überleben.

Der Kapitalismus wird Schwarze und Braune Menschen nicht retten; er benötigt die fortgesetzte brutale Ausbeutung Schwarzer und Brauner Menschen in den Vereinigten Staaten und auf der ganzen Welt, um zu überleben. Genauso wenig wird es helfen, für das kleinere Übel zu stimmen, oder für mehr „Repräsentation“ in den Medien. Ein paar hochkarätige Erfolgsgeschichten oder ein paar mehr reiche Schwarze Schauspieler*innen, Sportler*innen oder Politiker*innen sprechen nicht zu den alltäglichen Erfahrungen der Mehrheit der Schwarzen und Braunen Menschen, die unter diesem weißen, rassistischen Wirtschaftssystem kämpfen.

Sozialismus (oder Kommunismus) ist eine politische und wirtschaftliche Theorie der sozialen Organisation, die dafür eintritt, dass die Produktions-, Verteilungs- und Tauschmittel der Gemeinschaft als Ganzes gehören oder von ihr reguliert werden sollten, nicht von einigen wenigen Auserwählten und Privilegierten.

Anstelle des Kapitalismus und der Abhängigkeit vom Staat glauben wir, dass der einzige Weg nach vorne für Schwarze und Braune Menschen in den USA und auf der ganzen Welt darin besteht, Stärke innerhalb unserer eigenen Gemeinschaften aufzubauen, indem wir uns dem Prinzip der gegenseitigen Hilfe verschreiben (miteinander teilen und einander helfen) und damit beginnen, die harte Arbeit des Aufbaus unserer eigenen Gemeinschaftsinstitutionen und -dienste außerhalb derer, die vom Staat nur unzureichend bereitgestellt werden, in Angriff zu nehmen.

Dazu gehören unsere eigenen freien Schulen, eine frei zugängliche, qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung für jedes Mitglied unserer Gemeinschaft, Arbeitskooperativen, die Infrastruktur für den Anbau und die Verteilung unserer eigenen Lebensmittel und eine Kultur der gemeinschaftlichen Verteidigung.

Die weiße Vorherrschaft und der Kapitalismus möchten uns glauben machen, dass wir in diesem Kampf allein sind und dass wir machtlos sind. Wir sind nicht allein und wir sind nicht machtlos. Wir glauben, dass wir, wenn gewöhnliche Menschen zusammenkommen und die Arbeit der Gemeinschaft tun, die Macht und die Fähigkeit haben, unsere Nachbarschaften zu organisieren, mit ihnen zu kämpfen, sie zu ernähren, zu erziehen und zu verteidigen, besser als es der Staat, die Polizei oder Menschen von außerhalb unserer Gemeinschaften jemals tun könnten.

WAS IST GEGENSEITIGE HILFE?

Armut und Mangel sind das direkte Ergebnis dieses ekelhaften kapitalistischen Systems, verstärkt durch Systeme von Rassismus, Sexismus, Ableismus, cis-heterosexuellem Patriarchat, Landraub und Arbeitsraub, die zusammen die Ungleichheit und Ungerechtigkeit in unseren Häusern, in unseren Nachbarschaften und in der Gesellschaft aufrechterhalten. Der Kapitalismus sagt uns, dass jede*r für sich selbst ist und dass wir „schuften“ müssen, um zu essen und zu leben. Wir glauben, dass qualitativ hochwertiges Essen, eine sichere und komfortable Unterkunft, medizinische Versorgung und Bildung Dinge sind, zu denen jeder Mensch uneingeschränkten Zugang haben sollte und dass die Ressourcen in unseren Gemeinschaften bereits vorhanden sind, um diese Dienste bereitzustellen.

Gegenseitige Hilfe ist ein freiwilliger, gegenseitiger Austausch von Ressourcen und Dienstleistungen zum gegenseitigen Nutzen aller. Gegenseitige Hilfe, im Gegensatz zu Wohltätigkeit, impliziert keine moralische Überlegenheit des Gebenden über den Empfangenden. Beispiele sind das Organisieren und Nutzen von Lebensmittelsammlungen, das Spenden von Kleidung oder Geld direkt an Bedürftige, finanzielle Beratung, Nachhilfe, Kinderbetreuung, Hilfe beim Umgang mit sozialen Diensten und Netzwerke zur Verteidigung der Gemeinschaft, um nur einige zu nennen. Gegenseitige Hilfe basiert auf dem Prinzip, jetzt in unsere Gemeinschaften zu investieren, um später eine Gegenleistung zu erhalten. Im Kapitalismus kann die Person, die heute Hilfe anbietet, die Person sein, die morgen Hilfe braucht. Starke Gemeinschaften praktizieren gegenseitige Hilfe.

WIE VERBINDE ICH MICH MIT NETZWERKEN GEGENSEITIGER HILFE IN MEINER GEMEINSCHAFT? WAS IST GÜTERBASIERTE GEMEINSCHAFTSENTWICKLUNG?

Asset-Based Community Development (ABCD) ist ein Ansatz, der Veränderung und Entwicklung anregt, indem er die vorhandenen Gaben und Fähigkeiten der Menschen und ihrer Gemeinschaften nutzt.

Das ABCD-Modell entmutigt Entwicklung, die von außen kommt, und regt stattdessen Veränderung und Entwicklung von innen an.

Für eine wirklich nachhaltige Entwicklung ist es wichtig, sich auf die Stärken einer Gemeinschaft zu konzentrieren und nicht nur auf ihre Bedürfnisse. Der wichtige Faktor ist, den Bereich zu finden, in dem die lokalen Stärken auf die lokalen Bedürfnisse treffen.

Die Schaffung von Gemeinschaften, die in der Lage sind, sich selbst zu verwalten und die ihr eigenes soziales Sicherheitsnetz bereitstellen können, wird die Notwendigkeit des Staates stark reduzieren.

Zu den Gütern der Gemeinschaft gehören unsere Parks, unsere Kirchen, Gemeinschaftszentren, Lebensmittelbanken und kostenlose Rechtsberatung, um nur einige zu nennen; aber vor allem unsere Gemeinschaftsmitglieder, die Ärzt*innen, Künstler*innen, Lehrkräfte, Redner*innen, Sportler*innen, Ingenieur*innen, Pflegekräfte, Lebensmittelanbauende, Musiker*innen, Organisator*innen, etc. sind. Die Menschen sind unser größtes Gut, denn jedes Mitglied der Gemeinschaft hat etwas zu geben.

„Es ist unsere Pflicht, für unsere Freiheit zu kämpfen.

Es ist unsere Pflicht, zu gewinnen.

Wir müssen einander lieben und uns gegenseitig unterstützen.

Wir haben nichts zu verlieren außer unseren Ketten.“

– Assata Shakur