Revolutionäre Organisationen und individuelles Kommitment

Einige Ratschläge für Revolutionär_innen von Monsieur Dupont.

  1. Du musst nirgendwo beitreten – bestimme selbst, wie du mit dem Milieu umgehst.
  2. Gib nur das, womit du dich wohl fühlst zu geben.
  3. Toleriere niemals moralischen Druck zur Teilnahme an ‘Aktionen’. Als Antwort auf aktivistische Scheinheilige sage, ‘wir sollten nichts tun’, um unterschiedliche Positionen zu etablieren.
  4. Die Revolution beruht nicht darauf, dass du dich einem bestimmten ‘Bewusstsein’ anpasst, also fühle dich weder an Orthodoxien gebunden, noch verlange es von anderen.
  5. Alle Gruppen funktionieren eigentlich nur durch die Arbeit von ein oder zwei Individuen, wenn du also überhaupt einen Beitrag leistest, dann tust du mehr als die Meisten – und sprich immer als du selbst und nicht als die Gruppe.
  6. Es ist möglich, pro-revolutionär zu sein und ein normales Leben zu führen; flüchte nicht nach Leipzig1; nimm keine extremistische Persönlichkeit an; verwechsle nicht Pop-/Drogen-/Aussteiger-Kultur mit Revolution.
  7. Wenn du versuchst, deine Politik zu “leben”, wirst du dich weiter von anderen Menschen abgrenzen und schränkst so gemeinsame Erfahrungen und Perspektiven ein.
  8. Versuche, dich langfristig, aber mit geringer Intensität zu engagieren, und verstehe, dass der anfängliche Enthusiasmus verblassen wird, wenn alles, was du tust, auf taube Ohren stößt und im Misserfolg endet.
  9. Erinnere dich daran, dass die Rolle des pro-revolutionären Milieus nicht darin besteht, Revolution zu machen, sondern jene Versuche zu kritisieren, die behaupten, revolutionär zu sein – mit anderen Worten: diejenigen, die politisiert sind, zu einem pro-revolutionären Bewusstsein zu drängen.
  10. Nur weil du in der Zukunft desillusioniert und ausgebrannt sein wirst und Pro-Revolutionär_innen für Vollidiot_innen halten wirst, folgt daraus nicht, dass die Revolution hoffnungslos ist.
  11. Denke daran, dass die Revolution die Revolutionär_innen abschafft und nicht heiligspricht.
  12. Fang damit an, alle Cliquen zu kritisieren. Wenn du auf einer Demonstration bist, dich umsiehst und alle sind gleich gekleidet und gleich alt, dann stimmt etwas nicht – erwarte, dass es versteckte Absichten und persönliche Interessen gibt.
  13. Gruppen sollten nur existieren, um ein festgelegtes, kurzfristiges Ziel zu erreichen. Alle Gruppen, die länger als fünf Jahre bestehen, haben ihre Nützlichkeit überlebt.
  14. Lass dich nicht in Kampagnen zu einzelnen Themen verwickeln, es sei denn, du willst persönlich eine bestimmte Reform; aus Tierrechten, Legalisierung von Cannabis, Frieden, usw. lässt sich keine Revolution zaubern.
  15. Es gibt eine zyklische Tendenz in Gruppen, sich zu großen antikapitalistischen Ereignissen “aufzubauen” – widersetze dich dem, überlege, warum Gruppen so scharf auf Spektakel sind, und denke dann an den Tag nach dem 1. Mai.
  16. Wenn jemand eine Aussage trifft, überlege dir: Wer spricht, was meint er_sie wirklich – was will er_sie von mir?
  17. Viele Pro-Revolutionär_innen haben gute Jobs und kommen aus behaglichen Verhältnissen und lügen dann darüber/ nehmen Prolet_innen-Akzente an, etc. Die haben ein Sicherheitsnetz, du auch? Gib nicht zu viel.
  18. Suche nicht nach ideologischer Reinheit, so etwas gibt es nicht. Wenn es dir passt, wenn du einen Grund hast, dann nimm so viel du willst als Individuum an irgendeiner reformistischen politischen Gruppe oder Institution teil, solange du ihr keine “revolutionäre” Bedeutung beimisst. Dein pro-revolutionäres Bewusstsein muss von jeder persönlichen und politischen Tätigkeit getrennt bleiben.
  19. Es besteht keine Notwendigkeit, nach “Ereignissen” zu suchen – sie werden dich finden. Auf diese Weise wird deine Effektivität vergrößert, weil du bereit bist und auf eine bestimmte Art und Weise handelst, von der die Menschen um dich herum lernen können, zum Beispiel Solidarität, “wir und sie” und “alles oder nichts”-Perspektiven usw.
  20. Wenn es hilft, dann stelle es dir so vor: Du bist ein_e Agent_in aus der Zukunft; du musst unter den Umständen, in denen du dich befindest, ein normales Leben führen. Vielleicht sprichst du nie mit jemandem über das, was du denkst, aber das spielt keine Rolle, denn wenn die Situation eintritt, wirst du in der Lage sein alles zu erzählen, was angebracht ist, weil genau das deine (und niemandes anderes) Rolle ist. Während du dich darauf vorbereitest, deinen Beitrag zu leisten, wirst du eines Tages etwas tun, und du hast keine Ahnung, was es ist, aber es wird wichtig sein.

1Anm. d. Übs.: Im englischen Original schreiben sie Brighton, eine südenglische Stadt, bekannt für die dortige alternative Kultur

Original auf libcom.org: Monsieur Dupont – Revolutionary organisations and individual commitment

Übersetzung von Libri Felis Nigrae