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Anarchismus, gegenseitige Hilfe und Selbstorganisation: Vom George-Floyd-Aufstand bis zur indischen Bauernrebellion

Der folgende Essay untersucht die Explosion der Massenkämpfe in Indien unter der rechten Modi-Regierung und vergleicht sie mit dem George-Floyd-Aufstand in den Vereinigten Staaten, wobei er die Rolle hervorhebt, die gegenseitige Hilfe und Selbstorganisation in beiden Fällen gespielt haben.

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Griechenland: Thanatopolitik und der Fall von Dimitris Koufontinas

An einem warmen Tag im September 2002 erschien ein frisch rasierter Mann im Hauptquartier der Athener Polizei. Er trug ein schwarzes T-Shirt, auf dem in schlechter englischer Syntax ‚Charmy Hellas Greece‘ stand. Er ging langsam auf die Wache zu und verkündete: „Guten Tag, mein Name ist Dimitris Koufontinas und ich würde mich gerne stellen.“

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[Patriarchat und Geschlechteridentitäten Teil 6] Was ist Anarchafeminismus?

Der vorerst letzte Beitrag dieser Reihe kann vor dem Hintergrund der zuvor aufgeworfenen Fragen vielleicht als eine Anregung für die Entwicklung eigener Kämpfe gegen Patriarchat und Geschlecht verstanden werden.

Verfasst von freek, entnommen aus dem Archiv vom schwarzen Pfeil


Anarchafeminismus ist Anarchismus.

Anarchafeminismus steht jeder Form der Herrschaft feindlich gegenüber.

Anarchafeminismus richtet seinen Augenmerk auf die Formen der Herrschaft, die auf der Konstruktion einer Zweigeschlechtlichkeit und eine Normativierung von Sexualität basieren.

Anarchafeminismus beschäftigt sich mit Herrschaftsbeziehungen innerhalb unserer zwischenmenschlichen Beziehungen – seien es die Ehe, Heteronormativität, Toxische Männlichkeit oder die Herrschaft der Bezugspersonen über die sich unter ihrer Obhut befindenden Kinder.

Anarchafeminismus analysiert Geschlechterrollen und -bilder und wie diese sich herrschaftlich im zwischenmenschlichen Umgang auswirken.

Anarchafeminismus steht in Feindschaft gegenüber jeglichen Versuchen der Kontrolle und Herrschaft über den eigenen Körper.

Anarchafeminismus kämpft weder für das Verbot von irgendetwas noch für die Abschaffung dieses oder jenes Gesetzes.

Anarchafeminismus betrachtet die Justiz und den Staat an sich als patriarchal und damit als Feind – und nicht als Partner*innen im Kampf für mehr Gleichberechtigung.

Anarchafeminismus will keine Menschenrechte – Anarchafeminismus will den Begriff von „Recht“ zerstören.

Anarchafeminismus will weder die Herrschaft von Männern über Frauen noch die von Frauen über Männern noch von irgendwem anders über irgendwen – Anarchafeminismus will keine Herrschaft von Menschen über Menschen.

Anarchafeminismus braucht keine Allies – sondern Kompliz*innen im Kampf gegen jede Herrschaft.

Anarchafeminismus hält nichts von Politik, denn Politik ist das Entscheiden über die Köpfe anderer hinweg, ist symbolisches statt direktes Handeln.

Anarchafeminismus ist egoistisch – denn im Anarchafeminismus handeln nur Individuen.

Im Anarchafeminismus wird niemand geopfert und opfert sich niemand – weder für eine „Idee“ noch für jemand anderes.

Anarchafeminismus lehnt es ab „Diskriminierungen“ zu bekämpfen. Denn „Diskriminierungen“ lassen das Prinzip von Herrschaft intakt.

Anarchafeminismus kämpft nicht um die Befreiung einer bestimmten Gruppe – sondern für die Befreiung aller Menschen von jeglicher Form von Herrschaft.

Anarchafeminismus ist feindlich gegenüber jeder Form normativen Denkens – denn jede Norm ist Herrschaft.

Anarchafeminismus ist verdammt wütend und er rächt sich – auch in Form gewaltvollen Widerstands.

Anarchafeminismus will nichts reformieren. Er will zerstören. Und in den Trümmern der alten Welt ein herrschaftsfreies Miteinander finden.

[Patriarchat und Geschlechteridentitäten Teil 5] Sicherheit ist eine Illusion

Und noch einmal lohnt es sich, auf das Konzept des Safe-Spaces zurückzukommen. Während sich in den Konzepten Community Accountability und der hießigen Awareness Strategien zur Bekämpfung von Übergriffen zunehmend institutionalisieren, wird dabei oft die Frage danach zurückgestellt, inwiefern diese Institutionen überhaupt in der Lage sind, Unterstützung zu bieten. Ihre Infragestellung ist häufig ein Sakrileg und wird nicht selten „bestraft“ bzw. sanktioniert, als wäre die jeweils Kritik übende Person selbst übergriffig gewesen. Dabei mehren sich mit der Institutionalisierung von Safe-Spaces, die vor allem auf dem Papier, das sie proklamiert, zu bestehen scheinen auch die offensichtlichen Fälle des Missbrauchs. Es ist unbequem darüber zu sprechen, aber doch gibt es unzählige Fälle in denen Menschen alleine in den letzten Jahren fälschlicherweise und wie sich im Nachhinein manchmal herausstellte sogar mit bösartiger Absicht beschuldigt wurden, Täter*innen gewesen zu sein. Dieser Missbrauch entsprechender Safe-Space-Institutionen höhlt dieses Konzept so sehr aus, dass man es kaum wagt, diese Fälle in einer Offenheit zu diskutieren, mit der man sonst tatsächliche oder vermeintliche Täter*innen benennt. Da stellt sich die Frage: Inwiefern sind es nicht diese Safe-Space-Institutionen oder gar der Gedanke eines Safe-Spaces, die diese „Machtmissbräuche“ bedingen?

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