Die Internationale Automobilausstellung (IAA) kommt im September dieses Jahres nach München. IAA, das war doch diese Veranstaltung, bei der sich leicht bekleidete Frauen auf den Motorhauben teurer Autos räkeln? Stimmt genau, es ist aber auch jene Automesse, auf der Hitler und die Nationalsozialisten in den 1930ern ihre Pläne zur “Motorisierung des Deutschen Volkes” vorstellten, jene Lobbyveranstaltung, bei der die deutsche Autoindustrie für ihre umweltschädlichen Spielzeuge wirbt, usw. Erstmals in München soll die IAA nun einen Imagewandel erfahren, um sie an die Erfordernisse eines modernen, grünen Kapitalismus anzupassen, der mit erdölverbrennenden, die Luft der Innenstädte verpestenden Autos nichts mehr am Hut haben will.
E-Mobilität, Smart Cities, Öffentliche Verkehrsmittel, elektrisierte und smartifizierte Fahrräder, digitales Verkehrsmanagement, “Naturschutz”, usw., die neue IAA Mobility lässt kaum ein Thema aus, das in den letzten Jahren nicht gezielt von den Marketingkampagnen innovativer Technologieunternehmen in Szene gesetzt worden ist, um vermeintliche Lösungen für die immer deutlicher sichtbar werdende globale ökologische Zerstörung zu präsentieren. CO2 neutrale Fahrzeuge, Fabriken und Kraftwerke sind jedoch nicht nur eine besonders offensichtliche Lüge (bei deren Bilanzierung entscheidende Produktionsschritte und -Prozesse einfach weggelassen werden – etwa die Verhüttung von Metallen, der Abbau mit Dieselbetriebenen Fahrzeugen, die Logistik mit Ölverbrennenden Schiffen, LKWs und Zügen, die entweder mit Diesel laufen oder von Kohle- und Atomstrom angetrieben werden), sondern ändern auch nichts an der totalen ökologischen Zerstörung, wie sie besonders in jenen Regionen offenbar wird, in denen die Rohstoffminen zur Versorgung der kapitalistischen Metropolen mit sogenannter “grüner Technologie” gelegen sind.
Jene “grüne Technologie” also, die uns von der neuen IAA Mobility angepriesen werden soll, sie sorgt höchstens für sauberere Stadtluft in den reichen Metropolen dieser Welt, in denen – wie auch in München – sich die Technologieunternehmen und deren gut bezahlte Hipster ansiedeln und durch die in der Folge steigenden Lebenskosten sämtliche ärmeren Bevölkerungsschichten verdrängt werden. Die schmutzige und lebensfeindliche Industrie, die diese Technologie produziert und die Luft, Gewässer und Biosphäre mit Ruß, Schwefel, Schwermetallen, Stickoxiden, usw. vergiftet und durch gigantische Tagebaue, Monokulturen und industrielle Landwirtschaft in lebensfeindliche Wüsten verwandelt, sie befindet sich außerhalb der reichen Metropolen und deren Naherholungsgebieten.
Dagegen werden die Metropolen mit der selben Technologie immer mehr in Territorien der totalen Kontrolle verwandelt. Smart Cities, mit ihren Abermillionen von Sensoren erfassen auf jedem Zentimeter, wer sich wann, wohin bewegt, wer sich den Regeln gemäß verhält – und wer nicht – und steuern das Verhalten ihrer Einwohner*innen sogar subtil durch eine Anpassung der Beleuchtung, durch Schwerpunkteinsätze und -Streifengänge der Polizei und anderer, billigerer privater Sicherheitsdienste, durch die Architektur, durch Läden, Gastronomie und Kultureinrichtungen. Der autozentrierte Ausbau von Straßen zu sensorischen Netzen, der damit verbundene Ausbau von 5G und die bereits in Form von Car-Sharings, E-Autos, E-Scootern, Leihfahrrädern und Testfahrzeugen für das autonome Fahren überall in der Stadt präsenten Überwachungssensoren auf Rädern, wie sie von der IAA allesamt angepriesen werden, liefern dabei bloß die technologische Grundlage für eine Ausweitung dieser Kontrolle.
Und dabei haben wir von den größenwahnsinnigen Projekten wie Elon Musks Hyperloop und Fahrzeugen für andere Planeten noch gar nicht gesprochen, die ebenfalls Teil der “neuen” IAA sein werden. Von einer Spielzeugmesse für reiche Männer hat sich die IAA also zu einer Spielzeugmesse für Superreiche entwickelt, denen das Auto-Spielen auf der Erde nicht genug ist und die folglich den Weltraum als eine neue Spielwiese für sich entdeckt haben. Ihre patriarchalen Träume von einer (in ihrem Sinne) absolut kontrollierten Welt lassen sich dort eben am einfachsten und in ihrer ganzen Totalität verwirklichen.
Aber jene verspielten Tendenzen, die wir von der IAA der Vergangenheit ja ebenfalls zur Genüge kennen, sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch die weltlichen, technokratischen Visionen, denen auf dieser Messe der Boden bereitet wird, zu nichts anderem beitragen, als die alltägliche Kontrolle über uns auszuweiten. Wenn München also einmal mehr zu einem Testfeld für die technokratische, kybernetische und kontrollierte Stadt der Zukunft werden soll, dann liegt es an uns, die wir weder in einer solchen Zukunft, noch in der kaum weniger ausbeuterischen, autoritären und lebensfeindlichen Gegenwart leben wollen, uns dieses Experimentierfeldes anzunehmen und ein kleines Wörtchen mitzureden beim “Versuchsaufbau” jenes Sozialexperiments.
Für die totale Zerstörung der IAA und ihrer Aussteller*innen!
Quelle: Indy