Hungerstreik und Feuer im Gefängnis für Migrant*innen in Marseille, Frankreich

Via Mars Infos — 14. September

Im Canet Retention Center in Marseille begann am Freitag, den 10. September, ein Hungerstreik, um gegen die Haftbedingungen zu protestieren. Während eine Unterstützergruppe vor dem CRA stand, wurde in der Einrichtung ein Feuer ausgelöst.

Drei Tage lang haben die Menschen, die in einem der Gebäude des Gefangenenzentrums von Marseille eingesperrt sind, einen Hungerstreik begonnen. Für diejenigen, die daran teilgenommen haben, hat die polizeiliche Repression bereits begonnen (Verbot des Aufenthaltsraums, Familienbesuch eine halbe Stunde vor dem Verbot des Aufenthaltsraums abgesagt, Verbot Tabak zu erhalten…).

In den Zeug_innenaussagen ist auch von Seresta und Valium (verschreibungspflichtige Anxiolytika) die Rede, die verteilt werden, um ihre Revolte und die Inhaftierung, unter der sie leiden, zu kontrollieren.

Die Inhaftierten fordern ihre Freilassung, vor allem weil sich die ohnehin schon unzumutbaren sanitären Bedingungen immer weiter verschlechtern (keine Masken, keine Wäsche, keine Reinigung der Zimmer, die mit COVID-positiven Menschen geteilt wurden, einige schlafen immer noch mit COVID-positiven Menschen…).

Am Sonntagnachmittag fand eine Kundgebung vor dem CRA statt, um die Forderungen der Streikenden zu unterstützen: die Freilassung aller Gefangenen und die Schließung der Haftanstalten.

Während der Kundgebung erzählten die Gefangenen den Solidaritätsbesuchenden draußen, dass ein Feuer ausgelöst worden war. Sie teilten auch mit, dass die Cops sie nicht hinausgehen ließen und dass sie mit dem Feuer festsaßen. Mehrere Gefangene sagten aus, dass sie bis 20 Uhr auf der Promenade neben dem Feuer ausharrten und dass ihnen gedroht wurde, sie in andere Haftanstalten in Frankreich zu schicken, weit weg von ihren Angehörigen.

Während die Menschen aus diesem Bezirk ihre Solidarität aus bekundeten, lösten aggressive Cops die Versammlung auf, indem sie drohten Flashballs zu schießen.

Nach all diesen Ereignissen beschlossen einige Streikende, den Hungerstreik vorübergehend zu unterbrechen. Heute Morgen, während des Frühstücks, gaben ihnen die Cops jedoch kein Essen, was eine Form von offensichtlicher Repression darstellt.

Die Gefangenen fordern weiterhin ihre Freilassung und die Schließung aller CRAs. Lasst uns ihnen unsere Solidarität zeigen und sie bis zum Ende unterstützen.

Im Folgenden geben wir eine Auswahl der Aussagen von Menschen wieder, die in den letzten Tagen in der CRA waren:

Aussage Nr. 1:

-Kannst du uns etwas zur Situation im Knast sagen?

Es ist jetzt drei Tage her, dass sie einen Mann zurückgebracht haben, der sich angesteckt hat — er ist positiv. Es gibt noch zwei andere. Niemand ist gekommen, um ihre Räume zu säubern, auch wenn man sie darum gebeten hat. Wir sind ihnen egal. Ein Mann hat heute Nachmittag darum gebeten, den COVID-Test zu machen, aber sie haben es abgelehnt: „Nein, du hast dich heute Morgen geweigert, wir können es nicht machen.“ Seit gestern befinden sich also alle im Hungerstreik. […]

In unserem Korridor sind wir 17 Personen und es gab bereits drei positive Fälle. Ich glaube, dass es heute noch mehr sind, denn zwei haben sich schlecht gefühlt und sind in ihren Zimmern geblieben. Mein Kollege schläft im Bett neben einem Mann, der Covid hat, und sie haben nicht einmal die Matratze gereinigt und seine Kleidung entfernt.

Aussage Nr. 2:

-Kannst du uns sagen, warum ihr streikt?

Nun, wir haben bereits alles getan, was wir für die Situation, in der wir leben, tun konnten. Es gibt positive Fälle. Das kannst du dir nicht vorstellen. […] Ich persönlich zum Beispiel, ich bin Vater von Kindern, ich habe drei Kinder. Ich habe alles, was ich brauche. Ich bin schon seit 17 Jahren hier. Davor gab es solche Zentren für Menschen wie mich nicht. Man nennt es Abschiebezentrum, aber es ist ein Gefängnis. Es ist eine Strafe.