Entnomen aus gleichnamiger Broschüre, welche im Juli 2018 erschienen ist. Die Proteste gegen den Google-Campus in Berlin waren letztlich auch erfolgreich und Google hat seine Pläne für den Bau des Campus aufgegeben.
Das Leben wird smart und clean. Alles Wissen und jede Kommunikation steht mir zu jeder Zeit zur Verfügung. Alles wird praktisch und effizient, einfach spielerisch und immer positiv, alles wird google. Alle können mitmachen, es kostet nix und alles ist freiwillig. Ich kann jederzeit selbst entscheiden und die ganze Welt steht mir offen – ich habe doch nichts zu verbergen.
So scheint es. Das ist das Produkt, die Maschine.
Doch wer über das Smartphone hinweg schaut, sich dem WARUM und dem WIE stellt, dem werden sich unangenehme Fragen und Antworten aufwerfen, die zu Konsequenzen drängen. Google ist nur eine Firma von vielen, nur ein Teil der neuen Herrschaftsstrukturen, aber ein entscheidender. Die Technologien sind machtvolle Mittel und Werkzeuge, die zur Restrukturierung von Kapitalismus und Herrschaft eingesetzt werden. Aus Anlass des Kampfes gegen den Google-Campus in Berlin-Kreuzberg soll dieser Megakonzern hier beispielhaft betrachtet werden. Doch keine Analyse bringt etwas, wenn es keine Folgen für das eigene Handeln gibt…
Was macht Google eigentlich?
Das Firmengeflecht des zweitgrößten Unternehmens der Welt ist riesig und schwer zu durchschauen, denn ständig werden weitere neue Firmen gegründet oder Start-Ups aufgekauft. Es ähnelt eher einem verästeltem Netz, aber mit klarer hierarchischer Führung. Es steht also nicht überall Google drauf, wo Google drin ist.
Eigentlich heißt der Mutterkonzern Alphabet. Google ist nun neben vielen anderen eine Tochterfirma von Alphabet (Wenn hier aber von Google gesprochen wird, ist auch Alphabet gemeint). Larry Page und Sergey Brin sind die Gründer und absoluten Herrscher dieses Imperiums. Nebenbei: Von Larry Page‘s Kindern gibt es keine Fotos im Netz, sein Haus ist nach außen hermetisch abgeriegelt.
2017 machte der zweit-wertvollste Konzern der Welt etwa 110 Milliarden Dollar Umsatz, über 12 Milliarden Dollar Gewinn und über 10 Milliarden Dollar wurden 2014 in Entwicklung und Forschung investiert. Etwa 95% der Erlöse kamen 2014 aus dem Werbegeschäft.
So verzweigt das Firmengeflecht ist, so vielfältig sind die Bereiche, in denen produziert und entwickelt wird. Ich kann hier nur Beispiele nennen, um das Ausmaß aufzuzeigen und so ein kleines Bild des Megakonzerns zu zeichnen. Die verschiedenen Bereiche greifen auch oftmals ineinander, ergänzen sich oder sind vermutlich auch Teil einer gesamten Strategie. Insgesamt kann gesagt werden, dass es sich um riesige Firmen, wie Google Search, aber auch um kleinere Start-Ups handelt. Ihnen gemein ist die Idee der „Moonshots“, der alles bahnbrechenden Erfindung, wofür totale Effizienz, absolute Kreativität, Skrupellosigkeit und Schnelligkeit vonnöten sind. Immer mindestens zehnmal höher, immer schneller, immer besser als davor, koste es, was es wolle.
/// Internet & Software
Google betreibt unzählige Webseiten. Dabei sind sie weltgrößter Anbieter bei Suchmaschinen (Google Search), Videoplattformen (YouTube), Email-Anbietern (Gmail), Standortbestimmungen (Google Maps), Bewegungsverfolgungen im Netz (Google Analytics)… Dieses Ausmaß ist enorm, die Datenflut auf den Google-Servern gigantisch. Google sieht, wer, wann, was googelt und anschaut, Google scannt alle Inhalte aller Mails bei Gmail, sie verfolgen deine Bewegungen und Aufenthalte durch deine Suche bei Maps. Aber auch Bewegungen im Internet werden mit Analytics verfolgt und aufgezeichnet. All diese persönlichen Informationen können kombiniert werden. Sie stellen die Grundlage der Haupteinnahmequelle dar: (immer mehr personalisierte) Werbung, die Bedürfnisse wecken und lenken soll.
Google vertreibt auch Betriebssysteme und Programme. Dazu gehört beispielsweise Android, das meistgenutzte Betriebssystem für Smartphones. Android wird weiter ausgebaut als Betriebssystem für autonom fahrende Autos, smarte Geräte und so weiter… Es ist „kostenlos“, alle können daran weiterentwickeln. Denn Google weiß ganz genau: Am wertvollsten ist die Marktdominanz und damit das Monopol auf die Datenausbeute – das neue Geld. Wir bezahlen mit dem was wir machen, wer wir sind, statt mit Geld. Auch der weltweit meist genutzte Browser Chrome ist von Google entwickelt und sendet eifrig Informationen an den Monopolisten. Die teilweise von Google empfohlenen Artikel der Startseite des Standard-Browsers auf den meisten Smartphones haben mittlerweile fast so viele Klicks wie Twitter. Weiterhin betreibt Google die Online-Fotoverwaltung Google Foto (mit automatischer Gesichtserkennung per künstlicher Intelligenz), Google Earth und diverse weitere Apps. Auch hier wird wieder klar, wie sich Google in den Alltag von wahrscheinlich den meisten Menschen einnistet.
/// Marketing
Dies ist der Bereich, der den Großteil der momentanen Einnahmen bringt. Zahlreiche Marketing- und Werbefirmen verwenden die persönlichen Daten für gezielte und damit „wertvolle“ Werbung.
Große und kleine Summen werden an verschiedenste Projekte gespendet, auch wenn sie auf den ersten Blick nichts mit Google zu tun haben. Außer der klassischen Lobbyarbeit bei Politik und Institutionen gehören dazu Geldspenden an diverse Start-Ups (Bedingungen sind kaum herauszufinden), sowie Projekte die den „technologischen Fortschritt“ voranbringen, wie die transhumanistische Singularity University oder das Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft in Berlin. Außerdem zum Beispiel auch an Zeitungen, wie die TAZ – die Tageszeitung zur Modernisierung ihrer Internetpräsenz. Auch wenn angeblich nicht immer unbedingt eine direkte Gegenleistung erwartet wird – wer Lobbygelder kassiert, begibt sich immer in eine wohlwollende Abhängigkeit.
/// Infrastruktur
Auch in Infrastruktur wird investiert. So baut und vermarktet Googles Firma Fiber (bisher nur in den USA) Glasfasernetze und Anschlüsse. Die Firma Loon entwickelt Internet-Ballons, die irgendwann einmal über weite Teile der Erde schweben (Afrika wird als erster Markt genannt) und alle mit Internet versorgen sollen – gefiltert durch Google natürlich. Das Unternehmen Lunar forscht an der menschlichen Besiedelung des Mondes.
/// Smart Live
Googles Firma Nest baut smarte Heizungsregler und Brandmelder, die beispielsweise registrieren, wenn sich jemand im Raum aufhält, natürlich verbunden mit den Google-Servern. Zahlreiche Start-Ups vertreiben beispielsweise Überwachungskameras, die ebenfalls in die Google-Cloud senden. Besonders zu erwähnen ist noch Sidewalk Labs, ein Unternehmen für allumfassende smarte Stadtentwicklung. In Toronto plant Sidewalk Labs die Umgestaltung eines 325 Hektar großen Viertels in eine Smart City. Sidewalk Labs hat dafür von der Regierung technologische aber auch stadtplanerische Aufgaben übertragen bekommen. Ehemals staatliche Aufgaben werden von Google übernommen, eine möglichst weitgehende Automatisierung soll das Leben „erleichtern“. Alles wird zum digitalen Informationsnetz. Smarte immer überwachbare, nachvollziehbare und somit meist kontrollierbare Gegenstände und Abläufe sollen in diesem Pilotprojekt ein Vorbild für Städte auf der ganzen Welt werden. Wo und wie die riesigen Datenmengen gespeichert werden und was damit passieren soll, ist unklar. Das dadurch aber neue ungeahnte Machtkonzentrationen bei Firmen entstehen, sollte klar sein.
Auch Google Fit soll smart den Alltag erleichtern. Fitnessarmband und ständiges Senden an die Google-Server soll die Selbstoptimierung steigern und persönlichste Daten zur Vermarktung bereitstellen.
/// Hardware
Auch für die physische Verwertbarkeit ist gesorgt. Um die Datenquellen weiter zu verbreiten und die direkte Kontrolle zu behalten, entwickelt Google auch Hardware. So zum Beispiel das Google Phone mit Android-Betriebssystem und künstlicher Intelligenz. Oder Google Assistant, ein kleiner Lautsprecher der die Kommunikation der Zukunft verkörpern soll: Kommunikation per Sprachsteuerung. Serien starten auf dem Fernseher, die Jalousien runterlassen, telefonieren, Musik hören, Mails schreiben, googeln… alles per Sprache mit diesem kleinen Gerät. Aber auch hier werden alle Daten bei Google zusammengeführt, gespeichert und bestimmt auch ausgewertet. Die freiwillige Wanze, der Big Brother im Schlafzimmer und alle freuen sich, weil es doch so praktisch ist. Selbst über die Wiedereinführung der Google Glass dieses Jahr wird spekuliert. Dies ist eine Brille, die die Gegend in Echtzeit abscannt und abhört, die Benutzer*in bekommt Informationen von Google auf die Gläser eingeblendet. So entsteht ein Googlefilter, der sich vor die Welt legt und eine ernsthafte Schnittstelle Mensch-Maschine kreiert. Außerdem weiß niemand in der Umgebung, ob gerade alles aufgenommen, hochgeladen und gespeichert wird, automatische Gesichtserkennung ist bei Google mittlerweile Standard. Die totale Überwachung, ganz praktisch und freiwillig. Die erste Version nahm Google vor ein paar Jahren vom Markt, weil die Kund*innen dafür noch nicht bereit wären. Es Kneipen gab, die den „Glassholes“ den Eintritt verwehrten und auch manchen die Brille von der Nase geschlagen wurde. Die neue Generation wird nun gemeinsam mit einem Brillenhersteller entwickelt. Ein interessanter Angriffspunkt, der alle etwas angeht. Für die Zukunft arbeitet Google jedoch an der Entwicklung von smarten Kontaktlinsen, was wahrscheinlich kaum noch jemand von außen erkennen würde.
Auch an der Entwicklung des Quantencomputers ist Google beteiligt. Angeblich hat er auch schon für den Bruchteil einer Sekunde funktioniert. Sollten sie es schaffen diese Art der Superrechner zum Laufen zu bringen, könnte dies ein Quantensprung in der Informatik und damit auch der Biotechnologie, der Robotik etc. bedeuten. Vor allem künstliche Intelligenzen würden damit einen riesigen Sprung nach vorne machen, behaupten die Technolog*innen. Auch wird vermutet, dass ein Quantencomputer heute verschlüsselte und meist abgefangene E-Mails schnell entschlüsseln kann.
/// Robotik
Google besitzt mehrere Robotik-Firmen, die in verschiedenste Bereiche hineinreichen. So werden beispielsweise Nanobots entwickelt, die in Zukunft in die Blutbahn gespritzt und dort Krankheiten heilen sollen. Aber auch an möglichst menschenähnlichen Robotern wird geforscht, genauso wie Maschinen, die sich möglichst gut in jedem Gelände bewegen können. Hier zeigt sich auch offen die Kooperation in Beratung und Entwicklung mit dem Militär, das in Zukunft vermehrt auf Roboter setzen will, auf dem Feld, aber auch im Nanobereich.
/// Biotechnologie
Dies ist ein Bereich, den Google exzessiv ausbaut, der Markt der Gesundheit ist riesig. Nahezu alle großen neuen Player wie Amazon, Facebook oder eben Google investieren enorme Summen in diese Sparte. Die Medizin soll individualisiert werden und neue Methoden sollen durch das Zusammenspiel von Biologie, Genetik, Robotik und Informatik entstehen.
Dafür wird Grundlagenforschung betrieben zur Entwicklung neuer Pharma-Produkte, für personalisierte Genommedizin und auch zur allgemeinen Verlängerung des Lebens. Was erst einmal nicht schlecht klingt, wird jedoch tiefgreifende Folgen haben. Eingriffe in die Genetik können unumkehrbar in die Natur eingreifen – was passiert weiß niemand so richtig. Das Start-Up 23andme beispielsweise, das von Google finanziert und dann aufgekauft wurde, arbeitet am Kind auf Bestellung. Sie haben eine Technik patentiert, um bei einem im Labor gezeugten Baby beispielsweise Augenfarbe, Krankheitsrisiken, Körpergröße oder Muskelstärke zu selektieren. Auch heute schon ist die Lebenswertung sehr unterschiedlich, je nachdem, wo du aufwächst, wie hoch der „technische Lebensstandard“ ist. Das sagt zwar nichts darüber aus, ob die Menschen glücklich sind, zeigt aber, dass genetisch selektierte oder beeinflusste Menschen zumindest vorerst Privileg der Reichen und Gesunden werden können. Die Ausbeutungsverhältnisse würden noch extremer, die Kluft und Unterschiede bei der körperlichen Gesundheit noch sichtbarer und hierarchisierender.
Schließlich träumt Sergery Brin, Chef von Google: «Wir wollen, dass Google zur dritten Hälfte unseres Gehirns wird.» Und die Welt werde Google, alles gefiltert durch und gekoppelt an einen Konzern. Bisher reine Zukunfts- und Allmachtsphantasie eines Multimilliardärs. An dem Weg dorthin arbeitet Google aber schon heute. Schnittstellen zwischen Mensch und Maschine sollen die dauerhafte Interaktion mit der virtuellen Welt erleichtern. Dafür entwickelt Google Biostamps, Sensortabletten und Implantate. Schon vor ein paar Jahren konnte ein Querschnittsgelähmter mit einem Kabel vom Gehirn zu einem Rechner einen Kreis auf einem Monitor zeichnen, das Steuern einer Drohne funktioniert schon mit einem Helm. Diese dauerhaften Verbindungen mit Technologien machen diese unentbehrlich, sie treiben die Abhängigkeit von Smartphone und virtuellen sozialen Netzwerken ins Extreme. Sie arbeiten an der Verschmelzung, die keine Trennung und Autonomie mehr zulässt. Transhumanist*innen, die auch von Google teilweise mitfinanziert werden, träumen gar von neuen Spezies, die den ineffizienten Menschen irgendwann ablösen sollen.
/// Künstliche Intelligenz
Schließlich forscht Google umfassend an künstlichen Intelligenzen (KI). Google ist ein Schwergewicht in diesem Marktsegment. Dazu gehören automatische Gesichtserkennung (find my face), autonomes Fahren, Deepmind, eine Software die arbeitet wie neuronale Netze oder auch die Autocomplete-Funktion bei Google-Search. Hier gab es in den letzten Jahren enorme Fortschritte. Nach dem Sieg einer KI über den GO-Weltmeister (ein Strategiespiel), oder der Komposition von Musikstücken, greifen mittlerweile sehr viele Anwendungen auf KIs zurück. Das kleine Abhörgerät Google Assistant beispielsweise reagiert auf Sprachbefehle und imitiert ein persönliches Helferlein oder eher persönliche(n) Assistent*in. Alle Anfragen gehen an die Google-Server, bei denen eine KI nach passenden Antworten sucht. So soll die KI einen mit der Zeit immer besser „kennenlernen“ und so die Interaktion perfektionieren. Das perfekte Mittel, das Selbstdenken der Menschen abzuschalten, erlahmen zu lassen. Der KI als Herz der Automatisierung wird eine große Zukunft vorausgesagt. Egal ob intelligente Straßenlaternen, selbstfahrende Autos, digitale Partner*innensuche oder Erstellung von Inhalten – dort überall steckt eine KI dahinter. Wikipedia- und Zeitungsartikel werden von ihnen geschrieben, Kamerabilder ausgewertet und Vorstellungsgespräche durchgeführt.
Wie die KIs jeweils funktionieren, was ihre Entscheidungsgrundlagen sind, das wissen nur die dahinterstehenden Firmen, die die zugrundeliegenden Algorithmen kennen. Was Gegenstand zahlreicher Verfilmungen war, ist nun gar nicht mehr weit hergeholt: eine KI verselbstständigt sich und richtet sich gegen den Menschen.
Google veröffentlichte unlängst ein kleines Experiment, das auf erschreckende Weise zeigt, zu was KIs in der Lage sind. Im Versuchsfeld standen drei KIs. Zwei sollten verschlüsselt kommunizieren und die Methoden dazu selbst entwickeln. Die dritte KI bekam alle Nachrichten und sollte sie entschlüsseln. Die Verschlüsselungsmethoden wurden schnell besser, sie lernten schnell. Nach zwei Tagen kommunizierten die zwei KIs in einer verschlüsselten Sprache, die auch kein Mensch mehr verstehen konnte. Die menschlichen Sprachen sind aus Maschinensicht ineffizient, sie entwickelten also eigene. Inhalte blieben von da an für Außenstehende verborgen. Dieser Test zeigt die Gefährlichkeit. Wenn man sich vorstellt, solche KIs hätten Zugriff auf z.B. Infrastruktur und würden sich verselbstständigen? Und sie waren auch noch Stolz darauf, dass die KI sie überlistet hatte…
Ziele von Google
Nach eigenen Angaben will Google eine bessere Welt erschaffen. Gemäß dem früheren Firmenmotto „Don‘t be evil – Tue nichts böses“, verspricht der Konzern alles Gute zu tun, was dem Menschen hilft. Mit der Technik Googles sollen Menschen bald 130 Jahre alt werden, Kinder vor der Geburt selektiert werden, Roboter möglichst viele Aufgaben abnehmen und künstliche Intelligenzen unsere Wünsche errechnen, bevor wir sie selbst kennen. Doch was ist gut, was ist eine bessere Welt? Google-Gründer Larry Page war auf einer Montessori-Schule, findet den selbstständigen Entdeckergeist angeblich super und sein Büro ist nicht größer oder teurer ausgestattet als alle anderen. Die Villen stehen außerhalb der Firma. Er spricht von flachen Hierarchien im Betrieb, doch über den Kreativen und Programmierenden thronen die Gründer und der Vorstand. Sie bestimmen letzten endes immer, auch, dass in den unteren Etagen flache Hierarchien sein sollen – zur Kreativitätsförderung. So sind auch die Produkte. Ob personalisierte Suchmaschine und Werbung oder eine Künstliche Intelligenz in deinem Wohnzimmer: Sie sollen auf deine individuellen Bedürfnisse eingehen, sind aber durch Google kontrolliert und gesteuert. Die Algorithmen sind geheim, die Datenabschöpfung zentral bei Google. Diese paar Typen denken wirklich, sie wüssten was für uns alle gut ist. Und für ihren Geldbeutel. Wobei man ihnen wirklich abnehmen kann, dass sie vieles deshalb tun, um die Menschheit zu verbessern. In ihrem Sinne. Weltenlenker wollen sie sein und sie sind unglaublich mächtig und einflussreich. Wer diesen Menschen, ihrer Technologiegläubgkeit und ihren Produkten traut, fällt auf ein Spektakel herein, das bisher kein Diktator vorher besser gemacht hat.
Dafür arbeitet Google interdisziplinär. Um die technologische Wüste auszudehnen, werden vor allem Robotik, Biotechnologie und Informatik zusammengeführt. In all diesen Bereichen forscht Google und besitzt unzählige Start-Ups und Unterfirmen. Die Trennungen der Teilbereiche hebt sich immer mehr auf, sie fließen ineinander.
Nach eigener Auskunft unter anderem mit dem Ziel, alles Wissen der Welt bei Google zusammenzuführen. Doch für was? Wissen ist Macht… Aber Google ist ja so selbstaufopfernd und möchte dieses Wissen allen Menschen „kostenlos“ zur Verfügung stellen. Was dieses kostenlos bedeutet, wissen wir: Bezahlung per Daten und Informationen der User*innen. Aber es stellt sich auch die Frage nach dem Warum. Wenn ich durch eine Straße gehe, filtere ich Automatisch die Informationen, denn ich sehe ja gerade nicht die ganze Welt. Der Mensch ist nunmal beschränkt in seiner Aufnahmefähigkeit. Da zu viele Informationen eine Überforderung darstellen, sortiert sie Google freundlicherweise für uns. Beste Ergebnisse! Die Welt gefiltert durch Google, denn sie alleine bestimmen per unbekannter Muster, was für mich wichtig ist und welche Informationen am Ende bei mir ankommen.
Trotzdem stecken hinter all den tollen Beteuerungen natürlich auch finanzielle Interessen. Ohne die Milliarden wären die größenwahnsinnigen Träume der Google-Chefs kaum umsetzbar. Und auch die eigenen Villen werden ja benötigt. Wir leben in der Welt der Ausbeutung, im Kapitalismus, also braucht ein Megakonzern immer neue Gewinne, Wertsteigerungen, Zukäufe und neue Absatzmärkte.
Die Folgen
Technologie greift immer weiter in alle Lebensbereiche ein. Sie dehnt sich ins Weltall aus und in die kleinsten Atome. Sie ist nicht mehr nur Werkzeug, sondern das Strukturierende, die beste Freundin, die Hoffnung, das Ziel. Das Netz lässt kein Außerhalb mehr zu, ein smartes Gefängnis – allgegenwärtig.Wie wir arbeiten, Beziehungen führen, Kommunizieren und Denken, verändert sich in rasendem Tempo. Selbst „Mensch sein“ wird neu definiert. Dass exzessive Nutzung von Computer und Smartphone unsere Verhaltensweisen ändern und dabei neue Gehirnverknüpfungen entstehen, wobei andere verkümmern, ist nichts neues. Lineares Denken wird ersetzt durch sprunghaftes Hin und Her, viel mehr von allem, so dass nichts mehr übrig bleibt, nichts hängen bleibt. Konzentration beschränkt sich auf Sekunden, schnell und temporär vergesslich. Die Demenz breitet sich aus und soll kompensiert werden durch Maschinen, die auch bald unsere Geschichte neu schreiben werden. „Gamification“, spielerisch süchtig machend durch unregelmäßige Belohnungen wie einer guten Nachricht, „Nudging“, das immer wieder anstupsen, damit ja keine Ruhe einkehrt, sind alltägliche Mittel der Konzerne wie Google.
Alles wird leicht, kurz, smart, damit man sich selbst nicht mehr anstrengen muss. Das ist der Trick. Wir müssen unsere Bequemlichkeit aufgeben, um nicht hineinzufallen ins Loch der Fremdbestimmung. Die Fremdbestimmung der Vertretung durch die Politik im extrem. Denn was Maschinen mir alles abnehmen, verlerne ich oder lerne es nie. Wer anstrengende Herausforderungen gemeistert hat, weiß, wie viel man daraus lernen kann und wie gut es tut, sie geschafft zu haben. Google will sie uns nehmen, durch die Routenbeschreibung, die schnelle Suche, den Pflegeroboter oder die totale Medizin. Das Prinzip der Selbstbestimmung bedeutet von nun an, sich nicht nur von der Politik zu befreien, sie bedeutet die Fäden des Netzes durchzuschneiden und sich auf die nächste Herausforderung zu freuen.
Durch die Durchdringung ALLER Bereiche des Lebens, bekommen Firmen wie Google eine ungeheure Macht. Ich möchte sogar behaupten, dass sie in Zukunft die der Staaten und Kaiser übertreffen wird. Die Einflussmöglichkeiten sind enorm, da extreme Abhängigkeiten erschaffen werden, ohne die viele Menschen glauben nicht mehr Leben zu können. Es geht nicht darum, ob es nun Google ist oder eine andere Firma. Es geht um die Strukturen der Fremdbestimmung, die sich einzecken in Beziehungen, den Blutkreislauf und meine Wünsche. Dabei arbeitet Google auch mit Repressionsbehörden und dem Militär zusammen, was nicht verwundert, da diese dafür sorgen, die bestehenden Verhältnisse aufrechtzuerhalten.
Für den nächsten Moonshot – die alles bahnbrechende Erfindung – wird alles in Kauf genommen. Im Namen des Fortschritts, der neuen Weltreligion, wird an gefährlichen Dingen geforscht, ohne Rücksicht auf Verluste oder unangenehme Konsequenzen. Unser neuer Gott, die Wissenschaft, tut alles für den Menschen, um weiter zu kommen. Höher schneller weiter. Nanopartikel werden in die Welt gelassen, Genomveränderungen vorgenommen und vieles mehr. Diese Eingriffe sind unumkehrbar, niemand hat auch nur eine Ahnung von den eventuellen Folgen. Wir sind die Ratten im Großraumlabor Erde. Auch Künstliche Intelligenzen könnten, einmal „freigesetzt“, Eigendynamiken entwickeln, denen der ineffiziente Mensch im Wege steht. Stück für Stück werden genveränderte Pflanzen, KIs und so weiter einfach eingeführt, bis wir vor vollendeten Tatsachen stehen.
Der allumfassende Angriff
„Ich habe nichts zu verbergen“ nehme ich niemandem ab. Wir alle haben Geheimnisse, nur merken wir im Netz nicht sofort, wie schnell wir einfach ausgezogen werden. Wer will, kann sich einfach Googles Umsatz anschauen, der durch die Aufzeichnungen der Bewegungen im Netz anfällt und personalisierte Werbung ermöglichen – es sind Milliarden. Was wer, wann mit dem Datenreichtum tun wird, wissen wir nicht, denn wir haben sie aus der Hand gegeben. Sie sind für immer da und niemand kann sagen, was ein verrückter Larry Page, eine Künstliche Intelligenz oder ein zukünftige(r) Diktator*in damit machen werden.
In den nächsten Jahren wird es einen enormen Schub in der Automatisierung geben. Roboter, automatische Steuerungen, smarte Kühlschränke… In der Folge werden sehr wahrscheinlich viele Arbeitsplätze wegfallen und Berufe aussterben. Manche gehen davon aus, dass in 20 Jahren 20% der heute Arbeitenden erwerbslos sein werden. Eine Menge „Überflüssiger“, die im kapitalistischen Sinne eigentlich nicht mehr gebraucht werden. Oder wenn, dann zum Konsumieren. Deshalb, und wohl auch aus Gründen der Befriedung, gibt es vermehrt von Firmen und Politiker*innen den Vorschlag des Grundeinkommens. Ein Grundeinkommen könnte dieses Heer der Überflüssigen ruhigstellen und den Konsum gewährleisten. Gleichzeitig werden viele Berufe verschwinden. Das ist bei weitem nichts neues, schon immer sind neue Berufe entstanden und alte ausgestorben.
Doch was sich bereits seit der Industrialisierung gezeigt hat, steigert sich bei Informatik und Robotik noch: Für immer mehr komplexe Technologien werden immer mehr Spezialist*innen gebraucht. Einfache Arbeiten sollen die Maschinen übernehmen, alles andere von den Wenigen, die diese auch einigermaßen verstehen. Wieder eine enorme Abhängigkeit, da Produktionszusammenhänge immer entfremdeter werden. Wer versteht noch wie komplexe Technologien eigentlich funktionieren? Im Grunde ist es wie bei Eltern, die ihre Kinder entmündigen: Nie erklären warum Dinge sind wie sie sind und was die Optionen mit den entsprechenden Konsequenzen sind, sondern nur, dass es so ist und wie es möglichst reibungslos funktioniert.
Dabei verlagern sich Zeit, Beziehungen, Arbeit und Leben allgemein immer mehr ins Virtuelle. Dass der Rahmen dafür, die Möglichkeiten, immer von den Programmierenden bestimmt werden, scheint wenige zu stören. Hier liegt es aber nicht mehr bei dir, was du sagen darfst und was nicht, aber vor allem wie. Das Design bestimmt deinen Handlungsrahmen, nicht du selbst. Zusätzlich verlernen viele ohne Geräte zu kommunizieren. Doch was, wenn sie mal nicht mehr funktionieren?
Dabei wird es immer normaler mit Maschinen tiefe Verbindungen einzugehen. In Japan hat eine Frau ihren Roboter geheiratet, Pflegeroboter spielen im Altersheim Karten und ein Internet-Implantat ist eine Frage der Zeit.
Doch wir brauchen nicht in die Ferne zu schauen: Das Smartphone scheint heute bei vielen schon angewachsen, vieles wird darüber organisiert, „Kontakte“ gepflegt und die Dauerberieselung gewährleistet. Entzugserscheinungen, Einsamkeit und Nervosität, wenn es mal weg ist, sind zur Normalität geworden. Die dauerhaften Verbindungen zu Maschinen werden das Verhalten und das Denken tiefgehend beeinflussen und verändern. Sie verdrängen den direkten Kontakt und Austausch mit anderen Menschen und vor allem auch mit einem selbst. Ruhe, Reflektion, abschweifende Gedanken… wird Geräten überlassen, die uns einen Großteil davon abnehmen.
Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen Mensch, Ding, Beziehung und Gedanke. Da alles in ein Gerät eingepflegt wird, wandelt sich alles zur reinen Information. Das Internet of Things, also die Netzangebundenheit möglich aller Geräte und Dinge und die Smart City, sind ebenfalls wichtiger Bestandteil dieser Entwicklung. Und da Informationen messbar sind, können sie kategorisiert werden, oder eher gesagt müssen, da die Algorithmen die ganzen Informationen ja irgendwo einordnen müssen. Auf welcher Basis das dann passiert, ist meist völlig unklar, da viele nur den Programmierenden bekannt sind oder sie selbstlernend sind. Informationen werden geordnet, sortiert, nach Kriterien, die sich dem Individuum immer entziehen.
Alles was messbar und kategorisierbar ist, kann auch berechnet und somit kontrolliert werden. Es entsteht eine umfassende Kontrolle über Bewegungen, Vorlieben, Beziehungen und das Verhalten im Allgemeinen. Ein Beispiel ist die geplante Abschaffung des Bargeldes, was zur Folge hätte, dass wir nur noch digital bezahlen können und somit jeder Zahlungsverkehr grundsätzlich nachverfolgbar wäre. Die direkte Kontrolle und damit auch die Beeinflussungsmöglichkeit von Firmen, greift in jeden Bereich des Lebens ein.
„Freiheit ist, wenn dein Datenvolumen so groß ist, wie eure Liebe“ – Ein Werbespruch eines Handynetzanbieters. Dieser Satz steht exemplarisch für eine ganze Strategie. Uns wird Freiheit und Individualität verkauft. Erst durch die Bindung an komplexe Technologien kannst du richtig Beziehungen führen, Freunde haben und dich frei fühlen. Denn du brauchst angeblich nur alle Möglichkeiten damit du frei bist. Die Bedeutung von Freiheit als möglichst große Selbstbestimmung, Selbstorganisierung und gegenseitiger Verantwortung wird hier auf den Kopf gestellt. Denn das Netz, der Rahmen in dem wir „frei“ sein dürfen, wird immer dichter und enger.
Ich nenne es die Strategie der totalen Vereinnahmung. Nicht Teil von etwas zu sein, wird immer schwieriger. Angefangen mit allgegenwärtiger sich ausweitender Kontrolle durch Sensoren und Kameras überall, bis zur ausschließenden freiwilligen Nutzung von z.B. virtuellen sozialen Netzwerken.
Nehmen wir beispielsweise an, in naher Zukunft öffnet sich eine verschlossene Tür zur U-Bahn nur noch, wenn ich mit Smartphone bezahle. Lasse ich mich aus den öffentlichen Verkehrsmitteln ausschließen oder füge ich mich dem? Was wenn eines Tages ein implantierter, dauerhaft mit Google oder sonstwem verbundenen Chip verlangt wird? Und Bezahlsysteme sind nur ein Beispiel.
Auch Ausweise, Jobbedingungen, Lerngruppen, etc. haben diese Tendenz. Auffällig sind jene, die abweichendes Verhalten zeigen, auch das ist schon Realität. Viele Nischen, die in der heutigen Scheiße noch zu finden sind, werden verschwinden. Der Bruch derjenigen, die sich etwas verweigern wollen, wird in Zukunft viel tiefgreifender sein mit gravierenden Folgen für die einzelne Person. Totaler Einschluss im freien Netz.
Die Abhängigkeit von Geräten und deren Netzen bringt einen starken Verlust von Selbstständigkeit und Autonomie mit sich. Wenn ich für alles Spezialist*innen benötige, wenn alle Strukturen, wie zum Beispiel die Kommunikation, vorgegeben sind, gewinnt die Fremdbestimmung. In diesem Zuge wird sich das Strafsystem verändern. Sollte das „funktionieren“ der Bürger*innen sonst durch Staat, Bullen und Gesetze gewährleistet werden, übernimmt immer mehr die Selbstdisziplinierung. Andauernde Kontrolle, regelmäßig unregelmäßige digitale Anstupser und durchgehende Interaktion im Netz erzeugen eine umfassende vorbestimmte Struktur, in der das Leben stattfinden darf. Bestimmt wird es weiterhin Bullen und Knäste geben, da es immer Menschen gibt, die nicht nach den herrschenden Spielregeln spielen. Die Kontrolle und Disziplinierung aber wird intelligenter, smarter, unsichtbarer, weniger fassbar und viel mehr internalisiert, also in einem selbst aufgenommen, da es die Umstände so erfordern.
Hilfreich ist dabei die Art und Weise wie Geräte, wie das Smartphone und dessen Programme, als Ding an sich konzipiert sind. Die andauernde schnelle Interaktion, die niedrigen Herausforderungen und Hemmschwellen, das Behandeln von Menschen nach deren Abbild im Netz, das nie endende und verweilende, prägen Fernsehen und digitale Welten. Es gibt umfangreiche Untersuchungen darüber, was jedem wachen Betrachtenden auch so klar wird: Empathie, Mitgefühl, Konzentration, sowie kognitive Fähigkeiten, wie Denken, Erinnern und Spontanität gehen immer mehr verloren. Lineares Denken wird abgelöst durch hektisches Hin und Her und nebeneinander. Das bindet den Menschen, erscheint als schnelle saubere Lösung. Viele Manager*innen machen mittlerweile Kurzurlaube ohne digitale Geräte – ein Luxus! Und um wieder klar und konzentriert zu werden, um sich wieder anzustöpseln.
Noch ein kurzer Ausflug in die Zukunft: Der Chefentwickler von Google, Ray Kurzweil, ist der wohl bekannteste Verfechter des sogenannten Transhumanismus. Dieser Idee nach soll der Mensch erst einmal durch Geräte aufgewertet werden, bis die ineffiziente Spezies Mensch endlich durch die Verschmelzung mit Maschinen und Programmen zugunsten neuer Spezies beendet wird. Aber schon jetzt zeichnet sich ab, dass Googles Produkte nicht länger nur Prothesen sein werden. Also Instrumente, die unsere eigentlichen Fähigkeiten durch Geräte ersetzen. In Zukunft wird der Mensch wohl eher einer Prothese der Google-Maschine sein, die totale Anbindung und Ausschöpfung aller Informationen.
All die genannten Aspekte bezeichnen jetzt schon einen allumfassenden Angriff auf Selbstständigkeit und Selbstbestimmung. Doch Freiheit basiert auf diesen Bedingungen. Dieser Angriff ist auch nichts neues, schon immer war Autonomie schädlich für jede Ausübung von Herrschaft und Ausbeutung. Doch der Kapitalismus steckt in einer Krise, denn um zu existieren muss er immer weiter wachsen. Was soll denn noch ausgebeutet werden? Nach den Grundbedürfnissen und allen anderen Dingen kommen nun Beziehungen, Vorlieben und die Gedanken selbst dran. Ein unendlicher Markt, sind Bedürfnisse des Körpers doch bedingt. Wer Hunger hat, wird auch erst einmal satt. Doch alles, was im Kopf passiert, ist endlos ausbeutbar, der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Die Herrschaft sortiert sich neu, Ausbeutung wird restrukturiert. Manchmal ist es verlockend zu sagen, damals war alles besser. Doch die eigentlichen Machtverhältnisse bleiben, sie ändern nur ihr Gesicht, ihre Strategien und ihre Form. Sie werden smart, positiv und immer nützlich. Einen Feind auszumachen wird immer schwieriger. Früher war es vielleicht ein Sklaventreiber mit Peitsche oder die einschüchternden Ermahnungen des Chefs. Heute jedoch sind es alle deine Freund*innen und die Instrumente der Kontrolle ermöglichen dir erst dabei sein zu können. Diese Neuorientierung macht es etwas kompliziert, da ja alles freiwillig ist und wir alle Teil davon sind. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass ich für mich selbst Konsequenzen aus diesem Wissen folgen lassen kann. Und dass es immer noch Menschen und Strukturen gibt, die eine Hauptverantwortung an diesen Strukturen tragen und auch angegriffen werden können. In der Regel sind es auch diejenigen, die am meisten profitieren. Hinzu kommt, dass wenn alles überall ist, die Ströme des Netzes die verwundbarsten Punkte sind, denn moderne Systeme sind zutiefst angewiesen auf Stromleitungen, Glasfaserkabel und Warenströme.
Ich möchte hier die Tragweite der momentanen und kommenden Entwicklungen aufzeigen. Aber nichts davon ist festgeschrieben, the future is unwritten. Es wird immer Möglichkeiten geben, sich zu wehren, Funken einer Welt ohne Herrschaft aufzuzeigen und Selbstbestimmung auszuweiten.
Warum so etwas wie einen Google-Campus verhindern?
Eigentlich könnte man sagen, dies ist ein Beispiel. Denn ein Google-Campus oder eben ein anderer Ort, an dem sich Herrschaftskritiken der komplexen Technologien entfalten können, kann es viele geben. Es ist ein Ort, an dem ein Konflikt besteht oder hervorgerufen werden kann.
/// Warum also?
Zum einen werden Firmen wie Google überall da, wo sie sich ansiedeln, eine enorme Aufwertung der Gegend (im kapitalistischen Sinne) forcieren. Solche Projekte sind Inkubatoren, sind Starter für eine weitere Entwicklung. Start-Ups, die es im Google-Campus nicht bis ganz nach oben geschafft haben, werden sich der Erfahrung aus anderen Städten nach versuchen in der Gegend anzusiedeln. Auch die Nähe zu Google könnte Start-Ups dazu verleiten in die Nähe zu ziehen. Die Gegend wird teurer als sie sowieso schon ist, Menschen, die sie sich nicht mehr leisten können, müssen woanders hin ziehen. Soziale Umfelder zerbröseln. Ein altbekanntes „Phänomen“. Doch solange Eigentum an sich existiert, wird es immer Ausbeutung geben. Wer braucht denn eine(n) Vermieter*in? Wenn die Wohnungen denen gehören würden, die gerade darin wohnen, wäre die Wertabschöpfung durch andere, meist sowieso Reiche, nicht mehr möglich. Eine weite Diskussion, die hier nur kurz angeschnitten werden kann, die aber wichtig ist, da viele der Einwohner*innen rund um den geplanten Campus in erster Linie anscheinend Verdrängung fürchten und nicht die Ausbeutung durch die digitale Welt.
Doch der technologische Angriff, unter anderem durch Google, geht uns alle etwas an, denn er ist tiefgreifend und langfristig. Daher braucht es konkrete Projekte, an denen er thematisiert und angegangen werden kann.
/// Was ist das Ziel?
Hier wird es die unterschiedlichsten Einschätzungen geben. Ich denke aber, die Verhinderung eines Google-Campus kann nur ein Etappenziel sein. Der Campus ist auch Ursache, aber hauptsächlich Symptom. Sollte der Campus verhindert werden, bauen sie ihn eben am Stadtrand und erhöhen dort die Miete und Google wird weiterhin seine Produkte verbreiten. Sollten wir Google zerstören, wird ein anderer Konzern weitermachen. Nicht um entmutigt zu werden, sondern zu einer realen Einschätzung zu kommen. Natürlich wäre ein verhinderter Campus ein gutes Gefühl, ein Zeichen an die Welt, dass man sie ärgern kann. Das gibt Mut. Und es ist möglich. Aber auch ein geöffneter Campus könnte vielleicht sogar noch mehr Angriffspunkte geben…
Das eigentliche Ziel muss, finde ich, aber ein ganz anderes Leben sein. Die Abschaffung von Ausbeutung, der Aufbau von Eigenitiative und Solidarität, das Ausweiten von Selbstbestimmung und Selbstorganisation. Dies sind Ziele die sich gegen jede Art von Google und Herrschaft richten. Dies widerspricht auch grundsätzlich jeder Art der Politik, sei es von Parteien oder Menschen und Initiativen, die mit den Verantwortlichen in Verhandlung treten, sei es durch Petitionen, Forderungen an die Regierung oder Forderungen nach niedrigen Mieten. Wer sich in diesem Sinne im System selbst bewegt, wird Entwicklungen vielleicht verzögern können, dabei aber zur Stabilisierung desselben beitragen. Kritik und Engagement sind erwünscht, um die Fata Morgana aufrecht zu erhalten, dass wir etwas bewirken könnten durch Reformen in deren Spiel. Wie wir aber gesehen haben: Wer die Struktur bestimmt, bestimmt wo es lang geht. Wenn ich selbst entscheiden will, welchen Weg ich einschlage, muss die Struktur zerstört werden, als Ding und als Idee.Der Kampf gegen den Google-Campus kann also nur temporärer Fokus und Anstoß sein. Wir können Widersprüche dieser Gesellschaft aufzeigen und Konflikte vorantreiben in Richtung einer Revolte, eines Aufstandes, einer Umwälzung hin zu einer solidarischen Welt. Wir können zusammen kommen und uns kennen lernen, Widerstandspraktiken und Komplizenschaft statt Ellbogenmentalität üben. Beziehungen sind etwas das bleiben kann, sie können einen temporären Konflikt überdauern. Die Erfahrungen einer Praxis, die selbst die Herrschaft in Frage stellt, können im weiteren Handeln Möglichkeiten eröffnen und Selbstorganisation an sich ist Ziel und Weg einer Gesellschaft ohne Ausbeutung.
Wir können zeigen: so nicht! Das haben wir zu gewinnen, indem wir der Fremdbestimmung konkrete Selbstbestimmung entgegensetzen.
Aber wie?
Abschließend noch der Text „Wie gegen den Google-Campus kämpfen?“ aus der Zeitung SHITSTORM, der Vorschläge für ein Vorgehen gegen den Google-Campus aufzeigt. Diese Ideen können aber auch bei anderen Projekten inspirierend sein und Anknüpfungspunkte für eine möglichst große Selbstbestimmung in einem Kampf in einer fremdbestimmten Welt geben.
(aus: SHITSTORM – Anarchistische Zeitung – Berlin, Januar 2018 – #2)
Wie gegen den Google-Campus kämpfen? Ein Vorschlag
Auf die Frage, wie gegen den Google-Campus kämpfen, bzw. ihn zu verhindern, lässt sich unterschiedlich antworten. Die Antwort ist abhängig von der Perspektive des Kampfes selbst. Der folgende Vorschlag richtet sich nicht nur an Anarchist*innen, auch wenn er sich als ein anarchistischer versteht. Er kann von all jenen geteilt werden, die nicht nur den Google-Campus verhindern wollen, sondern gänzlich andere Verhältnisse suchen.
Der geplante Google-Campus in Berlin-Kreuzberg reiht sich in das Projekt der herrschenden Strukturen ein, die Macht von Staat und Kapital neu zu strukturieren (u.a. die Digitalisierung der Ökonomie und der Warenströme, Technologisierung der Kontrolle und Repression, Kommerzialisierung des Alltags, …). In Berlin-Kreuzberg wird diese Restrukturierung vor allem durch neue Bauprojekte sichtbar. Sei es durch das Vorhaben eines Zalando-Gebäudes auf der ehemals besetzten und geräumten Cuvrybrache, der neuen Factory am Görli (der größte Start-Up-Komplex Europas), die weiterhin stattfindende Veränderung der Oranienstraße, in welcher die Eröffnung des Oranien-Luxushotels eine neue Qualität darstellt, oder eben des geplanten Google-Campus in der Ohlauer Straße. Mit anderen Worten: Es vollzieht sich eine graduelle Veränderung des Viertels, die sich in eine Verfeinerung der Herrschaftsverhältnisse insgesamt einreiht.
Es geht darum, die Baupläne in Berlin oder anderswo nicht als isolierte Bauvorhaben zu betrachten, sondern als eine globale Veränderung der Machtverhältnisse auf ökonomischer, politischer und sozialer Ebene. Wie diese Liste neuer Vorhaben von Staat und Kapital über mehrere Seiten fortgeführt werden könnte, so könnte man jedem neuen Bauvorhaben hinterherlaufen und „nur“ in einem Abwehrkampf verweilen. Die Entscheidung, sich ein Projekt der Herrschaft herauszunehmen, zu fokussieren, über einen Abwehrkampf hinauszugehen, ein eigenes antagonistisches Projekt zu entwickeln, speist sich vor allem aus einer Intensivierung der Qualität eines Angriffs auf die Herrschaft – auf ihre Profiteur*innen, Verfechter*innen und Diener*innen. Diese Wahl reiht sich somit ein in einen Kampf gegen Herrschaft allgemein – ob in Kreuzberg, Berlin oder international.
Die Perspektive sollte nicht auf einen „Kiez-Kampf“ beschränkt sein, sie sollte auf eine generalisierte Revolte gegen jegliche Herrschaft und Autorität abzielen: auf die Umwälzung der gesellschaftlichen Verhältnisse. Ausgehend von dieser Perspektive, sowie der Wahl des Angriffsziels, ergeben sich die folgenden vorgeschlagenen Methoden eines Vorgehens gegen den Google-Campus Berlin, für eine Welt ohne Herrschaft, Ausbeutung und Unterdrückung.
/// Selbstorganisiert
Der Kampf gegen den Google-Campus sollte selbstorganisiert sein. Dies bedeutet, dass die Beteiligten in einem direkten Verhältnis mit der Konfrontation stehen – ohne eine repräsentierende Gruppe oder Person, die für sie redet oder handelt. Im Gegenteil: die beteiligten Personen organisieren sich und handeln nach ihren eigenen Ideen und Kapazitäten, ohne Appell an Staat und Kapital oder deren Repräsentant*innen wie z.B. Politiker*innen. Dies geht vor allem darauf zurück, dass sich durch einen Appell an Politik und Verantwortliche die Handlung aus den eigenen Händen auf den politischen Tisch verschiebt. Dort ist die Diskussion über die Verhinderung des Google-Campus lediglich denen überlassen, die (wie im Senat zu hören war) ein Interesse am Google-Campus in Berlin haben oder sonstige Machtpolitische Interessen verfolgen.
So wie es keinen Dialog mit Parteien und Verantwortlichen geben sollte, gibt es keinen Dialog mit der Presse. Die Presse steht, unabhängig ob sie positiv oder negativ schreibt, in der Logik des kapitalistischen Systems. Die Ereignisse und Informationen werden durch eine journalistische Verarbeitung vermarktbar gemacht. Es zählt der spektakuläre Charakter, der Verkaufswert der Information. Die Berichterstattung und Kommunikation untereinander im Kiez und darüber hinaus, sollte durch eigene Projekte erfolgen, wie z.B. durch eigene Flyer, Zeitungen, Plakate, Diskussionsabende, spontane Demonstrationen, Begegnungen und direkte Aktionen. Wenn wir die Politik ablehnen für uns zu reden, müssen wir auch die Presse ablehnen für uns zu schreiben.
Zum Beispiel auch das Warten auf „die große Demonstration“ steht einer Selbstorganisation entgegen. Selbstorganisiert zu agieren bedeutet, aus der eigenen Initiative heraus zu denken und dann zu handeln anstatt zu warten, bis jemand anderes dies für mich tut oder organisiert.
/// Sozial und Anti-Politisch
Das politische Vorgehen von Parteien oder Gruppen strebt unter anderem die Verwaltung des Protestes, sowie den Wachstum der eigenen (politischen) Macht an. Die Quantität, bzw. die Masse, spielt eine zentrale Rolle im politischen Kalkül – durch eine Masse kann politischer Druck ausgeübt und Interessen der jeweiligen Gruppe durchgesetzt werden. Kurz: Das Anwachsen und die Quantität eines Protests, sowie deren Kontrolle steht im Mittelpunkt eines politischen Vorgehens. Um um jeden Preis eine Massenbewegung zu werden, stirbt der politische Kampf, wie auch viele Kampagnen – in der Akzeptanz des kleinst möglichen Nenners.
Der anarchistische Vorschlag eines anti-politischen Kampfes sucht viel eher nach einer Qualität. Dieses Vorgehen verlässt das politische Feld vollkommen. Es geht nicht darum, eine politische Macht aufzubauen, sondern darum, auf einer sozialen Basis zu intervenieren. Jedoch ohne sich dieser sozialen Basis unterzuordnen, um die individuelle Tat nicht zu vernachlässigen.Diese Selbstverwaltung verneint die Verwaltung eines limitierten Zieles, sie wird praktisch durch den Angriff auf die Herrschaftsverhältnisse, mit der Perspektive der gesellschaftlichen Umwälzung.
Der Ausgangspunkt dabei ist die soziale Spannung. Der Kampf gegen den Google-Campus sollte in einem Bezug zur sozialen Basis stehen, in der Kreuzberg oder ganz Berlin als eine Interventionsbasis verstanden wird und nicht als Intervention von isolierten Kleingruppen. Die soziale Basis kann beispielsweise durch Kontaktpunkte, Begegnungsorte, einzelne oder regelmäßige Aktionen und Angriffe gefühlt werden. Auch um ein Verständnis des Kampfes gegen den Google-Campus und einer damit verbundenen Herrschaftskritik zu schaffen, sowie Diskussionen innerhalb eines Konfliktes zu ermöglichen und die Angriffe auf sozialer Ebene zu verbreiten. Dieses „gesellschaftliche“ Verständnis offenbart auch die Trennlinie zu den Befürworter*innen des Google-Campus sowie der Kontrolle durch Technologie.
/// Unabhängig und Selbstbestimmt
Die Aufrechterhaltung einer Unabhängigkeit ermöglicht es, dass der Kampf nicht (so einfach) durch eine Gruppe vereinnahmt werden kann, wie er gleichzeitig Machtverhältnisse durch Repräsentation zerschlägt. Eine Abhängigkeit von beispielsweise Parteien und deren Stiftungen oder Medien weitet den Handlungsrahmen nicht etwa aus. Sie konzentriert ihn auf einen Bereich, der für die (politische) Macht angenehm ist, da er kontrollierbar ist.
Unabhängigkeit und Selbstbestimmung bedeutet nicht nur dem Staat gegenüber autonom zu sein, sondern auch im individuellen Handeln selbst. Dies bedeutet, dass ein autonomer Kampf keine (festen) Spezialist*innen innerhalb der Beteiligten zulassen kann. Sicherlich gibt es Aktionsfelder, in der sich der Eine oder die Andere besser auskennt, oder es scheint gut, in gewissen Sachen eine Aktionsteilung zu machen. Jedoch darf dies nicht zu einer Schaffung von Abhängigkeiten von Spezialist*innen in den „eigenen Reihen“ führen. Der Vorschlag diesem zu entgehen, besteht in der Teilung und Verbreitung von Information und Wissen. Ob zum Google-Campus selbst oder über unterschiedliche Aktionsfelder. Es geht darum, selbst Verantwortung zu übernehmen und selbst zu handeln.
/// Informelle Organisierung
Auf der organsatorischen Ebene schlagen wir die Informalität vor. Dies bedeutet, dass es keine formelle Gruppe gibt (kein Zentrum des Kampfes gegen den Google-Campus), keine „Gruppenidentität“ und kein Mitgliedsausweis. Stattdessen schließen sich die Beteiligten nach Affinitäten zusammen (auch wenn es nur für eine Aktion ist). Die informelle Organisierung ermöglicht einen breiten und zugleich diversen Handlungsspielraum, sie ermöglicht allen zu handeln, ohne um Erlaubnis bei irgendeiner Gruppe fragen zu müssen. Die informellen Gruppen gründen auf Affinität, also auf geteilten Ideen und einer Vertrauensbasis unter den Individuen. Die einzelnen Affinitätsgruppen können sich jedoch in der Praxis unterscheiden und stehen sich nicht unbedingt entgegen. Diese Affinität, gemeinsame Ideen, Wünsche und Vertrauen, können nur in der Begegnung gefunden werden. Dies führt wieder zum Punkt der sozialen Basis und der Schaffung von (kontinuierlichen) Räumen und Situationen, die dies ermöglichen.
Die informelle Organisierung benötigt eine Koordination, damit die beteiligten Einzelpersonen und Gruppen nicht zwangsläufig isoliert sind. Diese Koordination braucht kein Zentrum, sondern funktioniert am besten durch diverse Projekte. Diese Zeitschrift kann dazu beitragen, genauso wie das Anti-Google-Cafe face2face, größere Diskussionsabende, regelmäßige Aktionen, … Das Ziel der Koordination muss nicht zwangsläufig eine gemeinsame Aktion sein. Es geht um eine räumliche Sichtbarkeit eines Kampfes gegen den Google-Campus, sowohl für Interessierte, als auch Beteiligte. In den letzten Monaten zeigte sich, dass das Vorgehen und die Pläne von Google und Staat am liebsten im Verborgenen gehalten wurden. Ein Austausch unter den Mitstreiter*innen ermöglicht es somit, Informationen über den Google-Campus zu verbreiten.
/// Gegen-Information
Seit sich Widerstand gegen den Google-Campus regt wird klar, dass sich einerseits Google als soziale Organisation und „nichts-böse-wollendes“ Unternehmen verkauft, und andererseits viele Menschen nichts über Google und dessen Machenschaften wissen. Ein Schwachpunkt Googles ist sicherlich das Image, das sie mit allen Mitteln, wie Charme-Offensiven im Kiez, verteidigen. Es geht nicht darum Google als „bösen Ami-Konzern“ darzustellen, sondern die Rolle von Google innerhalb der Entwicklung der Verfeinerung der Herrschaft durch Technologie zu erkennen. Und dass diese ebenso von Politik und Wirtschaft gefördert wird. Dies ermöglicht es, den Kampf gegen den Google-Campus mit anderen Konflikten zu verknüpfen.
Die Gegen-Information, also die Verbreitung von Informationen über Google und dessen Forschungsfelder ist ein wichtiger Punkt. Sie darf sich jedoch nicht lediglich auf einen kleinen Kreis Interessierter beschränken, sondern sollte auf vielfältigen Ebenen passieren. Denn wenn die Angriffe gegen den Google-Campus nicht verstanden werden, laufen sie Gefahr in einem „Klein-Krieg“ zwischen Google und seinen Feind*innen zu Enden, der die soziale Spannung vernebelt und die Möglichkeit einer sozialen Revolte negiert.
/// Direkter Angriff
Direkter Angriff bedeutet den Google-Campus und ihre Verantwortlichen ohne Umwege, zum Beispiel über staatliche Institutionen, anzugreifen. Die Frage des legalen Rahmens stellt sich dabei nicht, da das Betteln um Erlaubnis (z.B. für eine Demonstration) die staatlichen Strukturen akzeptiert, anstatt sie als ein Teil der Verantwortlichkeit für das Bestehende erkennt. Somit kann die Wahl der Mittel nicht abhängig vom staatlich gesetzten Rahmen sein. Der Google-Campus Berlin lässt sich nur verhindern, wenn es auf breiter Ebene Angriffe gegen dieses Vorhaben gibt. Es geht nicht um eine Hierarchisierung von Mitteln: ein Gespräch mit der Nachbarin ist nicht „weniger Wert“ als ein Flyer oder eine direkte Attacke. Entscheidend sind Eigeninitiative, Entschlossenheit, Kontinuität, eigene Kreativität, und eben eine Vielfalt von Angriffen (die sich nicht nur auf das Gebäude in der Ohlauer Straße beziehen, sondern auf alle Verantwortlichkeiten für den Google-Campus Berlin). Der direkte Angriff sucht nicht nach einer Versöhnung mit der Herrschaft, sondern zielt auf die Zuspitzung der sozialen Spannungen ab, die in Kreuzberg deutlich ist.Google versucht in einem Viertel Fuß zu fassen, das rasant zur Veränderung gedrängt wird. Zum Nachteil von ärmeren Menschen und „Ausgeschlossenen“. Im Kampf gegen den Google-Campus konzentrieren sich unterschiedliche Motive für die Verhinderung: von Verdrängung aus dem Kiez, über Datenmissbrauch von Google, bis zu Herrschafts- und Technologiekritik. Eine „Verknüpfung“ dieser Motive kann durch eine geteilte Zuspitzung eines sozialen Konfliktes möglich sein: der Verweigerung, den Konflikt politisch zu lösen, dem Widersetzen gegen jeglichen Versuch den Widerstand zu kontrollieren und dem Entgegenstehen einer Befriedung des Konfliktes.