Verbrannte Erde, kranke Körper: Die Notwendigkeit die Industrie zu zerstören

Eines der eigenen Beiträge, die ich im Buch Schwarze Saat – Gesammelte Schriften zum Schwarzen und Indigenen Anarchismus veröffentlicht habe. – El

Verbrannte Erde, kranke Körper: Die Notwendigkeit die Industrie zu zerstören

Elany

Während ein Teil der Erde von Bränden heimgesucht wird und der andere Teil mit Überschwemmungen zu kämpfen hat, bedroht uns ein weiterer Aspekt: Covid-19. Doch die immer noch gegenwärtige Corona-Pandemie ist dabei nur der Anfang einer neuen Ära von Pandemien.

Während der Klimawandel und Forderungen nach Umweltschutz immer weiter zum „Mainstream“ werden, nimmt die Dringlichkeit von Pandemien zu. Die aktuelle Situation hat den Menschen eine deutliche Lektion erteilt: Tödliche Krankheitserreger stellen eine ebenso große und globale Bedrohung für Menschen und andere Lebewesen dar.

Schon vor etwas mehr als 15 Jahren hat der Soziologe Mike Davis vorhergesagt, dass wir aufgrund der Massentierhaltung ein globales Zeitalter der Pandemien beschreiten und es uns in die Katastrophe führen wird. Die industrielle Viehzucht fungiert wie eine Art Teilchenbeschleuniger. Mehr Körper auf weniger Raum bedeuten mehr Chancen für die Entstehung von Mutationen oder Hybridviren und für ihre Verbreitung, egal bei welchem Virus. Die globalen Versorgungsketten riesiger transnationaler Unternehmen mit Niederlassungen in einem halben Dutzend Ländern und Märkten in tausend Städten sowie die Urbanisierung tun ihr Übriges. Am Bedrohlichsten sind dabei die Vogelgrippeviren und wir wissen heute, dass wir wohl nur eine einzige Mutation davon entfernt sind, dass einer der tödlichsten Stämme der Vogel­grippe pandemisch wird. Diese Seuchen, die von der Agrarindustrie geschaffen und verbreitet werden, legen sich anschließend mit besonderer Verheerung über die Orte, die durch Kolonialismus und Kapitalismus in Armut versinken. Die Kombination aus mangelnder Gesundheitsversorgung und starker Urbanisierung führt schließlich zu einer ernsten Notlage, in der Seuchen die volle Härte der Verwüstung anrichten.

Apropos Verwüstung: Die Auswirkungen des Klimawandels sind ebenfalls mit voller Härte überall um uns herum zu spüren. Die Liste der Verwüstung ist endlos. Wälder werden abgeholzt, wobei häufigere und intensivere Hitzewellen zu einer Zunahme von Waldbränden, Dürreperioden und Wüstenbildung führen. Böden werden erodiert und Ackerland in Wüsten verwandelt. Düngemittel, Herbizide, Fungizide und Pestizide verunreinigen die Lebensmittelversorgung. Mülldeponien quellen über mit synthetischen Abfällen. Kernkraftwerke füllen Luft, Land und Meer mit krebserregenden Partikeln. Ein chemischer Smog füllt die Straßen der Städte und vergiftet Menschen und andere Lebewesen auf Schritt und Tritt. Plastikmüll zerfällt in Billionen von mikroskopisch kleinen Teilchen, die jeden lebenden Organismus infizieren. Chemikalien werden in Meere, Seen und Flüsse gekippt. Giftstoffe sickern ins Grundwasser. Der Anstieg und die Erwärmung der Meere führen zu stärkeren Regenfällen, schwereren Überschwemmungen, häufigeren Megastürmen und der Überflutung von Küstengebieten.

Zusätzlich zur Erwärmung erleben die Ozeane eine Versauerung und einen Sauerstoffverlust. Ein tödliches Trio, welches dazu führt, dass wir auf ein sechstes Massenaussterben des Lebens auf unserem Planeten zusteuern, bei dem das Artensterben 1000-mal so schnell voranschreitet wie normal. Wie die Ozeanografin Sylvia Earle festhält: „Unser Leben hängt vom lebendigen Ozean ab. Nicht nur von den Felsen und dem Wasser, sondern von stabilen, widerstandsfähigen, vielfältigen lebenden Systemen, die die Welt auf einem für die Menschheit günstigen, stetigen Kurs halten.“ Der Ozean bedeckt etwa 70% der Erde und ist zentral für die Ermöglichung von Leben. Meerespflanzen erzeugen die Hälfte des atembaren Sauerstoffs der Welt. Wenn der Ozean stirbt, sterben auch wir.

Die Agrarindustrie zerstört nicht nur Gemeinschaften, sondern breitet sich auch in die Wildnis aus, zerstört die Vielfalt und das Gleichgewicht der natürlichen Ökologie und ersetzt sie durch riesige Monokulturen. Die Hälfte der bewohnbaren Fläche der Erde wird heute landwirtschaftlich genutzt, und jedes Jahr kommen Millionen von Hektar hinzu. Ein Großteil dieser Anbauflächen dient der Futtermittelproduktion für Hunderte von Millionen Schweinen, Rindern, Schafen und Geflügel, die für die globalen Versorgungsketten gemästet werden, die die Welt umspannen.

Zusätzlich dazu kommen noch weitere soziale, ökonomische und politische Verschärfungen, wie etwa Hungersnöte und Wasserknappheit, Krankheiten und Tod durch Hitze, Seuchen und Zerstörung wichtiger Lebensräume und Kriege um schwindende Ressourcen und nutzbare Territorien. Der Klimawandel zerstört Lebensgrundlagen, verstärkt Krankheiten und vertreibt Menschen. Zusammen mit der Ära der Pandemien ergibt sich eine globale Kaskade des Leids.

Wo immer wir ökologische Zerstörung finden, finden wir die Industrie. Die Industrie ist nicht neutral und es könnte keine angemessene Lösung für die Umweltzerstörung geben, solange die Industrie weiter existiert. Um das Leid zu beenden, bedarf es einen vollständigen Untergang der Industrie. Oder wie es in Revolte, einer anarchistische Zeitung aus Wien, 2019 in Ausgabe 43 treffend ausgedrückt wurde: „Für die Zerstörung der Industrie, der Arbeit und der Ausbeutung! Für die Sabotage und den direkten Angriff!“

Nachhaltige, grüne Industrie?!

Während die Zerstörung der Lebensräume immer weiter voranschreitet, will uns die Industrie, welche für all das Leid verantwortlich ist, die Lösung verkaufen: Nachhaltigkeit und erneuerbare Energien.

An diesem Punkt ökologischer, sozialer und körperlicher Katastrophen müssen wir grüne Lösungen wie die fälschlicherweise so genannte Revolution der Erneuerbaren Energien kritisch hinterfragen und als das identifizieren, was es tatsächlich ist: eine Aufrechterhaltung des Status Quo. Die angeblich grünen Energien halten die ökologische Verwüstung und die globalen Wohlstandsgefälle weiter aufrecht.

Die Zerstörung von Lebensräumen von Menschen und Nicht-Menschen ist in den Massenproduktionsinfrastrukturen „erneuerbarer Energien“ impliziert, egal ob Solar, Wind, Biokraftstoffe, Wasserstoff, Atomkraft und andere angebliche erneuerbare Energien. Eine zerstörerische Norm wird dabei durch eine andere ersetzt. Diese Energien haben, wie die fossilen Brennstoffe, ihre Wurzeln in der kolonialistischen Rohstoffindustrie. Wieder einmal ist die „Lösung“ genau das Problem.

Für Batterie-Technologien können wir nach Bolivien (Lithium) und Kongo (Kobalt) schauen. Bei beiden Rohstoffen sind die ökologischen und humanitären Kosten unverzeihlich: die Zerstörung von Lebensräumen, Kindersklaverei und Todesfälle durch eine gefährliche Arbeit. Natürlich wird der Elektroschrott hinterher überall in Südamerika, Afrika und Asien verstreut. Lithium wird heute als „weißes Gold“ bezeichnet und die Gewinnung verbraucht riesige Mengen an Wasser, was die Verfügbarkeit für Indigene Gemeinschaften und Wildtiere drastisch einschränkt. Zusätzlich dazu werden giftige Abfälle produziert und chemische Lecks haben immer wieder Flüsse und damit Menschen und Nicht-Menschen vergiftet.

Großstaudämme für Wasserkraft-Technologien haben in der Vergangenheit ebenfalls katastrophale Auswirkungen auf Indigene Völker und ihr Land gehabt.

Industrielle Windparks, deren Blender am Himmel Zugvögel zerhacken, verbrauchen kolossale Ressourcen für die Produktion und Umsetzung (sowohl die Windturbinen als auch die Infrastruktur) und zerstören wandernde Wildtiere, wie Fledermäuse und Vögel, die für gesunde Ökosysteme wichtig sind und von denen einige zu den gefährdeten Arten gehören.

Für Solarenergie werden riesige Solarindustriekomplexe errichtet, die das Land kahl schlagen und menschliche Populationen und Migrationsrouten von Tieren und Menschen für die riesigen Solarfelder, Umspannwerke und Zufahrtsstraßen verdrängen, die alle unglaublich kohlenstoffintensiven Beton benötigen. Für Wind- und Solarenergie sowie für die Produktion von Biokraftstoffen wird 100-1000 Mal mehr Landfläche benötigt als für die Produktion fossiler Brennstoffe.

Scheiß auch auf die chinesischen Versorgungsbäuer*innen, die jeden Tag krebserregenden Industriemüll aus den Solarpanel-Fabriken auf ihr Land gekippt bekommen. Die denken offensichtlich nicht ökologisch genug. Und vergiss die Ghanaer*innen, die sich darüber beschweren, dass sich in ihren Hinterhöfen Berge von abgenutzten Solarmodulen zusammen mit dem Rest der veralteten Technik des Westens auftürmen. Sie behindern doch nur den ökologischen Fortschritt.

Ob Ölbohrungen, Kohlekraftwerke oder megalithische „grüne“ Projekte — sie alle wurzeln in einer beispiellosen Zerstörung von Lebensräumen für Menschen und andere Lebewesen. Es kann daher nicht das Ziel sein, eine zerstörerische Technologie durch eine andere zu ersetzen. Das Ziel sollte eine massive und radikale Reduzierung des Energieverbrauchs sein.

Anarchist*innen, die nur dafür kämpfen die Industrie vom Kapitalismus zu befreien, müssen sich endlich der brutalen Realität stellen. Nieder mit der Industrie, nieder mit der Arbeit. Um es mit den Worten des Indigenen Anarchisten ziq zu sagen: Beschlagnahmt die Mittel der Zerstörung! Und brennt sie verdammt noch mal nieder…

Was als nächstes passiert, hängt davon ab, was wir tun. Die Notwendigkeit, aktiv zu werden, war noch nie so dringlich wie heute.