Es wird der Tag kommen, an dem ein verdienter Sturm des Himmels über Rom hereinbricht. Ihr werdet geplündert und zerstört werden und jammernd und zähneknirschend werdet ihr bezahlen.
– Orakelspruch aus den Sibyllinischen Büchern –
Ich denke in diesen Zeiten ist es wichtig und inspirierend, sich an den Untergang Roms als Parabel und Analogie zu erinnern. Rom wird als die größte altertümliche Zivilisation betrachtet. Seine Errungenschaften sind ebenso gefeiert wie die sogenannten Fortschritte dieser Zivilisation auf Kosten der Welt herausposaunt werden. Von Beginn an wurde das römische Imperium durch Unterwerfung und mit Waffengewalt errichtet. Es war rücksichtslos in seiner Gier nach Macht und „unersättlich in seinem Ehrgeiz“, beides prägende Merkmale, die charakteristisch für jegliche Zivilisation sind. Rom war ein imperialistisches Reich, wie sie es alle sind, das einen großen Teil der ihm bekannten Welt kontrollierte und durch Unterwerfung und Kolonisierung kontinuierlich expandierte. Das Imperium sammelte gigantische Armeen von Sklav*innen an, die nötig waren, um das Monster zu erschaffen, und auf deren Rücken das Reich gegründet wurde. Aber die versklavten und erniedrigten Barbaren waren dessen überdrüssig. Während Rom seine Kriege der Unterwerfung führte, erschütterten Rebellionen das Imperium und forderten beständige Repression.
Ich mache allerdings keine Unterscheidung zwischen verschiedenen oder eigenständigen Zivilisationen. Es gibt verschiedene Kulturen und Gesellschaften, verschiedene Varianten, aber nur eine Zivilisation. All die zivilisierten Gesellschaften der letzten 10.000 Jahre sind alle Teil desselben Monsters, der gleichen Pathologie. Ich gebrauche Rom nur als Beispiel, da es zu seiner Zeit das entsetzlichste Beispiel für die Zerstörungskraft der Zivilisation war.
Wie die USA rief Rom extreme Verachtung bei seinen Nachbar*innen und Kolonien hervor. Auf der Höhe seiner imperialien Macht erreichte das Römische Imperium auch den Höhepunkt seines Missfallens. Feindseligkeit brodelte in der Peripherie. Die Menschen wurden durch die Kolonisation Roms nicht nur entmündigt, sondern auch die römischen Beamten, die ihren Reichtum zur Schau stellten, riefen Verachtung und Neid hervor. Die Römer stellten ihre Machtentfaltung immer pompös zur Schau. Sie fuhren in vergoldeten Streitwägen durch die Straßen, mit Gewändern, in die Gold gewebt war, schmissen üppige Gelage, bei denen sie den Exzess feierten. Amerikaner*innen fahren in ihren SUVs umher, mit Diamantringen und verrückten Klamotten, alles aus der Sklav*innenarbeit ihrer Kolonien stammend. Amerikaner*innen besetzen und ermorden Menschen überall auf der Welt und bringen dann ihre Reichtümer und Ressourcen zurück in US-Firmen. Das macht es den Menschen unmöglich, sich mit dem, was übrig bleibt, selbst zu versorgen und unfähig eigenständig zu leben und zwingt sie so in eine Abhängigkeit vom Kolonisator. Und wir wundern uns darüber, warum wir verhasst sind? Wir, die Römer, leben im Überfluss der blutbefleckten, gestohlenen Reichtümer unserer eroberten und kolonisierten Opfer.
Ich habe nicht ein Körnchen Vertrauen in die Zukunft der „Zivilisation“. Ich weiß nun, dass sie zur Zerstörung verdammt ist – vermutlich schon seit Langem. Was für eine Freude ist es und wie oft ist es mir Trost daran zu denken, das die Barbarei einmal mehr die Welt überschwemmen wird, mit echten Gefühlen und Leidenschaften – wenn auch unentwickelt – und diese den Platz unserer erbärmlichen Heucheleien einnehmen werden.
– William Morris –
Es sollte keine Überraschung sein, dass der lokale römische Statthalter, der seinen Reichtum auf den Straßen zur Schau stellt, den Hass weckt, der sich gegen die Herrscher und Regenten richtet und gegen alles, was sie repräsentiert. Eine spätere Konsequenz davon war, dass die zivilisierten Herrscher*innen der Menschen, die Rom kolonisiert hatte, eifersüchtig wurden und forderten, dass Rom seinen Reichtum teile. Das bewegte verschiedene solcher nicht-römischen Herrscher, die als Barbaren bezeichnet werden, und die nun so zivilisiert waren wie jeder römische Statthalter, gegen Rom zu revoltieren und es anzugreifen, um einen Anteil seiner Beute zu fordern. Entsprechend verhielt es sich mit der berühmten barbarischen Gruppe, die Rom im Jahre 410 plünderte, was angeblich den Niedergang des Römischen Imperiums einleitete. Der Anführer dieses gallischen Stammes, Alaric, war ein Intellektueller, ein durchweg zivilisierter Mann, der in all den klassischen Werken belesen war, der fließend Latein sprach und ein großer Bewunderer Roms war.
Er genoss den Respekt römischer Beamter und wurde von diesen als nobel betrachtet. Er war der Meinung, dass er und seine Leute ein Stück vom Kuchen der Reichtümer Roms verdient hätten. Also befahl er seinen Armeen, Rom aus dem Norden anzugreifen und stieß überraschenderweise auf nur geringen bis gar keinen Widerstand. Seine Streitkräfte wurden zum Teil regelrecht willkommen geheißen, da die armen Städte/Kolonien Roms sich auf seine Seite und die seiner Armee stellten, in der Hoffnung, sich eine Atempause von der unterdrückenden römischen Herrschaft zu verschaffen. Er legte den ganzen Weg bis zur Stadt Rom zurück und forderte ein großes Lösegeld aus Gold, Silber, Früchten und Eisen, doch sein Protest blieb unerhört. Seine Streitkräfte wurden außerhalb der verteidigten Stadt in Schach gehalten, bis Sklaven in Rom die Tore öffneten und die Barbaren herein ließen.
Es war für unmöglich gehalten worden, dass die Stadt Rom im Herzen des Imperiums angegriffen und zerstört werden könnte. Die Römer*innen hielten die Hauptstadt für unantastbar und hätten niemals angenommen, dass sie verwundbar sein, oder selbst zu Opfern werden könnten. Der Angriff öffnete Rom die Augen für die Bedrohung, die seine grausame Politik kreierte. Dieser Angriff war ein Vorzeichen der Katastrophe.
Zusammen mit Rom wuchs auch der weltweite Hass gegen es. So wie es Amerikaner*innen heute ergeht, schlug auch Rom wachsende Feindschaft vom Rest der Welt entgegen, die es beherrschen wollte. Vor dem 11. September war die anti-amerikanische Stimmung auf einem nie dagewesenen Höhepunkt gewesen. Durch den linkischen Marionettenherrscher Amerikas, dem Sohn eines ehemaligen Diktators, der für seine eigene blutige Herrschaft gehasst wurde, wurde die Arroganz und Brutalität Amerikas zum Vorschein gebracht und es fiel leichter, es als das, was es war, zu erkennen.
Amerikas Blockade des Kyoto-Protokolls, eines weltweiten Versuchs, die industriellen Emissionen von Treibhausgasen zu verlangsamen (eine kläglicher liberaler Reformversuch, um Legalisierungstechniken zu nutzen, die industrielle Zerstörung des Planeten zu stoppen), ließ den den weltweiten Frust gegen die imperiale Macht, die das Leben auf der Erde in den Abgrund führt, auf ein hohes Niveau ansteigen. Vertuschungsaktionen der USA und die Unterstützung skrupelloser Diktatoren hatten uns den Ruf brutaler Lehnsherren eingebracht und seit Jahren eine große Ablehnung Amerikas verursacht. Entsprechend schufen die militärischen Eroberungen Roms Feinde Roms, die in ihrer Zahl wuchsen, während die Eroberungen weiter gingen. Diese Menschen setzten sich zur Wehr, führten mehr und mehr Angriffe gegen das üble Imperium. Der Widerstand gegen Rom wurde erfolgreicher, als die barbarischen Soldaten, die gezwungen worden waren, in der römischen Armee zu dienen, in ihre Heimat zurückkehrten und ihr neues militärisches Wissen gegen den Kolonisator anwandten, von dem sie es gelernt hatten.
Die Natur selbst schien sich gegen das Imperium verschworen zu haben.
Andere beachtenswerte Ereignisse brachten Rom seinem Untergang näher. Rom hatte noch andere Rechnungen zu begleichen. Was Rom tat, fiel gnadenlos auf es zurück; In Form von verschiedenen Angriffen und Überfällen, Revolten, Aufständen und Machtkämpfen. Aber sie kamen auch aus der Natur, die Rom über ihre Grenzen hinaus ausgebeutet hatte. Es war Zeit für Rom die Schulden zurückzuzahlen, die es bei der Umwelt aufgenommen hatte. Die Aquädukte, die als technologisch so fortgeschritten verkauft werden und die Rom so großen Respekt seitens der modernen Zivilisation einbrachten und es von der Geschichte abhoben, trockneten die Wasserreservoirs aus, die einst seinen diabolischen Durst gelöscht hatten. Diese Wasserquellen, die es so vielen erlaubt hatten, sesshaft zu leben, in so unnatürlich großer Anzahl, zusammengeballt in Städten aus getrockneter Erde, versiegten letzten Endes und tränkten den verrückten Moloch nicht länger. Der natürliche Grundwasserspiegel war gesunken und die Ökosysteme, die durch ihn gediehen, wurden zerstört.
Die Straßen, für die Rom berühmt ist, zerstörten Ökosysteme überall in seinem Imperium. Diese Straßen ermöglichten den einfachen Transport von Personen und Militär, Handel und die alltägliche Verwaltung des Imperiums. Sie zerteilten intakte Ökosysteme, zerrissen die Lebensräume von Tieren und schufen künstliche Grenzen, die das grundlegende tierische Verhalten beeinträchtigten. Zusätzlich schufen sie Probleme beim Abfluss des Wassers und Erosionen. Die Straßen, die Roms Wachstum sowie die Aufrechterhaltung des Imperiums ermöglichten, trugen zu einer ökologischen Katastrophe bei.
Wahrhaft, das Erbe Roms ist eine Wüste. Es holzte die Wälder in seinen Kolonien ab, ebenso wie die eigenen. Die Berührung der Zivilisation zerstört die Natur, wo auch immer sie stattfindet. Überjagung und landwirtschaftliche Unterfangen, die gewaltige Bevölkerung zu ernähren, zerstören die „natürlichen Ressourcen“ (eine zivilisatorische Bezeichnung für Pflanzen und Tiere). Bodenerosionen und Versalzung durch die Landwirtschaft führten manchmal zu Versorgungsproblemen bei der Ernährung der Bevölkerung und sie trugen auf lange Sicht zum Kollaps des Imperiums bei.
Worte können nicht beschreiben, wie verbittert wir unter ausländischen Völkern verhasst sein werden, wegen der abscheulichen Führung durch die Männer, die wir gesandt haben, um sie zu regieren. All die Provinzen beschweren sich über die römische Gier und die römische Ungerechtigkeit. Ich erinnere euch, meine Herren, Rom wird nicht in der Lage sein, gegen die ganze Welt standzuhalten. Ich meine nicht gegen ihre Macht und Waffen im Krieg, sondern gegen ihr Stöhnen, ihre Tränen und ihr Wehklagen.
– Cicero –
Rom war das größte Imperium der Welt, weil es sich immer weiter ausbreitete. Es wuchs, um all das Land um das Mittelmeer in Afrika, dem mittleren Osten und bis zum Kaspischen Meer zu umfassen. Es dehnte sich weit in Richtung Norden aus, über Frankreich bis tief nach England hinein. Es wuchs zu einer solchen Größe an, dass es selbst mit seinen zahlreichen Tentakeln nicht in der Lage war, die Kontrolle zu behalten. Das Imperium war unverwaltbar geworden. Seine Armeen konnten nicht überall gleichzeitig sein und brauchten zu lange, um das Imperium zu durchqueren, wenn das erforderlich war. Es wurde unmöglich, die Ordnung so weit entfernt von der Hauptstadt aufrecht zu erhalten.
Rom als eine große und komplexe Gesellschaft besaß eine große Bürokratie. Bürokratien reproduzieren sich selbst und wachsen immer weiter an. Schließlich wuchs die Bürokratie so sehr an, dass sie unverwaltbar wurde, sie wurde zu schwergewichtig und brach unter ihrer eigenen Last zusammen. Nahrung und Nachschübe zu den Streitkräften an der Front zu befördern wurde immer schwieriger, als sich die Frontlinien weiter nach außen bewegten. Befehle brauchten zu lange, um in die entlegenen Ecken des Imperiums zu gelangen und direkte Kontrolle wurde unmöglich. Als Rom fiel, führte es Krieg an allen Ecken, verteidigte all seine Grenzen. Parallel beobachten wir einen Anstieg der Angriffe gegen Amerika und seine Symbole und Monumente der Macht.
Ich denke etwas, das nicht unerwähnt bleiben sollte, sind die Sklav*innenaufstände in Rom. Roms Sklav*innen überstiegen die Zahl seiner Bürger*innen in einigen Regionen im Verhältnis 2:1, was einer großen Aufmerksamkeit bedurfte, um sie unter Kontrolle zu halten. Sklav*innen wurden von der Aristokratie gefürchtet, die wussten, dass, wenn sie die Chance dazu hätten, viele von ihnen ihre Kehlen im Schlaf aufschlitzen würden. Die Wahrheit dieser Situation spiegelt sich in dem alten Sprichwort „Jeder Sklave ist ein Feind“ wider, das zeigt, dass die Römer wussten, dass sie von ihren Sklav*innen verachtet wurden.
Natürlich waren große Faktoren des Zusammenbruchs Roms seine Machtkämpfe. In der späten römischen Geschichte teilte sich das Imperium in den Ost- und den Westteil auf. Es lohnt sich zu bemerken, dass es in einem dieser Machtkämpfe war, dass der Kaiser Konstantin Berichten zufolge eine Vision von einem brennenden Kreuz im Himmel hatte, zusammen mit den Worten „In hoc signo vinces“, „Dieses Zeichen wird dir den Sieg bringen“. Er ließ das Kreuz auf die Schilde seiner Armee malen und war in einer blutigen Schlacht vor den Toren Roms siegreich gegen seinen Machtrivalen. Dies war der erste Kampf einer langen Serie von Kämpfen um Macht unter diesem Zeichen, dem Kreuz. Als seine Armeen gesiegt hatten, konvertierte er zum Christentum und erklärte es zur rechtmäßigen Religion in Rom und verschaffte ihm damit die benötigte Legalität und den Schub, den dieses brauchte, um zur Macht zu gelangen und zu dem Akteur der Zerstörung zu werden, der es werden würde. Davor war das Christentum eine kleine, unbeliebte Sekte gewesen. Dieser Schachzug, es zu legalisieren, verhieß nicht nur eine Katastrope für die Welt und ihre Zukunft, sondern auch für Rom selbst.
Der größte Beitrag des Christentums zum Niedergang Roms war die Rolle, die es in der bürokratischen Trennung zwischen dem Ost- und dem Westreich spielte. Teil der Gründe, aus denen Konstantin die Hauptstadt nach Konstantinopel verlegte, war, dass Rom noch immer hauptsächlich heidnisch und nicht christlich war. Die Teilung in zwei Reiche, tatsächlich durchgeführt durch Diokletian, war ein Versuch, den Zerfall des Imperiums zu stoppen. Die Teilung beschleunigte den Kollaps, weil sie eine große Zahl zusätzlicher Regierungsbeamter und Bürokratien schuf. Das kam zusätzlich zu der schweren Inflation, die auf dem Imperium lastete. Das war möglicherweise das einzige Mal in der Geschichte, dass christliche Missionar*innen und Zeloten der Zivilisation schadeten, anstatt sie zu verbreiten.
Es dauerte nicht lange, bis das Christentum die ersten asketischen Mönche hervorbrachte, was keine Überraschung ist, wenn man betrachtet, dass in dieser neuen Religion das Leiden ein Zeichen von Heiligkeit war. Sie praktizierten Enthaltsamkeit und eine strenge Entsagung der Leidenschaften. Das zähmte wirkungsvoll das Verlangen und den Instinkt. Das Christentum verkörperte direkt die Werte der Zivilisation. Konstantin nutzte das Christentum später, um das Reich zu vereinen, weil es die Werte predigte, auf denen die Zivilisation basiert: Gehorsam, Disziplin und Monotheismus. Konstantin regierte mit absoluter Macht und sah sich selbst als dreizehnten Apostel. Schon bald gab es mehr als 60 Dekrete, die andere Religionen ächteten, und das Christentum verlor keine Zeit, die repressiven Praktiken zu entwickeln, die es in den folgenden Jahren berühmt machen würden.
Das Westliche Römische Imperium mit seinem Zentrum in der ursprünglichen Hauptstadt, in Rom, zerfiel zuerst im Jahre 476, einige Jahrhunderte später folgte das Oströmische Reich, das zunächst degenerierte und dann als Teil des Byzantinischen Reichs wiederauferstand.
Solange das Kolosseum besteht,
– Lord Byron –
soll auch Rom bestehen;
Wenn das Kolosseum fällt,
soll auch Rom fallen;
Und wenn Rom fällt
dann die Welt mit ihm.
Während ihre Welt im Chaos versank, wuchs der Durst der Römer nach makabrer Ablenkung. Rom feierte sein Jubiläum und seinen Sieg über Rumänien auf die passendste Weise, mit 117 blutigen Tagen anhaltender Gladiatorenspiele im Kolosseum, wobei 9000 Gladiatoren starben und unzählig mehr Tiere abgeschlachtet wurden, während die Barbaren gegen die Stadtmauer hämmerten und Rebellionen in den Provinzen ausbrachen. Tatsächlich war Ablenkung ein wesentliches Merkmal Roms. In der Absicht, sich selbst abzulenken, bemerkten die meisten Römer „das um sie herum zusammenbrechende Sozialgefüge nicht“. Die Römischen Herrscher lernten schon früh, wie wichtig Beschwichtigungspolitik und Ablenkung für die Kontrolle der Menschen waren. Roms effizientestes Mittel dafür waren „Brot und Spiele“. Mit dem Programm „Brot und Spiele“ gab die Regierung den Menschen, was sie wollten, um sie bei Laune zu halten. Die römische Regierung gab Essen an die Armen aus, um diese zufrieden zu stellen, eine tägliche Essensration und ein kleines Taschengeld, und bot verschwenderische Unterhaltung, um ihre Aufmerksamkeit zu binden.
Die großen Gladiatorenspiele Roms waren Teil von Roms Methoden die Menschen abzulenken und zu kontrollieren. Selbst die ärmsten Menschen konnten schließlich auf diejenigen herabblicken, die im Kolosseum bestraft wurden. Diese Spiele und Wettkämpfe erfüllten denselben Zweck, den heute das Fernsehen erfüllt. Die meisten Kaiser gaben große Summen des Staatsbudgets aus, um die Menschen bei Laune zu halten. Das Kolosseum selbst wurde als Geschenk an die Bevölkerung errichtet und der Eintritt war frei. Es war ein Versuch, die Menschen zu bestechen. Die Veranstaltungen waren übertrieben spektakulär. Die Gladiatoren – das stammt vom Wort gladus für Schwert – unternahmen große Anstrengungen, um die Menge bei Laune und abgelenkt zu halten. Die Gladiatoren kämpften so dramatisch wie nur möglich, um das Spektakel zu vergrößern, beispielsweise indem sie mit ihren Waffen extra weit ausholten, obwohl das nicht nötig war.
Man kann leicht sehen, wie wichtig die Spiele für die Herrscher waren; es gab ein Amphitheater in jeder römischen Stadt. Tatsächlich galt ein Amphitheater als notwendig für jede römische Stadt, zusammen mit einem Marktplatz, einem Theater und einem Gericht. Das Wort Kolosseum selbst kommt von dem Wort Colossus. Die berühmte Arena wurde eigentlich während des Mittelalters Kolosseum getauft, nach der kolossalen Statue von Nero, die neben ihm stand. Ihr eigentlicher Name zur Zeit ihrer Nutzung war der flavische Begriff Amphitheater.
Das Kolosseum bot 60.000 Zuschauer*innen Platz, mehr als die meisten modernen Stadien. Das Amphitheater in der Stadt Pompeji bot Platz für 5 mal so viele Besucher*innen wie Bewohner*innen der Stadt. Aber die immense Popularität dieser Form der Ablenkung wird am Besten durch die Größe des Circus Maximus deutlich. Der Circus Maximus war die ringförmige Rennstrecke, ebenfalls in der Stadt Rom, auf der die Streitwagen-Wettrennen ausgetragen wurden. Sie bot Platz für 200.000 Zuschauer*innen!
Tiere wurden in den Kolosseumskämpfen exzessiv eingesetzt. Die Tiere waren da, um bewundert zu werden, um gefürchtet zu werden, um beherrscht und getötet zu werden. Sie waren wilde, bezaubernde Anblicke von jenseits der Herrschaft der Zivilisation, gefangen an deren Rändern. Die Grenzen hatten sich so weit nach außen verschoben, dass der*die durchschnittliche Römer*in kaum in Kontakt mit dem Anderen, dem Wilden kam. Wenn also exotische Tiere von den entfernten Feldzügen Roms mit zurückgebracht wurden, boten sie eine einmalige Chance, diese Neuheiten zu bestaunen. Es scheint, dass die Tiere Wildheit als Ganzes verkörperten. Das Szenario im Kolosseum wurde entsprechend verändert, so dass es die Welt, aus der das Tier stammte, nachbildete, um die Jagd nachzuspielen. Dies wurde getan, um den Prozess der Eroberung des Wilden nachzubilden, das Ritual der Zivilisation.
Die Massen hatten so einen Hunger nach exotischen Tieren, dass viele der Tiere, die für die Kolosseumsspiele genutzt wurden, bis zu ihrem Aussterben gejagt wurden. Eine ganze Spezies Afrikanischer Elefanten war eine unter vielen anderen, die in den Spielen eingesetzt und ausgerottet wurde. In einem humoristischen Brief schreibt Cicero über den Mangel an wilden Tieren in der Provinz, von der er der Gouverneur war, die gefangen werden könnten: „Es gibt eine bemerkenswerte Knappheit an Tieren und nur wenige „dieser Panther“ sind verblieben.“ Der Gestank des Todes im Kolosseum wurde so überwältigend, dass sie versuchten, ihn mit einem System an Sprinkelanlagen, das Parfüm im Stadion aussprühte, zu überdecken. Mich erinnert das an die Vielzahl von Wegen, auf die der Gestank des Todes, den die Zivilisation mit sich bringt, überdeckt oder ignoriert wird.
Eine interessante Analogie zwischen der römischen Kultur und der amerikanischen ist, dass die Gladiatoren wie Sportstars heute betrachtet wurden. Sie wurden von Kindern verehrt und man fand einige kleine Spielzeuge von Gladiatoren. Viele Statuen berühmter Gladiatoren hatten Darstellungen von wilden Tieren anstelle ihres Penisses und versinnbildlichen so die Verbindung von Patriarchat, Herrschaft und Eroberung.
Tacitus sagte im 2. Jahrhundert,
Raub und Mord werden unter dem Namen Imperium verborgen.
Mit Rom wuchs auch die Kluft zwischen Arm und Reich. „Eine grausame Ungleichheit, die das Imperium bis zu ihrem endgültigen Ende verfolgte.“ Rom boomte durch die Beute aus Kriegen und von der Natur. Wenn du reich genug warst, um es zu genießen, war das Leben in Rom tatsächlich so, wie es uns berichtet wird. Aber für die meisten war es ein Leben des Elends. Die Trennung zwischen den Klassen wurde strikt gezogen und die Feindschaft zwischen den Klassen war heftig. Es gab zwei Hauptklassen, die plebejische Klasse, die hauptsächlich aus römischen Bauern und den Armen bestand, und die Klasse der Patrizier, die die hochrangigen Adligen waren. All die Beamten in Rom stammten aus der Klasse der Patrizier. Die reichsten von ihnen waren so wohlhabend wie das Imperium selbst, aber die meisten Einwohner*innen wurden in kleine mehrstöckige Appartements gepfercht. Hinter dem Prunkviertel des Forums, wo sich der Senat traf, waren gewaltige Areale überfüllter Slums.
Die Expansionskriege hatten Reichtum und Sklaven gebracht. Alleine bei der Eroberung Karthagos wurden eine halbe Million Sklaven gefangen genommen. 10.000 Sklaven erreichten Rom pro Tag über dessen Haupthafen. Zu Hochzeiten war eine von drei Personen in Rom ein*e Sklav*in. Bis zum 5. Jahrhundert vor Christus war Rom übersät mit Familienfarmen, aber kleine Familienfarmen wurden von den großen Gutshöfen verdrängt, die sich entwickelten und die fortan die Landschaft dominierten. Die kleinen Bauern konnten mit den großen Betrieben nicht konkurrieren, die sich der Sklav*innenarbeit bedienten. Auch passierte es, dass Bauern von ihrem militärischen Pflichtdienst zurückkehrten und ihr Land von Aristokraten aufgekauft oder gestohlen vorfanden.
Schon bald wurden die Bauern verdrängt und zogen in die Städte, wo sie eine neue urbane Unterklasse bildeten. Dadurch wuchs die Stadt Rom auf sieben Millionen Einwohner an, zur größten Stadt in Europa bis zur industriellen Revolution. Jobs waren keine verfügbar, weil die große Sklavenpopulation alle nötigen Arbeiten verrichtete. Aber tausende hungriger Bürger*innen wären eine Bedrohung für den Frieden in der Stadt gewesen. Also startete die Regierung ein Programm, um die Armen zu ernähren, das „Dole“ [dt. etwa „Arbeitslosengeld“, „Spende“] genannt wurde und aus einer täglichen Essensration und ein wenig Taschengeld bestand. Schon bald bekam die Hälfte der Menschen in den Städten diese Getreidespende. Ein Viertel des Getreides aus Afrika wurde an die Armen Roms verteilt. 70-80% der Bevölkerung lebte von einem Quäntchen.
Unsere Geschichte steigt nun von einem Königreich des Goldes hinab zu einem des Eisens und des Rosts.
– Eutropius, Römischer Historiker gegen Ende des 3. Jahrhunderts –
Es ist äußerst interessant, dass Rom engültig wegen der Zivilisation selbst fiel. Tatsächlich führte eine der wichtigsten Grundlagen der Zivilisation zu seinem Zusammenbruch. Die charakteristische Eigenschaft der Zivilisation ist die Verdrängung. Von den chinesischen Grundbesitzern hinausgeworfen, hatten die Hunnen keine andere Wahl, als nach Westen zu ziehen. Und wie sie sich bewegten, drängten sie alle Stämme auf ihrem Weg ebenfalls nach Westen. Dieser Kreislauf der Verdrängung setzte sich fort und viele Gruppen wurden so weit nach Westen gedrängt, wie sie gehen konnten und wurden gegen die östlichen Grenzen Roms gedrängt. Sich ausbreitende Zivilisationen anderswo verdrängten die berühmten Barbaren, die Rom in den letzten paar Jahrhunderten angriffen.
Von 235 bis 285 markierten eine heftige Epidemie, die sinkende Versorgung mit Getreide und die Invasionen der Barbaren den Beginn des Niedergangs des Römischen Reichs. Der letzte Kaiser, Romulus Augustulus, wurde vom Thron gestürzt. Es ist sehr interessant, dass der erste, ebenso wie der letzte Kaiser Roms Romolus hießen. Der erste Präsident der Vereinigten Staaten hieß George, der derzeitige Präsident heißt ebenfalls George … Könnte er ebenfalls der letzte sein? [1]
Der Fall Rom war ein großartiges Ereignis. Ein Anlass zum Feiern, da es der Zusammenbruch dessen war, was zu dieser Zeit die zerstörerischste, entfremdendste und brutalste Gesellschaft war. Rom fiel langsam über einen Zeitraum mehrerer Jahrhunderte. Die Zivilisation kollabiert stets degenerierend. Manchmal langsam, manchmal im Einklang mit einer ökologischen Katastrophe und einem sozialen Zusammenbruch. Auch Amerika bricht zusammen. Aber Amerika ist ein viel größeres Imperium als es Rom war und all seine Laster, Gewohnheiten, Hierarchien und Ausbeutung übertreffen Rom in ihrer Zerstörungskraft. Seine Obsession für die ökologische Zerstörung macht das moderne techno-industrielle Imperium umso mehr anfällig.
Der Niedergang Roms sollte lehrreich sein. Die Verachtung, der Neid und Hass seiner Unterdrückten und Kolonisierten, die Zerstörung seiner ökologischen Grundlagen, sein zu ausgedehntes Imperium und die erdrückende Bürokratie, all das trug zu seinem Niedergang bei. Ich behaupte, dass die moderne Zivilisation selbst Rom in all diesen Bereichen übertroffen hat. Die einzige Sache, die diese Leiche noch am Leben hält, ist ihre Fähigkeit, jeder bisherigen Form der Zivilisation überlegen, ihre Subjekte durch Überdomestizierung davon zu überzeugen in sie zu vertrauen und auch mehr und mehr technologische Fortschritte zu erreichen, die ihre verfaulenden Systeme am Leben halten. Die technologische Medizin half dabei die Vielzahl an Krankheiten zu bekämpfen, die die Bürger*innen der industrialisierten Zivilisation befallen und diese sicherlich bereits beendet hätten und sie dennoch in die Knie zwingen werden. „Fortschritte“ in der Landwirtschaft wie die Vergiftung des Landes und Wassers mit Düngemitteln und die Domestizierung und Manipulation der Gene, die die Essenz des Lebens ausmachen, haben es ermöglicht, überbevölkerte menschliche Städte mit einer nicht nachhaltigen Nahrungsmittelquelle zu ernähren, die schnell zusammenbricht. Die Liste könnte endlos fortgesetzt werden. Ohne dieses technologische Flickwerk hätte die Zivilisation längst geendet, wie es sich gehört, aber bislang ist nichts davon irgendetwas anderes als eine Symptombekämpfung, deren oberflächliche Lösungen scheitern und ihr glänzendes Image verlieren werden. Also ja, diese Todesmaschine, die die westliche Zivilisation ist, wird schließlich kollabieren, es ist nur eine Frage der Zeit.
Königreiche gehen unter, Städte versinken
– Florent Schoonhoven –
Und von dem, was einst Rom war,
bleibt nichts als ein leerer Name.
Nur die Berühmtheit und Ehre dieser Dinge,
herausgesucht aus alten Büchern,
Entfliehen dem Scheiterhaufen der Bestattung.
Als Rom zusammenbrach, folgte darauf das Dunkle Zeitalter. Auch wenn es so von den Propheten dieser Zivilisation wegen seiner Rückschrittlichkeit und dem langsamen technologischen Fortschritt genannt wird, war das Dunkle Zeitalter eine Periode einer Art proto-modernen Zivilisation, eine schreckliche Ära, kein bisschen besser als das, was ihr voranging oder folgte. Wird ein ähnliches „dunkles Zeitalter“ auf den Kollaps des amerikanischen Imperiums folgen? Wir müssen hart daran arbeiten, sicherzustellen, dass, wenn Amerika und die Zivilisation, die es anführt, zusammenbrechen, wir auf ihrer Asche tanzen, um wirklich alle Spuren der Tendenz namens Zivilisation zu zerstampfen, um sicherzustellen, dass eine Ära der Freiheit und der Harmonie folgen wird.
Übersetzt aus dem Englischen: Lessons from the Fall of Rome, Green Anarchy #12, 2003
Anmerkungen
[1] Nun, wie die Zeit bewiesen hat, war er es nicht. Aber wer wird denn all seine Hoffnungen in den Namen eines irrelevanten Präsidenten setzen? [Anm. d. Übers.]