Fridays for Sabotage? Die seltsame Faszination des Klima-Blanquismus

Wenn friedliche Massenmobilisierungen die Klimakatastrophe nicht abwenden können, ist es dann nicht an der Zeit, sich radikalere Formen des Widerstands gegen den fossilen Kapitalismus auszudenken? Via RoarMag.

Anmerkung: Sabotage ist der richtige Weg – von einem „Klima-Blanquismus“ möchten wir uns aber ausdrücklich distanzieren.

Was für eine unheimliche Zeit, um am Leben zu sein! Am helllichten Tag werden wir Zeug_innen der organisierten Abschlachtung einer ganzen Ökosphäre. Es vergeht kein Tag, an dem nicht ein neuer Waldbrand oder Taifun wütet, ein weiterer unumkehrbarer Kipppunkt erreicht wird, ein weiteres Ende der Welt irgendwo.

In den letzten drei Jahrzehnten haben sich 400.000 Landwirt_innen in Indien angesichts eines perfekten Sturms aus ökologischer und finanzieller Katastrophe dazu entschlossen, ihre Familien zurückzulassen und sich das Leben zu nehmen, oft indem sie ihre eigenen Pestizide schluckten. Zehntausende haben allein im letzten Jahrzehnt ihr Leben in den trockenen Dünen der Sahara verloren, als sie versuchten, vor dem Klimazusammenbruch und der Gewalt des Imperiums zu fliehen. In Madagaskar sind Mütter nach einem Jahrzehnt der Dürre gezwungen, nach Insekten und Blättern zu suchen, um ihre Kinder zu ernähren.

Die Verursachenden der globalen Klimakatastrophe sind bekannt, ihre Verbrechen sind akribisch dokumentiert und ihr ständiges Engagement für Leugnung, Fehlinformation und Greenwashing ist ein offenes Geheimnis. Da sie immer noch von der Struktur des fossilen Kapitalismus, dem derzeitigen fossil befeuerten und akkumulationsgetriebenen globalen Wirtschaftssystem, profitieren und in einem parallelen Vorstadtuniversum aus Privatschulen und Vorstandssitzungen geschützt sind, wurde ihr Leben bisher von den schlimmsten Auswirkungen der von ihnen ausgelösten Katastrophe abgepuffert.

Angesichts dieser absurden Realität kann man sich nur wundern, dass den Verbrechen des fossilen Kapitals bisher mit entsetzlichem Schweigen begegnet wurde. Die vielen Stimmen derjenigen, die sich gegen den zerstörerischen Status quo gewehrt haben, sind früher oder später in den Weiten der globalen Aufmerksamkeitsökonomie untergegangen oder wurden von den Machthabenden für ihre eigene Agenda vereinnahmt.

Wie ist es möglich, dass sieben Milliarden Mitmenschen bisher nicht in der Lage waren, einen wirksamen, groß angelegten Widerstand gegen die Auslöschung unserer gemeinsamen Zukunft zu organisieren? Und wie lange werden wir mit dieser Spannung noch leben können?

DAS SCHWEIGEN BRECHEN

Zumindest auf literarischer Ebene hat die gegenwärtige Situation eine neue Gruppe von Autor_innen dazu veranlasst, das „Schweigen zu brechen“ und den fossilen Energiekonzernen mit gezielteren radikalen Aktionen zu begegnen. Nehmen wir diesen berüchtigten Essay des Schriftstellers John Lanchester aus dem Jahr 2007, der in der London Review of Books veröffentlicht wurde und mit einer recht einfachen Frage beginnt:

Es ist seltsam und auffällig, dass Klima-Aktivist_innen keine terroristischen Akte begangen haben. Schließlich ist Terrorismus für den Einzelnen die bei weitem effektivste Form der politischen Aktion in der modernen Welt, und der Klimawandel ist ein Thema, das den Menschen genauso am Herzen liegt wie zum Beispiel die Rechte der Tiere. Das wird besonders deutlich, wenn du dir vor Augen hältst, wie einfach es ist, Tankstellen in die Luft zu sprengen oder SUVs zu zerstören. In einer Stadt von der Größe Londons könnten ein paar Dutzend Menschen in kurzer Zeit den Besitz dieser Autos praktisch unmöglich machen. Sagen wir, fünfzig Leute, die einen Monat lang jede Nacht vier Autos zerstören: sechstausend zerstörte SUVs in einem Monat und die Chelsea-Traktoren würden bald von unseren Straßen verschwinden. Warum passiert so etwas also nicht?

Sogar die Klimakriminellen selbst scheinen manchmal erschrocken darüber zu sein, dass es keinen ernsthaften, gut organisierten Widerstand gegen ihr planetenzerstörendes Geschäft gibt. Das folgende Szenario, das im Jahr 2020 als Teil einer Serie über mögliche zukünftige Entwicklungen in der Klimakrise von keinem Geringeren als The Economist, traditionell ein verlässlicher Maßstab für bürgerliche Sentimentalität, veröffentlicht wurde, sieht das Auftauchen einer geheimen Gruppe radikaler Klimaaktivist_innen mit dem Namen „Earth Defence Army“ vor. Als Reaktion auf das anhaltende politische Versagen bei der Reduzierung der Kohlenstoffemissionen in den späten 2020er Jahren beginnt die EDA mit der kollektiven Sabotage des Eigentums von Ölfirmen, die sie für die Klimakrise verantwortlich machen:

Das erste Mal hörte die Welt von der selbsternannten Earth Defence Army (EDA) im Februar 2028, als die Jamnagar-Ölraffinerie in Gujarat, die größte der Welt, nach einer lähmenden Cyber-Attacke zum Stillstand kam. In einem Videomanifest übernahm die EDA die Verantwortung für den Angriff und lieferte detaillierte Beweise für ihre Beteiligung. Die maskierten Anführenden der Gruppe warnten, dass Ölunternehmen auf der ganzen Welt mit ähnlichen Angriffen konfrontiert würden — ebenso wie Banken und Investor_innen, die mit ihnen in Verbindung stehen. „Der Planet kann sich nicht wehren“, erklärte ein EDA-Mitglied, „also haben wir keine andere Wahl, als in seinem Namen zurückzuschlagen“.

Der Artikel gewährt einen seltenen Einblick in die tief sitzende Angst, die die Chefetagen des fossilen Kapitalismus umtreibt: Was wäre, wenn diejenigen, die durch die Klimakrise ihres Lebens und ihrer Existenzgrundlage beraubt wurden, sich doch dazu entschließen würden, mit radikaleren Mitteln zurückzuschlagen? In einem Moment der Beruhigung schließt der Artikel mit der Wiederherstellung der aktuellen Ordnung ab, wobei es der EDA nicht gelungen ist, die Unterstützung größerer Gruppen für Klimagerechtigkeit zu gewinnen und sich schließlich nach internen Streitigkeiten auflösen.

Ebenso wenig überraschend ist jedoch, dass das Szenario auch keine Aussicht auf Hoffnung für die Situation des Weltklimas bietet, da das Pariser Abkommen scheitert und die weltweiten Emissionen weiter steigen. Die allzu offensichtlichen Widersprüche dieses „Happy Ends“ sind der Leser_innenschaft nicht entgangen: „Stell dir vor, du lebst in einer Welt, in der die Abkopplung von der Realität eine solche Bedrohung für das kritische Denken geworden ist, dass sie sich selbst davon überzeugt haben, dass die Öl- und Gaskonzerne nicht die wahren Terroristen sind“, kommentierte ein Facebook-Nutzer.

Der vielleicht bewegendste fiktionale Bericht über radikalen Widerstand in Zeiten der Klimakrise stammt jedoch von dem Science-Fiction-Autor Kim Stanley Robinson. Robinsons neuester Roman, Ministerium der Zukunft, beginnt im Jahr 2025, als eine verheerende Hitzewelle in Indien innerhalb einer Woche bis zu 20 Millionen Menschen tötet. Nach der Katastrophe bildet eine Gruppe entschlossener Überlebender eine Zelle, die sich „Kinder von Kali“ nennt, und schwört, sich für die Gräueltaten des Klimawandels zu rächen: „Die Schuldigen müssen wissen: Selbst in ihren verschlossenen Häusern, in ihren Betten, wenn sie nachts schlafen, werden die Kinder von Kali über euch herfallen und euch töten.“ Die Kinder von Kali erreichen ziemlich schnell, was soziale Bewegungen bisher nicht geschafft haben: Sie legen den weltweiten Flugverkehr lahm, indem sie kommerzielle Flüge mit Drohnenschwärmen angreifen, sabotieren Kohlekraftwerke und löschen die weltweite Milchproduktion mit biologischen Waffen effektiv aus.

KLIMA-BLANQUISMUS

Die „Terrorist_innen“, die sich Autoren wie Lanchester und Robinson vorstellen, sind ganz normale Menschen, die von Verbitterung, Rachegefühlen und dem Wunsch nach Gerechtigkeit angetrieben werden. Doch die Effizienz, mit der sie einer Welt am Rande der Klimakatastrophe Veränderungen aufzwingen, ist beispiellos und macht einen Bogen um Jahre gescheiterter „Klimapolitik“ und zahnlosen zivilen Ungehorsams.

Gerade wenn das Ende der Welt so nah zu sein scheint, dass kaum noch Zeit bleibt, sich das Ende des Kapitalismus vorzustellen, treten Gruppen von „professionellen Klimarevolutionär_innen“ wie die EDF oder die Kinder von Kali ins Rampenlicht und behaupten, dass eine andere Welt noch möglich ist. Sie sind radikaler als diejenigen, die versuchen, Klimagerechtigkeit innerhalb des professionalisierten NGO-Sektors zu erreichen, und gleichzeitig besser organisiert und ausgestattet als der*die durchschnittliche Vollzeit-Klimaaktivist_in und verkörpern genau den Mut und die Entschlossenheit, die bisher in den Bemühungen um ernsthafte Klimaschutzmaßnahmen gefehlt haben.

Anstatt sich darauf zu verlassen, dass der kapitalistische Staat seine Abschaffung selbst in die Wege leitet oder die Unternehmen für fossile Brennstoffe dazu drängt, sich einfach „besser zu verhalten“, nehmen diese Gruppen die Klimagerechtigkeit selbst in die Hand, indem sie die Arterien des fossilen Kapitalismus direkt ins Visier nehmen und die Infrastruktur, die den Planeten tötet, still legen. Damit stellen sie nicht nur eine mächtige Kraft der vergeltenden Gerechtigkeit dar, sondern brechen auch gewaltsam das kollektive Schweigen, das die Klimakrise überhaupt erst ermöglicht hat — und geben einen kleinen Hoffnungsschimmer, dass wir es doch noch irgendwie schaffen können.

Um einen Vorschlag des Klimatheoretikers Andreas Malm aufzugreifen, könnte man diesen Ansatz als eine Art „Klima-Blanquismus“ bezeichnen, der an die Ideen des französischen Revolutionärs Auguste Blanqui aus dem 19. Jahrhundert erinnert. Im Gegensatz zur Mehrheit der aufkommenden Arbeiter_innenbewegung seiner Zeit vertrat Blanqui die Ansicht, dass der Sozialismus durch eine kleine, gut ausgebildete und gut vorbereitete Gruppe von Revolutionär_innen verwirklicht werden sollte und nicht durch eine Massenbewegung, die er für unfähig hielt, einem möglichen konterrevolutionären Ansturm standzuhalten. Sobald die Berufsrevolutionär_innen die Macht ergriffen hätten, so Blanqui, würden sie eine vorübergehende Diktatur errichten, Polizei und Militär abschaffen, stattdessen die Arbeiter_innenklasse bewaffnen und massenhafte politische Bildungskampagnen durchführen, um so Zeit für das Erwachen des proletarischen Bewusstseins zu gewinnen. „Der Kommunismus“, so Blanqui, „kann sich nicht plötzlich durchsetzen, weder am Tag nach noch am Tag vor seinem Sieg. Das wäre so, als würde man versuchen, zur Sonne zu fliegen.“

Während Blanquis revolutionäre Elite den Weg für eine sozialistische Gesellschaft ebnen sollte, indem sie die Bourgeoisie zeitweilig entwaffnete und die Voraussetzungen für den Kommunismus schuf, geht es dem Klima-Blanquismus, der mit Gruppen wie den Kindern von Kali oder der EDF in Verbindung gebracht wird, in erster Linie darum, in Zeiten der globalen Erwärmung das Schlimmste zu verhindern und im Idealfall Zeit zu gewinnen, damit breitere massenbasierte soziale Bewegungen aufholen und genug Kraft sammeln können, um eine sinnvolle sozial-ökologische Transformation voranzutreiben.

Blanquis eigene Revolutionsversuche waren nie ganz erfolgreich — er verbrachte bekanntlich die Hälfte seines Lebens im Gefängnis, weil er mehrere Verschwörungen und ein halbes Dutzend Aufstände organisierte. Das Gespenst der „Berufsrevolutionär_innen“ hat jedoch nie aufgehört, die radikale Fantasie zu verfolgen.

Der legendäre kritische Theoretiker und Essayist Walter Benjamin schrieb Blanqui später die Entschlossenheit zu, „die Menschheit im letzten Moment der Katastrophe zu entreißen“ — eine revolutionäre Ungeduld, die vielleicht die Anziehungskraft erklärt, die Blanquis Erzählungen heute auf die Bewegung für Klimagerechtigkeit ausüben. Der Zeitrahmen für wirksame Klimaschutzmaßnahmen ist extrem eng: Mehrere wichtige Schwellenwerte im globalen Klimasystem könnten bereits im nächsten Jahrzehnt erreicht werden. Bislang waren selbst Massendemonstrationen und Klimastreiks, an denen sich Millionen von Menschen auf der ganzen Welt beteiligten, nicht in der Lage, diesen Trend umzukehren, da sie der enormen Macht der Rohstoffindustrie nichts entgegenzusetzen hatten.

Die Sehnsucht nach einer Gruppe von Fachleuten, die uns irgendwie vor dem schlimmsten Schlamassel bewahrt, kann daher als Projektion einer tieferen Art von Angst gelesen werden, die den gegenwärtigen radikalen Zeitgeist plagt: die Erkenntnis, dass friedliche Massenmobilisierungen wahrscheinlich nicht in der Lage sein werden, eine Klimakatastrophe abzuwenden. Wie ein Gefährte kürzlich gestand: „Noch fünf Jahre, und ich werde wahrscheinlich entweder ganz aufhören zu kämpfen oder anfangen, Dinge in die Luft zu jagen.“

Inmitten dieses Gefühls der Machtlosigkeit haben die jüngsten Ereignisse die bestehenden Schwachstellen der derzeitigen, mit fossilen Brennstoffen betriebenen Weltordnung offengelegt, wie z. B. das Auflaufen des Frachters Ever Given im Suezkanal oder ein Cyberangriff, der die größte Pipeline der USA zum Stillstand brachte. Diese Ereignisse sind in Kreisen der Klimagerechtigkeit nicht unbemerkt geblieben: Könnte dies ein Präzedenzfall für politisches Handeln sein?

JENSEITS EINES FLIRTS?

In seinem viel diskutierten Aufsatz „How to Blow Up a Pipeline“ (Wie man eine Pipeline in die Luft jagt) erörtert Andreas Malm eine ganze Reihe von Beispielen effektiver Sabotage an der Infrastruktur für fossile Brennstoffe, darunter zwei katholische Sozialarbeiter, die kleine Löcher in die Dakota Access Pipeline bohrten, ein Aufstand im Nigerdelta von 2006 bis 2008, der ein Drittel der Ölproduktion des Landes zum Erliegen brachte, und ein Drohnenangriff auf die Abqaiq-Raffinerie in Saudi-Arabien im Jahr 2019, der dazu führte, dass das Land, das für 7 Prozent der weltweiten Lieferungen verantwortlich ist, die Hälfte seiner Kapazität tagelang vom Netz nahm.

Anstatt jedoch solche punktuellen, chirurgischen Angriffe auf die Kerninfrastruktur Aufständischen mit unterschiedlichen politischen Zielen zu überlassen, stellt sich Malm vor, dass „radikale kader-ähnliche Klima-SWAT-Teams“ in das tägliche Geschäft der Zerstörung eingreifen. Mit seinen gut geschriebenen Polemiken hat Malm — selbst ein Veteran der Klimagerechtigkeitsbewegung — bereits eine neue Generation von Aktivist_innen dazu inspiriert, die Grenzen des zivilen Ungehorsams zu erweitern. In Deutschland hat sich kürzlich ein Twitter-Account namens „Fridays for Sabotage“ zu einem Anschlag auf die Gasinfrastruktur bekannt, der ausdrücklich darauf abzielt, den strategischen Horizont der Bewegung zu erweitern:

Wir hoffen, dass sich Sabotage als legitimes Protestmittel in der Bewegung für Klimagerechtigkeit etabliert und dass der Diskurs um Aktionsformen davon beeinflusst wird. Es gibt viele Orte der Zerstörung, aber ebenso viele Orte des möglichen Widerstands.

2016 stoppten die Valve Turners, eine Gruppe von Klimaaktivist_innen, vorübergehend fast 70 Prozent des Rohölflusses von Kanada in die Vereinigten Staaten, indem sie gleichzeitig die Absperrventile von fünf Pipelines schlossen. Solche individuellen Sabotageaktionen sind jedoch noch nicht in größere organisierte Strukturen des Widerstands eingebettet — sie bleiben einzelne, symbolische „Weckrufe“, die sich sowohl an andere Aktivist_innen als auch an die fossile Brennstoffindustrie selbst richten.

Abgesehen von gelegentlichen rhetorischen und tatsächlichen Übertretungen haben es sowohl Klimaaktivist_innen als auch Autor_innen wie Robinson, Lanchester oder Malm bisher vermieden, die Zone des vorsichtigen Flirts mit einem organisierteren Klima-Blanquismus zu verlassen: Weder haben sie sich an der Gründung eines revolutionären Kollektivs, über das sie geschrieben haben, beteiligt, noch haben sie direkt dazu aufgerufen (um fair zu sein, wenn sie es täten, würden sie es uns wahrscheinlich nicht sagen).

Bislang sind die professionellen Klimarevolutionär_innen also noch nicht aus dem literarischen Bereich herausgetreten und in der realen Welt in Erscheinung getreten. Es ist verständlich, dass diese Autoren ein gewisses Unbehagen gegenüber der Möglichkeit politischer Gewalt im Namen der Klimagerechtigkeit haben. Die Klimabewegung, die sich auf den Schutz des Lebens und der Lebensgrundlagen stützt, hat viel Unterstützung in der Bevölkerung zu verlieren, wenn sie mit ihrem disziplinierten Engagement für friedlichen zivilen Ungehorsam bricht. Wie Kim Stanley Robinson, der die Gewalt der Kinder von Kali eigentlich nie in allen Einzelheiten beschreibt, es ausdrückt: „Wenn wohlhabende Menschen wie ich für Gewalt im Widerstand gegen Ungerechtigkeit plädieren würden und Menschen, die unter dem derzeitigen System leiden, solche gewalttätigen Aktionen unternehmen würden, wären sie diejenigen, die ins Gefängnis kommen oder getötet werden. Deshalb befürworte ich keine politische Gewalt, weder in meiner Person noch in meiner Arbeit.“

Jeder Versuch, einen wirksamen radikalen Widerstand gegen die fossile kapitalistische Ordnung zu organisieren, würde in der Tat wahrscheinlich mit der geballten Faust der staatlichen Repression beantwortet werden. In den Vereinigten Staaten, dem Kernland der Klimakriminalität, haben viele Bundesstaaten bereits Gesetze gegen Klimaaktivist_innen erlassen. Ähnliche Entwicklungen sind in Brasilien, Polen und auf den Philippinen zu beobachten. Solange die herrschende Klasse eine breite ideologische Hegemonie genießt, könnten Angriffe auf die Infrastruktur für fossile Brennstoffe die Bewegung besonders spalten, vor allem wenn man bedenkt, welche Folgen groß angelegte Sabotageakte für diejenigen haben können, deren Lebensunterhalt — und nicht nur ihr Lebensstil — direkt von der jeweiligen Infrastruktur abhängt. Schließlich werden die unmittelbaren Folgen von Stromausfällen oder Versorgungsengpässen oft von den wirtschaftlich Schwächsten getragen, während sich die Wohlhabenden und Mächtigen einfach in ihren Weinkellern oder mit Generatoren betriebenen Hochhäusern verstecken können.

Das Schicksal von Organisationen wie Earth First!, der Earth Liberation Front (ELF) oder der Animal Liberation Front (ALF) — militante avantgardistische Gruppen, die zwischen den späten 1970er und den frühen 2000er Jahren an der Westküste der USA und in einigen anderen Ländern des globalen Nordens florierten — dient als warnendes Beispiel. Obwohl sie über Jahre hinweg eine beeindruckende (und friedliche) „Ökotage“ [Sabotage aus ökologischen Gründen] durchführen konnten, die sich u. a. gegen die Ölinfrastruktur und Autohäuser richtete, lösten sich die meisten aktiven Gruppen schließlich angesichts der immer stärkeren staatlichen Repression auf. Viele Faktoren mögen zu ihrem Niedergang beigetragen haben, darunter die fehlende Verbindung zu einer breiteren Massenbewegung und deren Unterstützung (obwohl die Ökotage-Aktivist_innen in der Lage waren, bemerkenswert engmaschige Netzwerke der Fürsorge und Unterstützung aufzubauen) sowie das Versäumnis, die Zusammensetzung der Bewegung selbst in Bezug auf Klasse und Race zu erweitern — mit den daraus resultierenden ideologischen Schwachpunkten.

Es besteht jedoch kaum ein Zweifel daran, dass es die Härte war, mit der der Staatsapparat selbst gegen gemäßigte Tierrechtsgruppen vorging, die die Bewegung letztlich besiegte. Im Jahr 2004, inmitten eines Anstiegs rechtsextremer Terroranschläge, erklärte ein FBI-Beamter den „Öko-Terrorismus“ zur „höchsten Ermittlungspriorität im Inlandsterrorismus“. Die Regierung verabschiedete neue Gesetze wie den Animal Enterprise Terrorism Act, um Umweltproteste weiter zu kriminalisieren, mobilisierte Sicherheitsbehörden wie die NSA, um Aktivist_innen zu überwachen, und entfachte eine Medienkampagne, die mit der Roten Angst des vorigen Jahrhunderts verglichen werden kann und darauf abzielt, der Bewegung jegliche öffentliche Legitimität zu entziehen. Diese unerbittliche Verfolgung zeigt, wie weit die fossil-kapitalistischen Staaten bereit sind zu gehen, um ein System zu schützen, das auf der fortgesetzten Ausbeutung und Kommerzialisierung der menschlichen und nichtmenschlichen Natur beruht.

Diese strukturellen Zwänge werfen auch die Frage nach dem revolutionären Subjekt auf: Wer hätte sowohl die Fähigkeit als auch den Willen, den fossil-kapitalistischen Staat und seine Unterdrückungsorgane wirksam zu überlisten? Wer würde potenzielle „Klimagerechtigkeits-SWAT-Teams“ besetzen? Wären es relativ privilegierte College-Student_innen, die durch die Untätigkeit der derzeitigen Bewegung entfremdet sind, oder, wie Robinson vorschlägt, die Überlebenden einer Klimakatastrophe? Wie so oft bei Kämpfen gegen Ausbeutung und Ungerechtigkeit sind die Mittel, die für die Organisation einer langfristigen, groß angelegten Kampagne gegen das fossile Kapital benötigt werden, und das materielle Interesse daran ungleich über die verschiedenen Bereiche der Gesellschaft verteilt.

Im Moment arbeiten die meisten Klimagerechtigkeitsgruppen mit einem eher bewegungsorientierten Ansatz und konzentrieren sich auf den Aufbau funktionierender globaler Strukturen der Fürsorge, Solidarität und kollektiven Handelns, anstatt entscheidende Streiks gegen die verbleibenden Profiteure der Klimakrise vorzubereiten. Diese Strategie hat durchaus ihre Berechtigung. Die wichtigsten Bewegungen gegen das fossile Kapital haben in den letzten Jahren außerhalb der kolonialen Metropolen stattgefunden, und zwar in Form von materiellen Kämpfen um Land und Wasser, um Überleben und Würde: Via Campesina, die brasilianische Landlosenbewegung (MST), die indische Bauernbewegung, Aufständische in Mosambik und Nigeria, Indigene Bewegungen in Bolivien, Ecuador und Brasilien sowie sozialistische, feministische, antirassistische und Indigene Kämpfe rund um den Globus.

Jenseits des Radars der strategischen Debatten im Globalen Norden haben diese Bewegungen bereits eine Militanz an den Tag gelegt, die in anderen Ecken der Bewegung für Klimagerechtigkeit ihresgleichen sucht, darunter verschiedene Sabotageakte, Blockaden, Riots und groß angelegte Mobilisierungen. Im Gegensatz zu den Klima-Blanquist_innen, die die Weltbühne aus dem Schatten der Geheimhaltung betreten, hat sich ihre Militanz jedoch organisch entwickelt und ist in bestehende Strukturen des Widerstands und der Solidarität eingebettet.

Die globale Bewegung für Klimagerechtigkeit könnte eine Schlüsselrolle dabei spielen, solche Kämpfe auf der Weltbühne zu vereinen und zu verstärken. Ein Beispiel dafür, wie dies funktionieren könnte, sind die von Indigenen Völkern geführten Kämpfe gegen Pipelines, z. B. auf dem Territorium der Indigenen Wet’suwet’en-Nationen oder entlang der geplanten Line 3, die andere Aktivist_innen dazu veranlasst haben, in Solidarität direkte Aktionen durchzuführen, wie z. B. die Sabotage von Bahnlinien. Getragen von einer entschlossenen und kämpferischen Allianz aus Arbeiter_innen, Bäuer_innen und Studierenden im globalen Norden und Süden könnten groß angelegte Klimastreiks und andere Formen kollektiver Aktionen einen großen Beitrag dazu leisten, die Exzesse des fossilen Kapitals im kommenden Jahrzehnt herauszufordern und als Ausgangspunkt für die Schaffung von Strukturen des Überlebens und der gegenseitigen Hilfe zu dienen, die so dringend notwendig sind.

Aller Voraussicht nach wird jedoch selbst eine schnell wachsende und sich radikalisierende Bewegung für Klimagerechtigkeit eine gefährliche Eskalation der Klimakrise, die die Mehrheit der Welt bereits ernsthaft betrifft, kaum verhindern. Das bedeutet, dass das Narrativ der Klimablanquist_innen — die Hoffnung auf jemanden da draußen, der uns endlich aus dem Schlamassel rettet — in absehbarer Zeit wohl kaum seine seltsame Anziehungskraft verlieren wird. Schließlich sind wir vielleicht die erste Generation, die erlebt, wie unser globales Klimasystem außer Kontrolle gerät. Aber wir sind vielleicht auch die letzte Generation, die die Chance hat, die Verantwortlichen für ihre Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen.

Die Zeit wird zeigen, ob sich Gruppen wie die Earth Defence Army eines Tages von der vorsichtigen Fantasie einiger Autoren lösen und in der realen Welt existieren werden. Wenn das der Fall sein sollte, wird es ihnen sicher nicht an Angriffszielen mangeln.