Kompliz*innen statt Allies — Abschaffung des Ally-Industriekomplexes; Eine indigene Perspektive & Provokation

Der nachfolgende Beitrag ist eines von 85 Artikeln aus dem Buch Schwarze Saat – Gesammelte Schriften zum Schwarzen und Indigenen Anarchismus.

Anmerkung: Im Buch befinden sich völlig unterschiedliche, und teils widersprechende, Positionen. Es werden hier alle Beiträge veröffentlicht, auch solche, deren Positionen wir nicht teilen.

Kompliz_innen statt Allies

Abschaffung des Ally-Industriekomplexes; Eine indigene Perspektive & Provokation

Indigenous Action

Der Ally-Industriekomplex wurde von Aktivist_innen aufgebaut, deren Karrieren von den „Belangen“ abhängen, für die sie sich einsetzen. Diese Non-Profit-Kapitalist_innen fördern ihre Karrieren durch die Kämpfe, die sie vorgeblich unterstützen. Sie arbeiten oft unter dem Deckmantel von „Basis“ oder „gemeinschaftsbasiert“ und sind nicht unbedingt an eine Organisation gebunden.

Sie bauen organisatorische oder individuelle Kapazitäten und Macht auf und etablieren sich bequem in den oberen Rängen ihrer Unterdrückungshierarchie, während sie danach streben, die verbündeten „Champions“ der am meisten Unterdrückten zu werden. Während die Ausbeutung von Solidarität und Unterstützung nichts Neues ist, ist die Kommodifizierung und Ausbeutung von Allyship ein wachsender Trend in der Aktivismusindustrie.

Jede Person, die sich mit Anti-Unterdrückungskämpfen und kollektiver Befreiung beschäftigt, hat irgendwann entweder an Workshops teilgenommen, Zines gelesen oder war Teil von tiefgreifenden Diskussionen darüber, wie man ein_e „gute_r“ Ally ist. Du kannst jetzt hunderte von Dollars bezahlen, um an esoterischen Instituten ein Allyship-Zertifikat in Anti-Unterdrückung zu erwerben. Du kannst durch Workshops gehen und ein Allyship-Abzeichen erhalten. Um den Kampf zu kommerzialisieren, muss er zuerst objektiviert werden. Das zeigt sich darin, wie „Probleme“ „gerahmt“ und „markiert“ werden. Wo Kampf eine Ware ist, ist Allyship eine Währung.

Ally zu sein ist auch zu einer Identität geworden, losgelöst von einem wirklichen gegenseitigen Verständnis von Unterstützung.

Der Begriff „Ally“ ist ineffektiv und bedeutungslos geworden.

Kompliz_innen statt Allies.

Kompliz_in: Eine Person, die einer anderen Person hilft, ein Verbrechen zu begehen.

Es besteht ein heftiger, unbändiger Wunsch, die totale Befreiung zu erreichen — mit dem Land, und gemeinsam.

Irgendwann gibt es ein „wir“, und wir werden höchstwahrscheinlich zusammenarbeiten müssen. Das bedeutet, dass wir zumindest ein gegenseitiges Verständnis formulieren müssen, das nicht völlig antagonistisch ist, sonst könnten wir uns, unsere Wünsche und unsere Kämpfe als unvereinbar empfinden.

Es gibt bestimmte Absprachen, die nicht verhandelbar sind. Es gibt Widersprüche, mit denen wir uns arrangieren müssen, und sicherlich werden wir das zu unseren eigenen Bedingungen tun.

Aber wir müssen wissen, wer uns den Rücken stärkt, oder besser gesagt: wer mit uns, an unserer Seite ist?

Die Risiken von Allies, die Unterstützung oder Solidarität (meist auf temporäre Basis) in einem Kampf bieten, sind ganz anders als die von Kompliz_innen. Wenn wir gemeinsam zurückschlagen oder vorwärts kämpfen, beteiligt an einem Befreiungskampf, sind wir Kompliz_innen. Die Abschaffung von Allyship kann durch die Kriminalisierung von Unterstützung und Solidarität erfolgen.

Während die Strategien und Taktiken zur Durchsetzung (oder Abschaffung, je nach Sichtweise) von sozialer und politischer Macht unterschiedlich sein mögen, gibt es einige harte Lektionen, die nicht wiederholt werden sollten.

Betrachte das Folgende als einen Leitfaden, um Interventionspunkte gegen den Ally-Industriekomplex zu identifizieren.

„Erlösung aka Missionierung & Selbsttherapie“

Allzu oft haben Allies romantische Vorstellungen von unterdrückten Menschen, denen sie „helfen“ wollen. Das sind die verbündeten „Retter_innen“, die Opfer und Tokens statt Menschen sehen.

Diese Viktimisierung wird zu einem Fetisch für die schlimmsten der Allies in Formen von Exotisierung, Manarchismus [1], Splaining, POC-Sexploitation [2], etc. Diese Art von Beziehung fördert im Allgemeinen die Ausbeutung zwischen sowohl Unterdrückten und Unterdrücker_innen. Die Allies und diejenigen, mit denen man sich verbündet, werden in eine missbräuchliche Beziehung verwickelt. In der Regel können beide es nicht erkennen, bis es zu spät ist. Diese Beziehung kann auch in eine Co-Abhängigkeit abschweifen, was bedeutet, dass sie sich gegenseitig ihrer eigenen Macht beraubt haben. Verbündete „Retter_innen“ haben die Tendenz, eine Abhängigkeit von ihnen und ihrer Funktion als Unterstützung zu schaffen. Niemand ist hier, um gerettet zu werden. Wir brauchen keine „missionarischen Allies“ oder Mitleid.

Schuld ist auch ein primärer Motivationsfaktor unter Allies. Auch wenn sie nie zugegeben werden, funktionieren Schuld & Scham im Allgemeinen als Motivatoren im Bewusstsein der Unterdrücker_innen, die erkennen, dass sie auf der falschen Seite agieren. Während Schuld und Scham sehr mächtige Emotionen sind, denke darüber nach, was du tust, bevor du den Kampf einer anderen Gemeinschaft zu deiner Therapiesitzung machst. Natürlich können Akte des Widerstands und der Befreiung heilsam sein, aber der Umgang mit Schuld, Scham und anderen Traumata erfordert einen ganz anderen Fokus, oder zumindest einen expliziten und einvernehmlichen Fokus. Welche Art von Beziehungen sind auf Schuld und Scham aufgebaut?

„Ausbeutung & Kooptation“

Diejenigen, die kooptieren, sind nur dazu da, ihre eigenen Interessen durchzusetzen (in der Regel geht es entweder um Ruhm oder Geld). Indem diese „Allies“ versuchen, ihre Agenda durchzusetzen, outen sie sich. Die ‚radikalen‘, eher militanten „Basis“-Organisator_innen sind scharf darauf, „sexy“ Themen zu finden, die sie sich zu eigen machen können (um berühmt zu werden/um sich als Superallies/als radikalste Allies zu fühlen), und sie legen die Bedingungen für ihr Engagement fest oder diktieren, welche Kämpfe verstärkt oder marginalisiert werden, ungeachtet dessen, auf wessen Boden sie operieren. Das Non-Profit-Establishment oder der Non-Profit-Industriekomplex sucht auch nach „sexy“ oder „förderungswürdigen“ Themen, um sie zu kooptieren und auszunutzen, wenn diese reif für die von ihnen begehrten Zuschussmittel sind. Zu oft konfrontieren Indigene Befreiungskämpfe für Leben und Land direkt das gesamte Gerüst, auf dem diese koloniale und kapitalistische Gesellschaft basiert. Dies ist bedrohlich für potentielle kapitalistische Geldgebende, so dass einige Gruppen gezwungen sind, radikale oder befreiende Arbeit für die Finanzierung zu kompromittieren, andere werden entfremdet und weiter unsichtbar gemacht oder dem Tokenismus [3] untergeordnet. Die Geldgebenden tauchen meist erst auf, wenn der Kampf bereits eskaliert ist und es schon ein wenig zu spät ist.

Sie schlagen fast immer Trainings, Workshops, Aktionscamps vor und bieten andere spezialisierte Expertise in Akten der Bevormundung an. Diese Leute bekommen in der Regel riesige Gehälter für ihren „professionellen“ Aktivismus, bekommen überhöhte Zuschüsse für Logistik und „organisatorischen Kapazitätsaufbau“, und Kämpfe können weiter als „Vorzeigekämpfe“ für ihre Geldgebenden ausgenutzt werden. Hinzu kommt, dass diese Skills höchstwahrscheinlich bereits in den Gemeinschaften vorhanden sind oder es sich um Tendenzen handelt, die nur noch in Gang gesetzt werden müssen.

Dies sind nicht nur Dynamiken, die von großen sogenannten Nichtregierungsorganisationen (NGOs) praktiziert werden, auch Einzelpersonen sind in dieser eigennützigen Taktik versiert.

Kooptation funktioniert auch als eine Form des Liberalismus. Allyship kann eine neutralisierende Dynamik aufrechterhalten, indem sie die ursprüngliche befreiende Absicht in eine reformistische Agenda umwandelt.

Bestimmte Leute in den Kämpfen (in der Regel „Persönlichkeiten“ aus der Bewegung), die den Status Quo des Ally-Establishments nicht umstoßen, können mit der Aufnahme in die Ally-Industrie belohnt werden.

„Selbsterklärte/konfessionelle Allies“

Allzu oft tauchen Leute mit einer „Ich bin hier, um dich zu unterstützen!“-Einstellung auf, die sie wie ein Abzeichen tragen. Letztendlich fühlen sich Kämpfe wie eine außerschulische Aktivität an, für die sie „Verbündetenpunkte“ bekommen. Selbstbehauptete Allies haben vielleicht sogar Antiunterdrückungsprinzipien und -werte als Schaufensterdekoration. Vielleicht hast du dieses Zitat von Lilla Watson auf ihren Materialien gesehen: „Wenn du hierher kommst, um mir zu helfen, verschwendest du deine Zeit. Wenn du kommst, weil deine Befreiung mit meiner verbunden ist, dann lass uns zusammenarbeiten.“ Sie sind bemüht, sich zu positionieren, aber ihre Handlungen stehen im Widerspruch zu ihren Behauptungen.

Sinnvolle Allianzen werden nicht aufgezwungen, sie werden vereinbart. Die selbsternannten Verbündeten haben nicht die Absicht, den Anspruch abzuschaffen, der sie gezwungen hat, ihre Beziehung denen aufzuzwingen, mit denen sie sich zu verbünden behaupten.

„Fallschirmspringende“

Fallschirmspringende stürmen scheinbar aus dem Nichts an die Frontlinien. Sie bewegen sich buchstäblich von einem heißen oder sexy Ort zum nächsten. Sie fallen auch unter die Kategorien „Retter_innen“ und „selbsternannte Allies“, da sie meist von spezialisierten Instituten, Organisationen und Think-Tanks kommen. Sie haben die Trainings, Workshops, Vorträge, etc. hinter sich, sie sind die „Expert_innen“ und wissen, „was das Beste ist“. Diese paternalistische Haltung ist implizit in den Strukturen (Non-Profit-Organisationen, Institute, etc.), von denen diese „Allies“ ihr Bewusstsein für die „Belange“ ableiten. Selbst wenn sie ihre eigene Non-Profit-Programmierung ablehnen, sind sie letztlich reaktionär und bevormundend oder positionieren sich mit Macht über diejenigen, mit denen sie sich verbünden wollen. Es ist eine strukturelle Bevormundung, die in derselben Herrschaft der hetero-patriarchalen weißen Vorherrschaft verwurzelt ist.

Fallschirmspringende sind in der Regel Missionar_innen mit mehr finanziellen Mitteln.

„Akademiker_innen & Intellektuelle“

Obwohl sie manchmal direkt aus den kämpfenden Gemeinschaften kommen, passen auch Intellektuelle und Akademiker_innen in all diese Kategorien. Ihre Rolle im Kampf kann extrem herablassend sein. In vielen Fällen halten Akademiker_innen die institutionelle Macht über das Wissen und die Fähigkeiten der Gemeinschaft(en) im Kampf aufrecht. Intellektuelle sind meist darauf fixiert, Unterdrückung zu verlernen. Diese Leute stehen im Allgemeinen nicht mit beiden Beinen auf dem Boden, sind aber schnell bereit, diejenigen zu kritisieren, die dies tun.

Wollen wir die Unterdrückung lediglich „verlernen“, oder sie in Stücke schlagen und ihre Existenz beenden?

Kompliz_innen als Akademiker_innen würden nach Wegen suchen, Ressourcen und materielle Unterstützung zu nutzen und/oder ihre Institution zu verraten, um Befreiungskämpfe zu fördern. Intellektuelle Kompliz_innen würden mit, nicht für diejenigen, mit denen sie sich verbünden, Strategien entwerfen und keine Angst haben, einen Hammer in die Hand zu nehmen.

„Gatekeeper_innen“

Gatekeeper_innen streben nach Macht über, nicht mit, anderen. Sie sind bekannt für die Taktik der Kontrolle und/oder des Zurückhaltens von Informationen, Ressourcen, Verbindungen, Unterstützung, etc. Gatekeeper_innen kommen von außen und von innen. Wenn sie entlarvt werden, sind sie in der Regel unwirksam (solange es wirksame Mechanismen der Accountability/Verantwortung gibt).

Gatekeepende Personen und Organisationen haben wie „Ally-Retter_innen“ auch die Tendenz, Abhängigkeit von ihnen und ihrer Funktion als Unterstützung zu schaffen. Sie haben die Tendenz, zu dominieren oder zu kontrollieren.

„Navigator_innen & Springer_innen“

„Navigierende“ Allies sind Leute, die mit dem Jargon vertraut sind oder sie beherrschen und sich durch Räume oder Kämpfe manövrieren, aber keinen sinnvollen Dialog führen (indem sie Debatten vermeiden oder schweigen) oder sinnvolle Aktionen jenseits ihrer persönlichen Komfortzone unternehmen (das gibt es auch bei ganzen Organisationen). Sie erhalten ihre Macht und damit die dominanten Machtstrukturen aufrecht, indem sie sie nicht direkt angreifen.

„Ally“ ist hier klarer definiert als der Akt, persönliche Projekte aus der Unterdrückung anderer Leute zu machen. Das sind Lifestyle-Allies, die so tun, als wäre passives Mitmachen oder einfach nur die richtige Terminologie zu verwenden, Unterstützung. Wenn die Scheiße losgeht, sind sie die ersten, die abhauen. Sie bleiben nicht da, um Verantwortung für ihr Verhalten zu übernehmen. Wenn sie damit konfrontiert werden, geben sie oft anderen die Schuld und versuchen, Bedenken abzutun oder zu delegitimieren.

Kompliz_innen haben keine Angst, sich auf unbequeme/herausfordernde Debatten oder Diskussionen einzulassen.

Springer_innen sind „Allies“, die von Gruppe zu Gruppe und von Thema zu Thema hüpfen, sich nie genug engagieren, aber immer wollen, dass ihre Präsenz spürbar ist und ihre Stimme gehört wird. Sie neigen dazu, zu verschwinden, wenn es darum geht, zur Rechenschaft gezogen zu werden oder die Verantwortung für beschissenes Verhalten zu übernehmen.

Springer_innen sind Leute, bei denen man sich darauf verlassen kann, dass sie den Cops sagen, dass sie sich verpissen sollen, sich aber nie auf ein gegenseitiges Risiko einlassen, ständig andere in Gefahr bringen, schnell autoritär werden, wenn andere ihre Privilegien überschreiten, aber nie ihre eigenen überprüfen. Sie sind im Grunde genommen Action-Junkie-Tourist_innen, die nie für den Preis, die Planung oder die Verantwortung aufkommen wollen, sondern immer als würdig angesehen werden wollen, weil sie „dabei waren“, als ein Stein geworfen oder ein Block gebildet werden musste.

Diese Dynamik ist auch wichtig, um sich der Bedrohung durch Infiltration bewusst zu sein. Provokateur_innen sind notorische Springer_innen, die von Ort zu Ort ziehen und nie für ihre Worte oder Taten verantwortlich sind. Unterwanderung muss nicht unbedingt vom Staat kommen, die gleichen Auswirkungen können auch von „gutmeinenden“ Allies ausgehen. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass das Ausrufen von Infiltrator_innen schwerwiegende Folgen hat und nicht ohne konkrete Beweise versucht werden sollte.

„Akte der Resignation“

Resignation von Handlungsmacht ist ein Nebenprodukt des Allyship-Establishments. Auf den ersten Blick mag diese Dynamik nicht problematisch erscheinen, denn warum sollte es für diejenigen, die von Unterdrückungssystemen profitieren, ein Problem sein, diese Vorteile und die damit einhergehenden Verhaltensweisen abzulehnen oder sich von ihnen zu distanzieren? In den schlimmsten Fällen agieren die „Allies“ selbst wie gelähmt und glauben, es sei ihre Pflicht „gute Allies“ zu sein. Es gibt einen Unterschied zwischen dem Handeln für andere, mit anderen, und für die eigenen Interessen.

Du würdest keine Kompliz_innen finden, die ihre Handlungsmacht oder Fähigkeiten als Akt der „Unterstützung“ aufgeben. Sie würden kreative Wege finden, ihr Privileg (oder deutlicher, ihre Belohnungen, Teil einer unterdrückenden Klasse zu sein) als Ausdruck eines sozialen Krieges zu bewaffnen. Andernfalls enden wir mit einem Haufen von Anarcho-Hipstern, während Saboteur_innen vorzuziehen wären.

Vorschläge für einige Wege nach vorne für antikoloniale Kompliz_innen

Allyship ist die Korruption von radikalem Geist und Vorstellungskraft, sie ist die Sackgasse der Dekolonisierung.

Das Ally-Establishment kooptiert die Dekolonisierung als ein Banner, das es auf seiner nicht enden wollenden Anti-Unterdrückungs-Gala schwenkt. Was nicht verstanden wird, ist, dass die Dekolonisierung eine Bedrohung für die Existenz der Siedler-„Allies“ selbst ist. Egal wie befreit du bist, wenn du immer noch indigenes Land besetzst, bist du immer noch ein_e Kolonisator_in.

Dekolonisierung (der Prozess der Wiederherstellung der Indigenen Identität) kann sehr persönlich sein und sollte vom antikolonialen Kampf unterschieden, aber nicht abgekoppelt werden.

Die Arbeit von Kompliz_innen im antikolonialen Kampf ist es, koloniale Strukturen & Ideen anzugreifen.

Der Ausgangspunkt ist, deine Beziehung zu den indigenen Völkern zu artikulieren, deren Land du besetzst. Dies geht über die Anerkennung hinaus. Dies kann für „nicht staatlich anerkannte“ indigene Völker besonders herausfordernd sein, da sie vom Staat und den Invasor_innen, die ihre Heimat besetzen, unsichtbar gemacht werden.

Es kann einige Zeit dauern, um Kommunikationswege zu ebnen, zumal einige Völker bereits gegenüber Außenstehenden misstrauisch sein können. Wenn du nicht weißt, wo oder wie du mit den Leuten in Kontakt treten kannst, solltest du ein wenig Vorarbeit leisten, recherchieren (aber verlass dich nicht auf anthropologische Quellen, sie sind eurozentrisch) und aufmerksam sein. Versuche, mehr zuzuhören als zu reden und zu planen.

In langfristigen Kämpfen kann die Kommunikation zwischen verschiedenen Fraktionen zerbrechen. Es gibt keine einfachen Wege, dies anzusprechen. Versuche nicht, die Situation auszubügeln, sondern kommuniziere offen unter Berücksichtigung der folgenden Punkte.

Manchmal sind andere indigene Völker „Gäste“ in der Heimat anderer, werden aber als indigene Vertretende für die „lokalen Kämpfe“ tokenisiert. Diese Dynamik verewigt auch den Siedlerkolonialismus. Viele Menschen gehen davon aus, dass indigene Völker „politisch“ auf einer Wellenlänge sind, aber das sind wir definitiv nicht.

Auch wenn es Zeiten gibt, in denen die Leute die Fähigkeit und die Geduld haben, dies zu tun, sei dir der Dynamik bewusst, die durch das Händchenhalten aufrechterhalten wird.

Verstehe, dass es nicht unsere Verantwortung ist, deine Hand durch einen Prozess zu halten, um ein_e Kompliz_in zu sein.

Kompliz_innen hören mit Respekt für die Bandbreite kultureller Praktiken und Dynamiken zu, die innerhalb verschiedener indigener Gemeinschaften existieren.

Kompliz_innen sind nicht durch persönliche Schuld oder Scham motiviert, sie mögen ihre eigene Agenda haben, aber sie sind explizit.

Kompliz_innen zu sein wird durch gegenseitiges Einverständnis realisiert und baut auf Vertrauen auf. Sie halten uns nicht nur den Rücken frei, sie sind an unserer Seite oder in ihren eigenen Räumen und konfrontieren den Kolonialismus. Als Kompliz_innen sind wir gezwungen, uns gegenseitig Rechenschaft abzulegen und Verantwortung zu übernehmen. Das ist die Natur des Vertrauens.

Warte nicht darauf, dass dich jemand zum_zur Kompliz_in erklärt und du kannst es sicher nicht für dich selbst behaupten. Du bist es einfach oder du bist es nicht. Die Linien der Unterdrückung sind bereits gezogen. Direkte Aktion ist wirklich der beste und vielleicht der einzige Weg, um zu lernen, was es heißt, ein_e Kompliz_in zu sein. Wir befinden uns in einem Kampf, also sei bereit für Konfrontation und Konsequenz.

Wenn du dich fragst, ob du dich mit einer Organisation einlassen oder sie unterstützen sollst

Sei misstrauisch gegenüber jeder Person und jeder Organisation, die sich zu Allyship und zur Dekolonisierungsarbeit bekennen und/oder ihre Beziehungen zu indigenen Völkern als Abzeichen tragen.

Nutze einige der oben genannten Punkte, um die primären Motive zu bestimmen.

Schau dir die Finanzierung der Organisation an. Wer wird bezahlt? Wie transparent sind sie? Wer legt die Bedingungen fest? Wer legt die Agenda fest? Stimmen die Kampagnen mit den Bedürfnissen vor Ort überein?

Gibt es lokale indigene Basisgruppen, die direkt an der Entscheidungsfindung beteiligt sind?

[1] Brocialismus und Manarchismus sind Oberbegriffe für Sexisten innerhalb der radikalen Linken und Antiautoritären. Sie werden insbesondere für diejenigen verwendet, die glauben, dass die Schaffung eines sozialistischen, marxistischen oder anarchistischen (Anti-)Systems unweigerlich zur Gleichstellung der Geschlechter führen wird und dass daher keine anderen Maßnahmen ergriffen werden müssen als die Zerstörung der durch die Klasse auferlegten Hierarchie.

[2] Sexploitation ist eine Wortkombination aus Sex und Exploitation (= Ausbeutung/Ausnutzung)

[3] Mit dem Begriff Tokenismus wird die Praxis kritisiert, lediglich symbolische Anstrengungen zu unternehmen, um Mitglieder einer gesellschaftlich marginalisierten Gruppe soziopolitisch gleichzustellen. Tatsächlich werde aber dem Gros der marginalisierten Minderheit(en) die Gleichbehandlung mit der Mehrheitsgesellschaft vorenthalten, ihre wenigen formell gleichberechtigten Vertretenden dienen als Tokens (Spielsteine, Marionetten, im übertragenen Sinne: Feigenblätter). Sie würden nach außen hin als „Aushängeschilder“ oder moralische Feigenblätter missbraucht.