Die ZAD von Notre Dame des Landes: Widerstand durch Bau

News aus der ZAD von Notre-Dames-des-Landes

Ein Leuchtturm um das Ende der Welt abzuwenden

Auf den Feldern von Notre-Dames-des-Landes, im Westen Frankreichs, steht ein ungehorsamer Leuchtturm. Er wurde weit vom Meer entfernt errichtet, genau dort, wo der Kontrollturm eines neuen internationalen Flughafens gebaut werden sollte. Dieser kurze 17-minütige Film dokumentiert seinen Bau durch eine zerlumpte Crew — darunter desertierte Architekt_innen, ein ehemaliges Obdachlosenkind, Kunstaktivist_innen, ein_e Keramiker_in, ein paar Bauern*Bäuerinnen und ein genialer Schweißer, dessen Tagesjob der Bau der größten Kreuzfahrtschiffe der Welt in Frankreichs größter Werft war.

Die Bewegung reagierte mit einer Reihe von Aktionen, die von 60.000 Menschen, die auf einer Autobahn tanzten, bis zu 40.000 Menschen reichten, die in einem als Demonstration getarnten Ritual Stäbe und Stöcke mitbrachten und in den Boden steckten und versprachen, zurückzukehren, um sie zu holen, falls die Regierung zur Räumung käme. Im Herbst, gerade als der Staat mit seinen Bulldozern kommen sollte, begann der Bau eines großen Fuck-Off-Finger an die Behörden. An der Stelle, an der der Kontrollturm des Flughafens geplant war, in La Rolandière, begann ein 20 Meter hoher, voll funktionsfähiger Leuchtturm Gestalt anzunehmen.

Wir ließen uns von rebellischen Türmen quer durch die Zeit inspirieren. Vladimir Tatlins nie gebaute Vision aus dem Jahr 1919 eines 400 Meter hohen, spiralförmigen Monuments für die kommunistische Internationale weckte Ambitionen.

Wir zogen Hartnäckigkeit aus der 60 Meter hohen vertikalen Metallbarrikade, die 1972 in Narita von Bäuer_innen, Student_innen und Aktivist_innen errichtet wurde, um die startenden Flugzeuge des heftig umkämpften internationalen Flughafens von Tokio zu blockieren.

Von Dolly, einem 30 Meter hohen, verrückten Durcheinander aus gestohlenen Gerüsten mit einem Techno-Soundsystem an der Spitze, das aus einer Reihe von 45 Häusern ragte, die 1994 gegen den Bau der M11 Link Road in East London besetzt wurden, haben wir uns etwas Wagemut angeeignet.

Als Archetyp der Hoffnung und des Zufluchtsortes sind Leuchttürme uralte Werkzeuge zur Lebenssicherung und eine Form von Gemeingut: ihr Licht wird jedem Schiff frei gegeben, um sicher durch die Nacht zu navigieren. Wellen und Wind trotzend, sich zwischen Himmel und Erde ausbreitend, tauchen Leuchttürme aus der Dunkelheit auf, gerade wenn du denkst, dass du verloren bist und dich nach Hause sehnst. Unser Leuchtturm wurde aus einem gefällten Strommast gefertigt, den uns ein Bauer geschenkt hat. Er ist mit einer schiffsähnlichen Gangway an die Bibliothek gebunden, als Anspielung auf die mythische Stadt Alexandria, dem Sammelbecken von Seefahrer_innen, Händler_innen und Alchemist_innen, mit ihrer großen Bibliothek und dem Leuchtturm. Als kombiniertes Symbol des Vertrauens und Werkzeug des Widerstands wurde er zur neuen, höheren Antenne des Piratensenders, und auf seiner Spitze befand sich eine Sirene, die von einem Mobiltelefon aus gesteuert werden konnte, um im Falle einer Räumung ausgelöst zu werden. Und wenn die Bullen kommen würden, so sperrten wir uns an der Metallstruktur fest, so dass es für sie schwierig wird, uns zu erreichen.

Die Historikerin Kristin Ross bezeichnete den Leuchtturm der Zad als einen Akt des „Kommunalen Luxus“. „Kommunaler Luxus“ ist ein Ausdruck, der aus dem Manifest der radikalen Künstler_innenvereinigung der Pariser Kommune von 1872 stammt, die vorschlug, dass Luxus nicht die private Anhäufung von Dingen ist, sondern das Aufblühen von Schönheit in allen gemeinsamen Räumen. Wie die Geografin Elisée Reclus schrieb, „wenn die Maler_innen und Bildhauer_innen frei wären, hätten sie es nicht nötig, sich in Salons einzuschließen.“

Wie so vieles auf der Zad wurde auch dieses Vorhaben durch solidarische Taten in jeder Form und Größe ermöglicht. Kleine Wunder, die uns immer wieder an die etymologische Wurzel des Wortes Wunder erinnerten, nämlich „eine Tat, die einen zum Lächeln bringt“. Vom Geschenk des Mastes bis zum Teilen von Werkzeugen und Fähigkeiten, von der unerwarteten Spende eines Blitzableiters bis zur überraschenden Lieferung einer perfekt dimensionierten Gangway, sind diese materiellen Realitäten Teil einer lebendigen „Kultur der Rebellion“. Nicht jede Person ist in der Lage, ein_e „Frontline“-Aktivist_in zu sein. Die meisten Menschen sind psychologisch nicht dafür geeignet oder haben Lebensumstände, die ihre Fähigkeit, Risiken einzugehen, wie z.B. verhaftet zu werden, reduzieren. Dennoch kann jede_r Teil des Aufbaus einer Kultur der Rebellion sein, einer Reihe von Werten, die eine radikale politische Transformation umarmen, ermutigen und fördern. Es geht darum zu lernen, nicht mehr „auf Nummer sicher“ zu gehen, sondern zu erkennen, was man von wo auch immer man ist, mit seinen Fähigkeiten tun kann, um all jene zu unterstützen, die aktiv Widerstand leisten.