Einen Tag nachdem die Junta im staatlichen Fernsehen gedroht hatte, Demonstrierende „in den Kopf oder in den Rücken“ zu schiessen, wurden am Samstag landesweit mindestens 114 Menschen, darunter ein 13-jähriges Mädchen, von Truppen des Regimes in Myanmar getötet.
Während die Juntaführer den 76. Tag der Streitkräfte in Naypyitaw feierten, gingen die Menschen am Samstag im ganzen Land auf die Straße, um den Anlass als „Anti-Militärdiktatur-Tag“ zu kennzeichnen.
Der 27. März erinnert an den Tag, an dem das Land seinen bewaffneten Widerstand gegen die japanische Besatzung im Jahr 1945 begann.
An der Parade und der Zeremonie in Naypyitaw nahmen der stellvertretende russische Verteidigungsminister Alexander Fomin – der sich einen Tag zuvor mit hochrangigen Juntaführern getroffen hatte – und Vertreter:innen aus China, Indien, Pakistan, Bangladesch, Vietnam, Laos und Thailand teil. Die meisten ethnischen bewaffneten Organisationen lehnten auch eine Einladung des Militärs ab, an der Veranstaltung teilzunehmen.
In seiner 30-minütigen Rede sagte der Anführer des Putsches vom 1. Februar, Min Aung Hlaing, dass das Militär das Volk von Myanmar schützen und nach Demokratie streben werde.
Währenddessen erschossen dieselben bewaffneten Kräfte Demonstrierende in mehr als 40 Städten im ganzen Land und sorgten so für die höchste bekannte Zahl an Todesopfern an einem einzigen Tag seit Beginn des Anti-Putsch-Widerstands Anfang Februar.
Myanmar Now konnte mindestens 16 Todesfälle in den Gemeinden von Yangon bestätigen, darunter Dala, Insein, Nord- und Süd-Dagon, Sanchaung, Hlaing und Thingangyun.
Mindestens vier Menschen wurden am frühen Samstagmorgen in der Vorstadtgemeinde Dala getötet und mehrere verletzt, als die Truppen des Regimes das Feuer auf eine Menge von Demonstrierenden vor einer Polizeistation eröffneten. Sie hielten eine Demonstration ab, um die Freilassung von zwei Frauen zu fordern, die am Vortag verhaftet worden waren.
Auch in Insein wurden vier Menschen bei der Niederschlagung der Proteste am Samstagmorgen getötet. Eines der Opfer war der 21-jährige Chit Bo Bo Nyein. Er wurde in den linken Arm geschossen und starb kurz nach seiner Ankunft im Krankenhaus.
Ein einjähriges Baby wurde am Samstag verwundet, nachdem es in der Gegend von Thamine in Yangons Mayangone Township von einem Gummigeschoss ins Auge getroffen wurde. Er hatte draußen in einem Gebiet gespielt, in dem sich Truppen befanden.
In der Stadt Lashio im nördlichen Shan-Staat wurden mindestens vier Menschen bestätigt, die vom Regime getötet wurden.
Mindestens 10 Menschen wurden bei Angriffen auf Anti-Putsch-Kundgebungen in Städten der Region Mandalay erschossen. Unter ihnen war ein 13-jähriges Mädchen in Meikhtila, das in ihrem Haus erschossen wurde, nachdem die Streitkräfte der Junta das Feuer auf Wohngebiete der Stadt eröffnet hatten. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung war es Myanmar Now nicht möglich, weitere Informationen über das verstorbene Kind zu bestätigen.
Sie gehört zu den 20 Minderjährigen, die seit Beginn der Niederschlagung der Proteste in Myanmar von den Truppen des Regimes getötet wurden, so die Assistance Association for Political Prisoners (AAPP). Das jüngste Opfer war ein siebenjähriges Mädchen, das am 23. März in Mandalay erschossen wurde.
Einer der Ermordeten in Mandalay war der Architekt Kyaw Win Maung, wie die Association of Myanmar Architects (AMA) mitteilte. Er wurde in die Brust geschossen, so der Verband.
Dutzende von Todesopfern wurden am Samstag in anderen Städten gemeldet, darunter Dawei und Kawthaung in der Region Tanintharyi, Monywa, Sagaing und Shwebo in der Region Sagaing, Myingyan und Sintgaing in Mandalay, Kyaikhto im Staat Mon und Pathein in der Region Irrawaddy.
Die Opfer vom Samstag kommen zu den 328 Menschen hinzu, die seit dem Putsch durch das Militärregime getötet wurden.
Die US-Botschaft bestätigte, dass am Samstag Schüsse auf das American Center in Yangon abgefeuert wurden, berichtete aber, dass niemand verletzt wurde. Die Botschaft tweetete, dass sie „den Vorfall untersuchen“.
Einen Tag vor der blutigen Niederschlagung warnte die Junta die Demonstrierenden durch eine Sendung im MRTV, dass ihre Streitkräfte diejenigen ermorden würden, die sich ihnen widersetzen.
„Ihr solltet aus den vorherigen hässlichen Todesfällen lernen, dass ihr in Gefahr sein könntet, in den Kopf oder in den Rücken geschossen zu werden“, hieß es in der Ankündigung.
Quellen: Myanmar Now, Nikkei Asia