Nach einer überraschenden Entscheidung, extrem viele Häftlinge in das Abschiebegefängnis CRA Vincennes zusammen zu pferchen, ließ das CRA Vincennes Menschen, zu viert in einer Zelle unterbringen, die Häftlinge haben ihre Geduld mit der Situation verloren.
Die Abriegelung von Covid-19 stellte für die französischen Grenztruppen (die Police Aux Frontières oder Paf) ein Problem dar, da sie ihre Möglichkeiten, Menschen schnell durch die administrativen Haftanstalten (CRA) zu schleusen, die dazu dienen, Menschen einzusperren, welche zur Abschiebung vorgesehen sind, deutlich verlangsamt haben.
Zwar konnten sie die Menschen mangels Flügen nicht mit der gleichen Geschwindigkeit physisch abtransportieren (obwohl sie nie ganz aufgehört haben), aber die Razzien und Inhaftierungen von Migranten gingen weiter, was zu einem massiven Rückstau von Menschen führte, da sich das Virus weiter ausbreitete.
Die Lösung, auf welche Paf kam, bestand natürlich darin, einfach mehr Menschen in den gleichen Einrichtungen in Vincennes, Mesnil, Lille und Rennes einzusperren, trotz der extrem hohen Wahrscheinlichkeit, dass dies zu einem lebensgefährlichem Ausbruch des Virus führen würde.
Die Gefangenen wurden zunehmend unruhiger, als die Zahl der Menschen zunahm und bis zu drei pro Zelle erreichte, bevor letzte Woche im Zuge der Hitzewelle ein neuer Zustrom von Menschen stattfand. Nach Angaben der Gefangenen sind die Zahlen in dem kleinen Gefängnis so stark angestiegen, dass 60 Menschen gezwungen waren, zu viert in einem Raum zu schlafen, wobei weitere in den Fluren, auf der Treppe und im Hof untergebracht wurden.
In einer gemeinsamen Erklärung vom 9. August sagten 35 Häftlinge:
„Wir sind seit dem 7. August mehr als 60 Personen in einem Gebäude (CRA 1), immerhin sind wir alle im selben Gebäude versammelt, aber wir haben vier Personen in einem sehr schlechten Zustand, es fehlt uns an frischer Luft und Sauerstoff. Es ist sehr heiß, gibt nicht genug zu essen, und unter uns sind viele Menschen, die krank sind (Asthmatiker, nervös, selbstmordgefährdet).Die Hitzewelle hat 44°C erreicht. Wir wollen so schnell wie möglich eine Veränderung erreichen“.
Die Lage spitzte sich am vergangenen Freitag zu, als das Gebäude 1 geräumt wurde, anscheinend um Gefangene mit akuten Covid-Symptomen in Einzelhaft zu nehmen. Den anderen Häftlingen wurden wenig bis gar keine Informationen über die Situation gegeben, aber sie sahen nicht tatenlos zu, fast die Hälfte der Menschen in Vincennes tret sofort in einen Hungerstreik. Es wurde auch eine Sammelbeschwerde eingereicht, die von den meisten Gefangenen unterzeichnet wurde. Zwei Personen, die sich weigerten, einen kollektiven Covid-Test zu machen, wurden inzwischen in den Quarantänetrakt verlegt.
Leider waren viele Häftlinge bereits zu schwach, um weitere körperliche Folgeschäden zu ertragen, und waren deswegen gezwungen, etwas zu essen, aber ein Kern von Hungerstreikenden bleibt bestehen und tritt in die zweite Streikwoche ein.
In einer Erklärung beschrieben die Häftlinge des CRA Rennes die Bedingungen in ihrem Gefangenenlager und warum auch sie in den Hungerstreik getreten sind:
Wir haben hier keine Rechte, sie werden missachtet. Dies ist ein Tag im Gefangenenlager:
Die Polizei weckt uns jeden Morgen ohne ein „Hallo“. Sie knallen die Türen und machen das Licht an. Manchmal kommen sie nachts grundlos in unsere Zimmer.
Es gibt keinen Respekt und wir hören: „Ich bin der Chef, ich mache, was ich will.“
Von 9-11 Uhr morgens sind wir draußen. Angeblich wird dann sauber gemacht, also schließen sie die Zimmer, aber danach ist es immer noch schmutzig vorher. Es gibt Mäuse und Kakerlaken. Manchmal bitten wir an der Rezeption um Dinge, aber sie sagen uns, wir sollen warten oder wollen uns nichts geben. Es gibt keine Zwischenmenschlichkeit. Wenn wir die nötige Motivation hätten, würden wir ein wenig Sport treiben, aber das ist nicht der Fall.
Ab Mittag rufen sie uns dann wie die Tiere zum Essen. Manche essen Schweinefleisch, andere nicht, und die Polizei sagt zu uns: „Ihr esst, was wir euch hier geben“. Wir werden auch gezwungen, Fleisch zu essen, obwohl wir wissen, dass es für einige von uns nicht halal ist.
Am Nachmittag, von 13.00 bis 15.00 Uhr, ist dann alles zu. Man kann nicht einmal eine Flasche Wasser kaufen. Wir tun nichts, wir sind Zombies, wir sind wie Tiere. Nach 15 Uhr tun wir auch nichts mehr. Manchmal bekommen wir einen Ball und können ihn nicht einmal annehmen. Wir warten bis 19 Uhr, auf das Essen.
Von 19.00 bis 21.00 Uhr essen wir und dann tun wir wieder nichts. Um 21 Uhr schließen sie die Käfige. Sie sperren uns in die Gebäude ein, in denen wir unsere Zimmer haben, wie in einem Zoo. Wir hören auch rassistische Äußerungen. In einigen Zimmern gibt es einen Fernseher, aber nicht in allen. Wir sind eingesperrt, wenn also jemand versucht, sich umzubringen, können wir nichts tun.
Wir haben Schlafprobleme, wir haben schlaflose Nächte und Alpträume.
Für sie sind wir nur auf der Durchreise, so dass wir nicht so viele Rechte haben. Manche haben nicht einmal Kleider, nichts. Sie sagen uns: „Es ist Zeit, dass ihr nach Hause geht. „Aber sie warnen uns nicht, wenn Flüge gestrichen werden. Wir haben mehrmals nach Ärzten gefragt, aber wir sehen sie nicht oft.
Was uns am meisten schockiert, ist, dass wir nicht respektiert werden. Dass wir beleidigt und bis zum Äußersten getrieben werden. Es ist auch die Verlassenheit, die wir empfinden. Eine Person hat vor einigen Tagen einen Selbstmordversuch unternommen und ist nicht zum Arzt oder zur Krankenschwester gebracht worden. Sie haben ihn so zurückgelassen. Und dann der Rassismus uns gegenüber, die Art und Weise, wie die Polizei mit uns spricht.
Im Zusammenhang mit all dem haben wir beschlossen, in den Hungerstreik zu treten. Wir hoffen, dass sich etwas ändert. Nicht unbedingt für uns, sondern für die Zukunft, für andere. Im Moment erpressen sie uns: Du isst nicht, also darfst du auch kein Nintendo spielen. Damit sollen die Leute ruhig gestellt werden.
Was wir wollen, ist, dass unsere Rechte respektiert werden.
Entnommen aus dem Archiv vom schwarzen Pfeil. Beitrag von Sasha Maijan.
Quellen: