Eine kontroverse MIT-Studie aus dem Jahr 1972, The Limits to Growth [Die Grenzen des Wachstums], prognostizierte den Zusammenbruch der Zivilisation — und neue Forschungen bestätigen die düsteren Szenarien.
Von PrimalAnarchism, entnommen aus dem Archiv vom schwarzen Pfeil
Inmitten einer Kaskade von alarmierenden Umweltereignissen, von Waldbränden im Westen der USA und in Sibirien bis hin zu Überschwemmungen in Deutschland [sowie Belgien, Niederlande, Uganda, China, Indien und Türkei] und einem Bericht, der nahelegt, dass der Amazonas-Regenwald nicht mehr in der Lage sein könnte, als Kohlenstoffsenke zu fungieren, sagt eine neue Studie den Kollaps um 2040 voraus, wenn die aktuellen Trends anhalten.
Während „die Welt“ sich auf eine Erholung des Wirtschaftswachstums nach den Verwüstungen durch die Corona-Pandemie freut, wirft die Forschung dringende Fragen über die Risiken des Versuchs auf, einfach zum Normalzustand vor der Pandemie zurückzukehren.
1972 kam ein Team von MIT-Wissenschaftler_innen zusammen, um die Risiken eines zivilisatorischen Zusammenbruchs zu untersuchen. Ihr systemdynamisches Modell, das vom Club of Rome veröffentlicht wurde, identifizierte drohende „Grenzen des Wachstums“, was bedeutete, dass die industrielle Zivilisation auf dem besten Weg ist, irgendwann im 21. Jahrhundert zu kollabieren, aufgrund der massiven Ausbeutung und Übernutzung der planetarischen Ressourcen.
Die kontroverse MIT-Analyse löste hitzige Debatten aus und wurde damals von Expert_innen, die die Ergebnisse und Methoden falsch darstellten, weithin verspottet. Aber die Analyse hat nun eine Bestätigung durch eine Studie von Gaya Herrington erhalten. Gaya Herrington ist eine niederländische Nachhaltigkeitsforscherin und Beraterin des Club of Rome.
Die Studie wurde im November 2020 im Yale Journal of Industrial Ecology veröffentlicht und ist auf der KPMG-Website verfügbar. Sie kommt zu dem Schluss, dass der derzeitige „Business-as-usual“-Pfad der globalen Zivilisation auf den endgültigen Niedergang des Wirtschaftswachstums innerhalb des kommenden Jahrzehnts zusteuert — und im schlimmsten Fall den gesellschaftlichen Zusammenbruch bis etwa 2040 auslösen könnte.
„Angesichts der unschönen Aussicht auf einen Kollaps war ich neugierig zu sehen, welche Szenarien am ehesten mit den heutigen empirischen Daten übereinstimmen. Schließlich war das Buch, in dem dieses Weltmodell vorgestellt wurde, in den 70er Jahren ein Bestseller, und mittlerweile hätten wir mehrere Jahrzehnte an empirischen Daten, die einen Vergleich sinnvoll machen würden. Aber zu meiner Überraschung konnte ich keine aktuellen Versuche dazu finden. Also beschloss ich, es selbst zu tun.“
Unter dem Titel „Update to limits to growth: Comparing the World3 model with empirical data“ versucht die Studie zu beurteilen, wie das „World3“-Modell des MIT im Vergleich zu neuen empirischen Daten abschneidet. Frühere Studien, die dies versuchten, fanden heraus, dass die Worst-Case-Szenarien des Modells die realen Entwicklungen genau widerspiegeln. Die letzte Studie dieser Art wurde jedoch im Jahr 2014 abgeschlossen.
Herringtons neue Analyse untersucht Daten über 10 Schlüsselvariablen, nämlich Bevölkerung, Fruchtbarkeitsraten, Sterblichkeitsraten, Industrieproduktion, Nahrungsmittelproduktion, Dienstleistungen, nicht-erneuerbare Ressourcen, anhaltende Verschmutzung, menschliches Wohlergehen und ökologischer Fußabdruck. Sie fand heraus, dass die neuesten Daten am ehesten mit zwei bestimmten Szenarien übereinstimmen, „BAU2“ (business-as-usual) und „CT“ (comprehensive technology/umfassende Technologie).
„Die Szenarien BAU2 und CT zeigen einen Wachstumsstopp innerhalb von etwa zehn Jahren“, so die Studie. „Beide Szenarien zeigen also, dass eine Fortsetzung des Business-as-usual, also ein kontinuierliches Wachstum, nicht möglich ist. Selbst in Verbindung mit einer beispiellosen technologischen Entwicklung würde Business as usual unweigerlich zu einem Rückgang des industriellen Kapitals, der landwirtschaftlichen Produktion und des Wohlstandsniveaus innerhalb dieses Jahrhunderts führen.“
Studienautorin Gaya Herrington betont, dass der Kollaps in den MIT-World3-Modellen „nicht bedeutet, dass die Menschheit aufhört zu existieren“, sondern dass „wirtschaftliches und industrielles Wachstum aufhören und dann zurückgehen wird, was die Nahrungsmittelproduktion und den Lebensstandard beeinträchtigen wird… In Bezug auf den Zeitplan zeigt das BAU2-Szenario einen steilen Rückgang, der um 2040 einsetzt.“
Das Szenario, das am wenigsten mit den neuesten empirischen Daten übereinstimmt, der optimistischste Pfad, bekannt als ‚SW‘ (stabilisierte Welt), in dem die Zivilisation einem nachhaltigen Pfad folgt und die geringsten Rückgänge im Wirtschaftswachstum erfährt — basierend auf einer Kombination aus technologischer Innovation und weitreichenden Investitionen in die öffentliche Gesundheit und Bildung.
„Die MIT-Wissenschaftler_innen sagten, wir müssten jetzt handeln“, sagte Herrington dem Guardian. „Das ist nicht passiert, also sehen wir jetzt die Auswirkungen des Klimawandels.“
Gleichzeitig, sagt sie, sind die Hauptanliegen der MIT-Studie in den Hintergrund getreten. „Ressourcenknappheit ist nicht mehr die Herausforderung, von der die Leute in den 70ern dachten, dass sie es sein würde und das Bevölkerungswachstum ist nicht mehr der Schrecken, der es in den 90ern war. Jetzt ist die Sorge die Umweltverschmutzung und wie sie perfekt mit dem übereinstimmt, was die Klimawissenschaftler_innen sagen“, sagte sie.
Der technologische Fortschritt hat einfach dazu geführt, dass wir weiter und tiefer gehen, um fossile Brennstoffe zu extrahieren, und trotz einiger Effizienzsteigerungen sind der Verbrauch und die Emissionen nur gestiegen. Die MIT-Autor_innen, so betont sie, haben genau das vorhergesagt.
„Sie sagten, dass selbst wenn wir uns aus der Ressourcenknappheit heraus innovieren, wir wahrscheinlich einen Anstieg der Umweltverschmutzung durch diese Anpassungen sehen würden, wenn wir nicht auch unser fortgesetztes Streben nach Wachstum begrenzen“, sagte sie.
Dennoch glaubt Herrington, dass es noch nicht zu spät sei eine wirklich nachhaltige Zivilisation (was auch immer das sein mag) zu schaffen. Ihrer Meinung nach können technologischer Fortschritt, erhöhte Investitionen in öffentliche Dienstleistungen sowie Agrowth (agnostischer Wachstumsansatz) zu „einer neuen stabilen und wohlhabenden Zivilisation führen, die sicher innerhalb der planetarischen Grenzen operiert. Aber wir haben wirklich nur das nächste Jahrzehnt, um den Kurs zu ändern.“
Es gibt natürlich keinen Grund anzunehmen, dass sich der Zusammenbruch verhindern ließe. Die Zivilisation, die vor etwa 10.000 Jahren begann, macht nur einen verschwindend geringen Teil der Menschheitsgeschichte aus und jede Zivilisation in diesen 10.000 Jahren ist durch Streben nach Macht und Wachstum, die jeder Zivilisation inneliegt, irgendwann kollabiert. Auch unsere heutige industrielle Zivilisation wird bald ihr Ende finden — allerdings auf Kosten der Erde und mit so viel Leid und Tod unter Mensch und Tier wie möglich.
PS: Read Desert.