Im folgenden ein Beitrag von bell hooks (engl. „Understanding Patriarchy“), der auch wenn er kein unmittelbar anarchistisches Verständnis des Patriarchats liefert, meines Erachtens nach wertvoll darin ist, pauschale und identitäre Geschlechtszuweisungen, wie sie etwa in Anklagen wie „Ein Aufruf an ‚radikale‘ cis (het) Männer und ihre Unzulänglichkeit in Gender Kämpfen“ und ähnlichen Texten (wenn auch gewissermaßen verständlicherweise) immer wieder zum Ausdruck gebracht werden, auch in der theoretischen Betrachtung des Patriarchats zu überwinden. Denn die Analyse, die letztlich nur die passiven, unterdrückten Identitäten (ob Frauen, FLINT, queers, usw.) vs. aktive unterdrückende Identitäten (ob Männer, cis, hetero, usw.) kennt, scheint mir in eine Sackgasse zu führen, in der sich der Kampf um Befreiung in nichts anderem, als einem stumpfen Moralismus zu verlieren droht und in dem die einzige Befreiungsperspektive schließlich darin liegen wird, anzuklagen und aus einer Opferrolle heraus zu agieren (vielleicht schicke ich zu dem Thema demnächst noch einen gesonderten Text).
Meiner Meinung nach zeigt bell hooks deutlich auf, warum Patriarchat nicht mit (cis) Maskulinität gleichzusetzen ist, warum Weiblichkeit (und das lässt sich auch auf queere Identitäten übertragen) eben nicht automatisch in einer bloß passiven Unterdrücktenrolle zu betrachten ist.
Ich will mit diesem Text eine kleine Reihe von Texten vorlegen, die ein solches Verständnis aufbrechen und ein alternatives Verständnis von Patriarchat und Geschlecht aufzeigen.
Verfasst von freek, entnommen aus dem Archiv vom schwarzen Pfeil
Das Patriarchat verstehen
Das Patriarchat ist die lebensbedrohlichste soziale Krankheit, die den männlichen Körper und den Geist unserer Nation bedroht. Und doch benutzen die wenigsten Männer den Ausdruck vom “Patriarchat” in ihrer Alltagssprache. Die meisten Männer denken nie über das Patriarchat nach, was es bedeutet, wie es entsteht und wodurch es am Leben gehalten wird. Viele Männer können dieses Wort nicht einmal buchstabieren oder es richtig aussprechen. Das Wort “Patriarchat” kommt in ihrem Alltagsleben und in ihren Alltagsgedanken eben nicht vor. Männer, die dieses Wort schon einmal gehört haben und kennen, verbinden es mit der Befreiung der Frau, mit Feminismus, und verwerfen es damit, weil es irrelevant sei und mit ihren eigenen Erfahrungen nichts zu tun habe. Seit über 30 Jahre stehe ich nun schon auf Bühnen und rede über das Patriarchat. Ich selbst benutze dieses Wort täglich, und Männer, die mir zuhören, fragen mich oft, was ich damit meine.
Die alte anti-feministische These von den allmächtigen Männern wird durch nichts besser widerlegt als durch die Tatsache, dass Männer eine Hauptkomponente unsere politischen Systems grundlegend ignorieren, welche aber männliche Identität und männliches Selbstempfinden von der Geburt bis zum Tod formt und zu dem macht, was es ist. Oft benutze ich den Begriff vom “imperialistischen, rassistischen [white supremacist], kapitalistischen Patriarchat” um die ineinandergreifenden politischen Systeme deutlich zu machen, die der Politik unseres Staates zugrundeliegen. In unserer Kindheit und Jugend prägt uns von all diesen Systemen das Patriarchat am meisten, selbst wenn wir von diesem Wort noch nie gehört haben. Als Kinder werden uns patriarchale Rollenbilder zugeschrieben und unser Leben lang wird uns gezeigt, wie wir die am besten ausfüllen.
Das Patriarchat ist ein politisches-soziales System, das darauf besteht, dass Männer von Geburt an dominanter sind, dass sie allem und jedem, die*der dazu verdammt sind, schwach zu sein, überlegen sind, vor allem Frauen. Männer seien mit dem Recht ausgestattet worden, dominant zu sein und über die Schwachen zu herrschen. Diese Dominanz wird durch verschiedene Arte von Psychoterror und Gewalt aufrecht gehalten. Mein älterer Bruder und ich wurden im Abstand von einem Jahr geboren und das Patriarchat bestimmte darüber, wie wir beide von unseren Eltern behandelt wurden. Unsere Eltern glaubten an das Patriarchat, durch ihre Religion waren ihnen patriarchale Denkstrukturen beigebracht worden.
In der Kirche hatten sie gelernt, dass Gott die Männer geschaffen hätte um die Welt zu beherrschen und alles, was es so in dieser Welt gibt, und dass es die Aufgabe von Frauen sei, den Männern dabei zu helfen, zu gehorchen und immer eine untergeordnete Rolle im Vergleich zu den mächtigen Männern zu spielen. Ihnen wurde beigebracht, dass Gott männlich ist. Jede Institution, der sie in ihrem Leben begegneten, bestärkte dieses Denken, seien es Schulen, Gerichte, Klubs, Sportarenen oder Kirchen. Indem sie das patriarchale Denken annahmen, so wie alle anderen um sie herum auch, gaben sie es auch an ihre Kinder weiter, weil es wie der “natürliche” Weg wirkte, das Leben zu organisieren.
Als ihre Tochter wurde mir beigebracht, dass es meine Rolle sei, zu dienen, schwach zu sein, frei von der Bürde, denken zu müssen, sich um andere zu kümmern und sie zu erziehen. Meinem Bruder wurde beigebracht, dass es seine Rolle sei, bedient zu werden, stark zu sein, zu denken, strategisch zu sein, Pläne für sein Leben zu entwickeln und sich zu weigern, sich um andere zu kümmern oder sie zu erziehen. Mir wurde beigebracht, dass es sich für Frauen nicht gehöre, gewalttätig zu sein, dass das “unnatürlich” sei. Meinem Bruder wurde beigebracht, dass sich sein Wert in seiner Willem, Gewalt auszuüben bemesse (wenn auch nur in angemessenen Umgebungen). Ihm wurde beigebracht, dass es für Jungen gut sei, Gefallen an Gewalt zu finden (wenn auch nur in angemessenen Umgebungen). Ihm wurde beigebracht, dass ein Junge seine Gefühle nicht ausdrücken sollte. Mir wurde beigebracht, dass Mädchen Gefühle ausdrücken können und sollen, jedenfalls manche Gefühle. Wenn ich wütend darauf reagierte, dass mir irgendein Spielzeug vorenthalten wurde, wurde mir, einem Mädchen in einem patriarchalen Haushalt, gesagt, dass Wut kein angemessenes feminines Gefühl sein, dass dieses Gefühl nicht nur nicht ausgedrückt, sondern gänzlich ausgelöscht werden sollte. Wenn mein Bruder wütend darauf reagierte, dass ihm irgendein Spielzeug vorenthalten wurde, wurde ihm, einem Jungen in einem patriarchalen Haushalt, gesagt, dass seine Fähigkeit, wütend zu sein, gut sei, dass er aber lernen müsste, einzuschätzen, wann die beste Gelegenheit sei, Gewalt freien Lauf zu lassen. Er lernte, dass Wut nicht das richtige Mittel sei, um gegen die Wünsche seiner Eltern zu rebellieren. Aber später, als er erwachsen wurde, wurde ihm beigebracht, dass Wut sehr wohl erlaubt sei und dass, wenn er es zuließe, durch seine Wut provoziert zu werden, ihm dies helfen würde, sein Zuhause und seinen Staat zu verteidigen.
Wir lebten damals auf dem Land, weit entfernt von anderen Leuten. Unsere Vorstellung von Geschlechterrollen übernahmen wir von unseren Eltern, dadurch, dass wir durch ihr jeweiliges Verhalten beeinflusst wurden. Sowohl mein Bruder als auch ich erinnern uns an unsere Verwirrheit, was die Geschlechterrollen betraf. In Wirklichkeit war ich nämlich stärker als mein Bruder, schnell lernten wir, dass das nicht gut sei. Obwohl wir also oft verwirrt waren, wussten wir eine Sache mit Sicherheit: Wir konnten nicht so sein, und uns nicht so verhalten, wie wir wollten, und nicht das tun, was wir wollten. Für uns war klar, dass unser Verhalten einem vorgeschriebenen, gegenderten Skript folgen musste. Erst in unserem Erwachsenenalter lernten wir das Wort “Patriarchat” kennen, und wir kamen zu der Erkenntnis, dass dieses Skript, dass bestimmt hatte, wie wir zu sein hatten, und was unsere Identität ausmachen sollte, auf patriarchalen Wert- und Glaubensvorstellungen beruhte.
Mir war immer mehr als meinem Bruder daran gelegen, das Patriarchart anzufechten, weil es mich dazu zwang, nicht an Sachen teilnehmen zu können, an denen ich aber teilnehmen wollte. Murmeln waren in unserer Familie war in den 50ern ein Spiel für Jungen. Mein Bruder hatte seine Murmeln von männlichen Familienangehörigen vererbt bekommen, er besaß eine Zinnbox, in der er sie alle aufbewahrte. Für mich waren diese Murmeln, in allen möglichen Größen und Formen und wunderschön bemalt, das Schönste auf der Welt. Wir spielten zusammen Murmeln, wobei ich mich oft aggressiv an die Murmeln klammerte, die ich am schönsten fand und mich weigerte, sie zu teilen. Wenn mein Papa arbeiten war, fand es meine Mama, eine Hausfrau, schön, uns so zusammen spielen zu sehen. Aber Papa, der unser Spiel von einer patriarchalen Sichtweise aus begutachtete, missfiel, was er sah. Seine Tochter, aggressiv und wetteifernd bei der Sache, war eine bessere Spielerin als sein Sohn. Sein Sohn verhielt sich passiv, dem Junge schien es nicht wirklich wichtig zu sein, wer von beiden das Spiel gewann und war sogar damit einverstanden, Murmeln auszuhändigen, wenn er dazu aufgefordert wurde. Papa entschied, dass dieses Spiel beendet werden müsste, dass sowohl mein Bruder als auch ich eine Lektion in Sachen Geschlechterrollen verdient hätten.
Eines Abends hatte mein Vater meinem Bruder mal wieder erlaubt, die Zinnschachtel mit den Murmeln hervorzuholen. Ich wollte beim Spiel mitmachen und wurde von meinem Bruder belehrt “dass Mädchen nicht mit Murmeln spielen”, dass es sich um ein Jungenspiel handeln würde. Dieser Gedanke wollte nicht in meinen 4- oder 5-jährigen Kopf hinein und ich beharrte darauf, mitzuspielen, indem ich Murmeln aufhob und herumbolzte. Mein Vater mischte sich ein und befohl mir, damit aufzuhören. Ich hörte nicht auf ihn. Er wurde lauter und lauter. Dann plötzlich hob er mich hoch, brach eine Holzlatte aus unserer Haustür heraus und fing an, mich damit zu verprügeln. Dabei schrie er mich an: “Du bist nur ein kleines Mädchen. Wenn ich dir sage, dass du etwas tun sollst, dann meine ich das auch so.” Er schlug und schlug mich, er wollte, dass ich mein Vergehen einsah. Sein Zorn, seine Gewalt, zog die Aufmerksamkeit der ganzen Familie auf sich. Sie saßen außerstande sich zu rühren, in den Bann gezogen von dieser Pornographie der patriarchalen Gewalt. Nach dem Prügeln wurde ich verbannt – dazu gezwungen, alleine im Dunkeln zurückzubleiben. Mama kam ins Schlafzimmer, um meinen Schmerz zu lindern, und erklärte mir in ihrem sanften Südstaatenakzent: “Ich hab versucht, dich zu warnen. Du musst akzeptieren, dass du nur ein kleines Mädchen bist und Mädchen können nicht die gleichen Dinge tun wie Jungs.” Ganz im Sinne des Patriarchats war es nun ihre Aufgabe, zu bekräftigen, dass Papa richtig gehandelt hatte, in dem sie mich auf meinen angedachten Platz verwies, indem sie natürliche soziale Ordnung wieder herstellte.
Ich erinnere mich deshalb so gut an diese traumatischen Geschehnisse, weil sie zu einer Geschichte wurde, die in unserer Familie immer wieder erzählt wurde. Es kümmerte niemanden, dass das andauernde Wiedererzählen bei mir posttraumatischen Stress auslösen könnte; das Wiedererzählen war nötig, sowohl um die dahinterstehende Botschaft zu verfestigen als auch die Erinnerung an meinen Zustand der absoluten Machtlosigkeit. Die Rückbesinnung auf diese brutale Prügelattacke einer kleine Tochter, ausgeführt von einem großen starken Mann, war mehr als nur eine Mahnung, die mich an meinen angestammten Geschlechterplatz erinnern sollte, es war eine Mahnung an alle, die zuhörten und sich erinnerten, an alle meine Geschwister und meine längst erwachsene Mutter, dass unser patriarchale Vater der Herrscher unserer Familie war. Wir sollten uns daran erinnern, dass wir bestraft würden, sogar mit dem Tode bestraft, sollten wir uns nicht an seine Regeln halten. Auf diese Art und Weise lernen wir durch Erfahrungen die Kunst des Patriarchats kennen.
Nichts an dieser Geschichte ist einzigartig oder außergewöhnlich. Hört mensch auf die Erzählungen vieler verwundeter jetzt erwachsener Kinder, die in patriarchalen Haushalten groß geworden sind, wird mensch verschiedene Versionen der immer gleichen Geschichte zu Ohren bekommen. Es geht um den Einsatz von Gewalt, um die Indoktrination durch und die Akzeptanz vom Patriarchat zu bestärken. In seiner Schrift “Wie gelange ich zu dir durch?” berichtet Familientherapeut Terrence Real davon, wie seine Söhne in patriarchale Denkweisen hineingezogen wurden, obwohl die Familie versuchte, ein liebendes Zuhause mit antipatriarchalen Werten zu schaffen. Er erzählt von seinem kleinem Sohn Alexander, der solange Spaß daran hat, sich als Barbie zu verkleiden, bis andere Jungen, die mit seinem ältere Sohn spielen, das einmal mitbekommen und ihm durch Blicke und schockierten, missbilligendem Schweigen zu verstehen geben, dass sein Benehmen völlig inakzeptabel ist.
“Ohne es auch nur ein bisschen böse zu meinen, überbrachten ihre Blicke meinem Sohn eine Botschaft. So hat man sich nicht zu benehmen. Das Medium, durch welches diese Botschaft übermittelt wurde, war eine starke Emotion: Nämlich Scham. Im Alter von drei Jahren wurden Alexander die Regeln klar. Ein zehnsekündiger, wortloser Vorfall war mächtig genug, meinen Sohn von seiner Lieblingsbeschäftigung abzubringen. Ich nenne solche einflussreichen Momente die “normale Traumatisierung” von Jungen. “
Um Jungen mit den Regeln des Patriarchats zu indoktrinieren zwingen wir sie dazu, Schmerzen zu erleiden und ihre Gefühle zu verleugnen.
Meine Erlebnisse ereigneten sich in den 50er Jahren, die Erlebnisse, die Real widergibt, spielen im Hier und Jetzt. Aber beide heben die Tyrannei patriarchaler Denkweisen hervor, die Macht der patriarchalen Kultur, die uns gefangen hält. Real ist einer der vorurteilsfreisten Denker auf dem Gebiet der patriarchalen Maskulinität unseres Landes, und trotzdem schafft er es nicht, seine Jungs aus den Klauen des Patriarchats herauszuhalten. Sie leiden unter dessen Angriffen, so wie es alle Jungen und Mädchen mal mehr, mal weniger tun. Kein Zweifel, indem Real ein liebevolles Zuhause schafft, das nicht patriarchal ist, lässt er seinen Jungs wenigstens die Wahlfreiheit: Sie können sich entscheiden, ob sie so sein wollen, wie sie sind, oder ob sie in Konformität mit patriarchalen Rollenbildern leben wollen. Real benutzt hier den Begriff des “psychologischen Patriarchats”, um das patriarchalen Denken zu beschreiben, das bei Männern und Frauen so verbreitet ist. Trotz dem zeitgenössischer und visionären feministischen Denken, das klarstellt, dass patriarchaler Denker*innen nicht zwingend männlich sein müssen, glauben die meisten Leute noch immer, dass das Problem am Patriarchat die Männer seien. Das stimmt einfach nicht. Frauen können genauso eng mit patriarchalen Denkweisen und Handlungen verbunden sein wie Männer.
Nützlich ist die scharfsichtige Definition des Patriarchats von Psychotherapeut John Bradshaw in der Schrift “Liebe erschaffen”: “Das Lexikon definiert Patriarchat als eine “soziale Ordnung, gekennzeichnet durch die Vorherrschafts des Vaters im Clan oder der Familie, sowohl in häuslichen also auch religiösen Beziehungen”. Das Patriarchat wird durch männliche Vorherrschaft und Macht charaktersiert. Weiter fährt er fort, dass “die Regeln des Patriarchats immer noch die meisten Weltreligionen, Schulsysteme und Familiensysteme beherrschen”. Die schädlichste dieser Regeln ist für Bradshaw “blinder Gehorsam – das ist das Fundament auf dem das Patriarchat gebaut ist; die Unterdrückung aller Gefühle, außer der Furcht, die Zerstörung der Willenskraft eines jede*n einzele*n, und die Unterdrückung des Denkens, sobald es von der Denkweise einer Autoritätsfigur abweicht.” Patriarchales Denken prägt die Werte unserer Gesellschaft. Wir werden in diesem System sozialisiert, Frauen wie auch Männer. Die meisten von uns haben patriarchale Einstellungen in unserer Herkunftsfamilie kennengelernt, normalerweise werden sie uns von unseren Müttern beigebracht. In der Schule und religiösen Einrichtungen werden solche Einstellungen dann noch verstärkt. Gegenwärtig gibt es viele Haushalte, die von Frauen geführt werden, was dazu führt, dass viele Leute meinen, dass Kinder in solchen Haushalten nicht mit patriarchalen Werten in Berühung kommen, weil keine männliche Person anwesend ist. Sie glauben, dass es nur die Männer sind, die patriarchales Denken vermitteln. Aber viele Frauengeführte Haushalte vermitteln viel stärkere patriarchale Denkweisen als Haushalte, in denen beide Elternteile anwesend sind. Frauen in Einzelhaushalten neigen viel stärker dazu, die patriarchale männliche Rolle und den patriarchalen Mann zu verklären, als Frauen, die täglich mit patriarchalen Männern zusammenleben, da sie keine reale Erfahrung haben, an denen sich ihre Fantasien messen könnten. Wir müssen die Rolle, die Frauen bei der Fortführung und bei der Erhaltung des Patriarchats spielen, deutlicher hervorheben, um zu verstehen, dass das Patriarchat ein System ist, das gleichermaßen von Frauen und Männern unterstützt wird, selbst wenn Männer mehr Vorteile von diesem System haben. Patriarchale Kultur muss in Zusammenarbeit von Frauen und Männern abgebaut und geändert werden.
Solange wir den Einfluss von so einem System auf unser Leben kollektiv verneinen, können wir so ein System offentsichtlich nicht niederreißen. Das Patriarchat fordert unbedingte männliche Dominanz, somit unterstützt, begünstigt und billigt es sexuelle Gewalt. Sexuelle Gewalt wird meistens nur in öffentlichen Debatten über Vergewaltigungen und Misshandlungen durch Lebensgefährten angeführt. Dabei findet patriarchale Gewalt alltäglich in Familien statt und zwar zwischen patriarchalen Eltern und ihren Kindern. Solche Gewalt wird meistens angewendet, um Dominanz einer Autoritätsfigur zu stärken, die als Herrscher über Machtlose erachtet wird und die das Recht hat, diese Herrschaft durch das Fordern von Unterwerfung, Unterordnung und Gehorsam aufrecht zu erhalten.
Unter anderem dadurch, dass Frauen und Männer dazu gebracht werden, über solche Vorgänge in ihren Familien zu schweigen, wird das Patriarchat aufrechterhalten. Eine überwältigende Mehrheit von Individuen erzwingt so eine unausgesprochene Regel in der ganzen Gesellschaft, die besagt, dass wir die Geheimnisse des Patriarchats für uns behalten sollen, womit wir die Rolle des Vaters schützen. Mensch sieht, wie diese Regel des Schweigens hochgehalten wird, wenn sogar ein einfacher Zugang zu einem Wort wie “Patriarchat” verhindert wird. Die meisten Kinder lernen kein Wort für dieses System der institutionalisierten Geschlechterrollen, da wir es in unserer Alltagssprache so selten überhaupt gebrauchen. Dieses Schweigen fördert Verneinung. Und wie schaffen wir es, uns zu organisieren und ein System anzugreifen, dass nicht einmal benannt wird?
Es ist kein Zufall, dass Feminist*innen angefangen haben, dass Wort “Patriarchat” anstelle von den geläufigeren Worten wie “männlicher Chauvinismus” und “Sexismus” zu verwenden. Diese mutigen Stimmen wollten, dass Frauen und Männer besser verstehen, dass das Patriarchats uns alle betrifft. Auf dem Höhepunkt des modernen Feminismus wurde dieses Wort in der Popkultur kaum benutzt. Anti-männliche Aktivistinnen waren genauso wenig daran interessiert, dass patriarchale System und dessen Wirkweisen zu benennen, wie ihre männlichen sexistischen Gegenspieler.
Denn dadurch wäre es unabdingbar geworden, offen zu legen, dass Männer allmächtig und Frauen machtlos sind, dass Männer alle unterdrücken und Frauen immer und einzig Opfer sind. Indem die Schuld am Fortbestand von Seximus alleine den Männern zugeschoben wird, können Frauen damit fortfahren, das Patriarchat zu erhalten und ihrer eigenen Begierde nach Macht freien Lauf lassen. Sie kaschieren diese Begierde nach Herrschen damit, dass sie sich in die Opferrollen begeben. Wie viele visionäre radikalen Feminist*innen habe ich diese Idee von Männern “als Feinde” angefochten, die von Frauen vertreten wurden, die einfach keine Lust mehr auf Ausbeutung und Unterdrückung durch Männer hatten. Schon 1984 fügte ich meinem Buch “Feministische Theorie: Vom Abseits ins Zentrum” ein Kapitel mit dem Titel “Männer: Kampfgefährten” hinzu, in dem ich Vertreter*innen feministischer Politik dringend darum bat, eine Rhetorik, die allein Männer für den Fortbestand des Patriarchats und männliche Unterdrückung verantworlich machte, zu hinterfragen:
“Separatistische Ideologie ermuntert Frauen dazu, die negativen Folgen, die Sexismus auf die männliche Persönlichkeit hat, zu ignorieren. Sie legt einen besonderen Wert auf Polarisation zwischen den Geschlechtern. Laut Joy Justice, vertreten Separatist*innen die Auffassung, dass es “zwei grundlegenden Perspektiven” gibt, wenn es darum geht, die Opfer von Sexismus zu benennen: “Es gibt die Perspektive, dass Männer Frauen unterdrücken. Und dann gibt es die Perspektive, dass Menschen Menschen sind und dass wir alle durch rigide Rollenvorstellungen verletzt werden. “… Beide Perspektiven beschreiben akkuart die Zwickmühle, in der wir uns befinden. In der Tat unterdrücken Männer Frauen. Leute werden durch rigide Rollenmuster verletzt, diese beiden Realitäten existieren nebeneinander. Männliche Unterdrückung von Frauen kann nicht dadurch entschuldigt werden, dass anerkannt wird, dass es durchaus möglich ist, dass Männer auf verschieden Weise durch sexistische Rollenmuster verletzt werden. Feministischen Aktivist*innen sollten diese Verletzungen anerkennen und auf Veränderung hinarbeiten. Männliche Mitwirkung am Patriarchat, die Aufrechterhaltung männlicher Macht, indem Männer Frauen in einer Art und Weise ausbeuten und unterdrücken, die immer noch schlimmer ist, als der große psychologische Stress und der emotionale Schmerz, der durch den männlichen Anpassungsdruck an rigide sexistische Rollenbilder ausgelöst wird, wird dadurch weder ausgelöscht noch weniger.
Immer wieder habe ich in diesem Aufsatz betont, dass Fürsprecher*innen für Frauenrechte insgeheim zu dem Schmerz der Männer, die durch das Patriarchat verwundet wurden, beitragen, wenn sie Männer fälschlicherweise als immer und als einzige Mächtige darstellen, die immer und als einzige Vergünstigungen vom Patriarchat bekommen, indem sie ihm blind gehorchen. Ich habe betont, dass die patriarchale Ideologie Männern einer Gehirnwäsche unterzieht, sodass sie glauben, dass ihre Dominanz gegenüber Frauen für sie Vorteile hat, auch wenn das nicht stimmt:
Feministische Aktivist*innen bestätigen diese Logik oft, obwohl wir solche Taten immer als Ausdrücke von pervertierten Machtverhältnissen sehen sollten, als ein generelles Fehlen von Kontrolle über die eigenen Handlungen, als emotionale Hilflosigkeit, extreme Irrationalität und in vielen Fällen als unverblümten Wahnsinn. Dadurch, dass Männer sexistische Ideologie rein passiv absorbieren, interpretieren sie ihr gestörtes Verhalten als etwas Positives. Solange Männern einer solche Gehirnwäsche unterzogen werden, sodass sie gewalttätige Herrschaft und Missbrauch von Frauen für ein Privileg halten, solange werden sie nicht verstehen, wie viel Schaden ihnen und anderen dabei zugefügt wird, und keine Motivation haben, sich zu ändern.
Das Patriarchat fordert von Männern, zu emotionalen Krüppeln werden und zu bleiben. Da es sich um ein System handelt, dass Männern freien Zugang zu ihrer Willensfreiheit verweigert, ist es für jeden Mann, welcher Klasse auch immer, schwierig, gegen das Patriarchat zu rebellieren und illoyal gegenüber einem patriarchalen Elternteil zu sein, sei das nun eine Frau oder ein Mann.
Der Mann, der für zwölf Jahre meine Hauptbezugsperson war, wurde durch die patriarchalen Dynamiken in seiner Herkunftsfamilie traumatisiert. Als ich ihn kennenlernte, war er in seinen Zwanzigern. Seine frühen Jahre hatte er in Gesellschaft seines gewalttätigen, alkoholkranken Vaters verbracht, aber die Umstände änderten sich, als er zwölf war und er ab dann alleine mit seiner Mutter lebte. In den ersten Jahren unserer Beziehung redete er offen über seinen Hass und seine Wut auf seinen ihn misshandelnden Vater. Er hatte kein Interesse daran, ihm zu verzeihen, oder die Umstände anzuerkennen, die das Leben von seinem Vater geprägt und beeinflusst hatten, weder in dessen Kindheit, noch in dessen beruflicher Laufbahn oder während dessen Zeit beim Militär.
In den ersten Jahren unserer Beziehung war er extrem kritisch gegenüber männlicher Dominanz über Frauen und Kinder. Obwohl er das Wort “Patriarchat” nicht kannte, wusste er, was es ist, und lehnte es ab. Andere Leute ignorierten ihn oft, hielten ihn für schwach und hilflos, weil er eine sanfte, ruhige Art an sich hatte. Als er 30 wurde, begann er, sich eine Macho Persönlichkeit zuzulegen, wobei er sich das Herrschaftsmodell zu eigen machte, dass er einst abgelehnt hatte. Indem er den Mantel des Patriarchats anlegte, erlangte er mehr Respekt und mehr Sichtbarkeit. Mehr Frauen fühlten sich zu ihm hingezogen. In der Öffentlichkeit wurde er deutlicher wahrgenommen. Seine Kritik an männlicher Dominanz schwächte sich ab. Und tatsächlich begann er dem Patriarchat nach dem Mund zu reden, sagte sexistische Sachen, die ihn in der Vergangenheit angeekelt hätten.
Diese Veränderungen in seinem Denken und seinem Verhalten wurden dadurch ausgelöst, dass er den Wunsch hatte, an seiner patriarchalen Arbeitsstelle akzeptiert zu werden und beruflich aufzusteigen. Seine Geschichte ist nicht ungewöhnlich. Jungen, die durch das Patriarchat verrohen und ihm zum Opfer fallen, werden später oft selber patriarchal, und nehmen die missbräuchliche, patriarchale Maskulinität an, von der sie früher ganz offen zu sagen wussten, dass sie falsch ist. Nur wenige Männer, die als Kinder im Namen patriarchaler Männlichkeit brutal missbraucht wurden, schaffen es, der Gehirnwäsche standzuhalten und später sich selber treu zu bleiben Die meisten Männer aber beugen sich auf die eine oder andere Weise dem Patriarchat.
Tatsächlich ist radikale feministische Kritik am Patriarchat in unserer Gesellschaft praktisch zum Schweigen gebracht worden. Sie ist zu einem subkulturellen Diskurs geworden, verfügbar nur den gut ausgebildeten Eliten. Selbst in diesen Kreisen gilt das Wort “Patriarchat” als passé. Wenn ich in meinen Vorlesungen den Begriff vom “imperialistischen, rassistischen [white supremacist], kapitalistischen Patriarchat” benutze, um das politische System unseres Landes zu beschreiben, lacht das Publikum oft. Niemensch hat mir je erklärt, warum es lustig ist, dieses System beim Namen zu nennen. Das Lachen selber ist schon eine Waffe des patriarchalen Terrorismus. Es dient als eine Gegenerklärung, schmälert die Bedeutung dessen, was beim Namen genannt wurde. Es suggeriert, dass die Worte selber das Problem seien, und nicht das System, das sie beschreiben. Ich interpretiere dieses Gelächter als ein Ausdruck von Unwohlsein des Publikums, wenn es aufgefordert wird, sich mit antipatriarchalen, ungehorsamen Menschen zu verbünden. Dieses Gelächter erinnert mich daran, dass, wenn ich mich traue, das Patriarchat offen anzugreifen, ich risikiere, nicht ernst genommen zu werden.
Bürger*innen dieses Landes fürchten sich davor, das Patriarchat herauszufordern, selbst wenn ihnen nicht offen bewusst ist, dass sie Angst haben, so tief eingebettet sind die Regeln des Patriarchats im kollektiven Unbewusstsein. Oft erkläre ich dem Publikum, dass, wenn wir von Tür zu Tür gingen und fragten, ob männliche Gewalt gegenüber Frauen aufhören solle, die meisten Menschen uneingeschränkt zustimmen würden. Dann, wenn wir ihnen sagen würden, dass männliche Gewalt gegenüber Frauen nur dadurch gestoppt werden kann, dass männliche Dominanz ein Ende findet und das Patriarchat aufgelöst wird, würden sie anfangen zu zögern und ihre Meinung zu ändern. Trotz der vielen Verdienste der modernen Feminismusbewegung – mehr Gleichheit für Frauen am Arbeitsplatz, mehr Toleranz für den Abbau veralteter rigider Genderrollen – bleibt das Patriarchat selbst unangegriffen und viele Leute glauben weiterhin, dass es gebraucht wird, soll die menschliche Spezies überleben. Das scheint ironisch angesichts der Tatsache, dass durch patriarchale Methoden, Nationen zu organisieren, besonders bei der Beharrung auf Gewalt als ein Mittel der sozialen Kontrolle, genau genommen zur der Hinschlachtung von Millionen von Menschen auf diesem Planeten geführt hat. Solange wir es nicht schaffen, gemeinsam anzuerkennen, welchen Schaden und welches Leiden das Patriarchat verursacht, können wir männlichen Schmerz nicht in Angriff nehmen. Wir können nicht für Männer das Recht einfordern, unversehrt zu bleiben, Leben zu geben und aufrechtzuerhalten. Es ist offentsichtlich, dass einige patriarchale Männer verlässliche und sogar gutmeinende Fürsorger und Ernährer sind, aber trotzdem werden sie von einem System gefangen gehalten, dass ihre mentale Gesundheit untergräbt. Das Patriarchat fördert Wahnsinn. Es ist die Wurzel vieler psychologischer Probleme, die Männer in unsere Gesellschaft umtreibt. Trotzdem gibt es keine Massenaufschrei ob der schlimmen Lage der Männer. Susan Faludi bezieht nur eine sehr kurze Diskussion über das Patriarchat in ihrem Buch “Der Verrat am amerikanischen Mann” mit ein:
“Fragt mensch Feminist*innen, was das Problem vieler Männer sei, bekommt mensch oft eine sehr deutliche Antwort: Männer befinden sich in einer Krise, weil Frauen die Vorherrschaft der Männer ernsthaft in Frage stellen. Frauen wollen, dass Männer ihre öffentliche Vormachtstellung teilen, und Männer können das nicht aushalten. Fragt mensch Antifeminist*innen, bekommt mensch eine Antwort, die der vorherigen in einer Hinsicht ähnelt. Männer seien verunsichert, sagen viele konservative Expert*innen, weil viele Frauen über das Ziel nach Gleichbehandlung hinausgeschossen seien, und nun versuchten, die Macht zu übernehmen und Männern die Kontrolle zu entreißen. Die darunter liegende Botschaft: Männer können keine Männer sein, lediglich Eunuchen, wenn sie nicht die Kontrolle haben. Sowohl die feministische als auch die antifeministische Sichtweise sind in einem eigentümlichen modernen amerikanischen Selbstverständnis verwurzelt, nachdem männlich sein beinhaltet, jederzeit die Kontrolle zu behalten.”
Faludi hinterfragt diese Idee der Kontrolle nie. Sie kommt nicht auf den Gedanken, dass es falsch ist, dass, bevor die moderne Frauenbewegung aufkam, Männer immer die Kontrolle hatten, mächtig waren und mit ihren Leben zufrieden.
Das Patriarchat als System veweigert Männern den Zugang zu einem emotionalem Wohlbefinden, was nicht das gleiche ist, wie sich belohnt, erfolgreich oder mächtig zu fühlen, weil man Kontrolle über andere ausüben kann. Um uns ernsthaft mit männlichem Schmerz und männlichen Krisen auseinanderzusetzen, muss unserere Gesellschaft dazu bereit sein, die harsche Realität aufzudecken, nämlich dass das Patriarchat Männer in der Vergangenheit geschädigt hat und das auch heute noch immer tut. Wenn das Patriarchat wirklich so belohnend gegenüber Männern wäre, würde die Gewalt und die Abhängigkeiten im Familienleben, die so allgegenwärtig sind, nicht existieren. Diese Gewalt wurde nicht von Feminist*innen erschaffen. Wenn das Patriarchat belohnend wäre, würde die überbordende Unzufriedenheit nicht existieren, die die meisten Männer in ihrem Arbeitsleben verspüren, eine Unzufriedenheit, die im dem Werk von Studs Terkel gut dokumentiert ist und ihren Nachhall auch Faludis Abhandlung findet. In vielerlei Hinsicht ist “Der Verrat am amerikanischen Mann” gleich noch ein Verrat an den amerikanischen Männern, weil Faludi so viel Aufwand betreibt, das Patriarchat eben nicht anzugreifen, gelingt es ihr nicht, die Notwendigkeit zu betonen, dass Patriarchat abzuschaffen, um dadurch die Männer zu befreien. Stattdessen schreibt sie:
“Anstatt mich zu fragen, warum sich Männer dem Kampf der Frauen für ein freieres und gesünderes Leben widersetzen, begann ich mich zu fragen, warum Männer nicht ihren eigenen Kampf aufnehmen. Warum, abgesehen von einigen zufälligen Wutanfällen, haben sie keine methodische, durchdachte Antwort auf ihre missliche Lage gefunden? Warum revoltieren Männer nicht, bei all diesen haltlosen und von Natur aus beleidigenden Forderungen, die in unserer Gesellschaft an sie gestellt werden? Warum antworten Männer nicht ähnlich wie die Frauen auf all diese Verrate, die ihnen in ihrem Leben begegnen, auf die Verfehlungen ihrer Väter, die versprochen haben, dass sie ein gutes Leben führen würden?”
Bemerkenswert ist hier, dass Faludi sich vor dem Zorn feministischer Frauen auf der einen Seite fürchtet, indem sie eben nicht vorschlägt, dass Männer eine Befreiung in der feministischen Bewegung finden könnten, und sich auf der anderen Seite vor einer Zurückweisung von potentiellen männlichen Lesern fürchtet, die solide antifeministisch eingestellt sind, sodass auch nicht vorschlägt, dass es ihnen etwas bringen könnte, sich in der Feminismusbewegung zu engagieren.
In unserer Gesellschaft ist im Moment die visionäre feministische Bewegung, die einzige soziale Gerechtigkeitsbewegung, die die Notwendigkeit betont, das Patriarchat abzuschaffen. Weder hat eine Frauenmassenbewegung das Patriarchat angezweifelt, noch hat sich eine Männergruppe zusammengefunden, um den Kampf anzuführen. Die Krise, die Männer betrifft, ist nicht eine Krise der Maskulinität, es ist eine Krise der patriarchalen Maskulinität. Solange diese Unterscheidung nicht für alle klar ist, werden Männer weiterhin befürchten, dass jede Kritik am Patriarchat eine Bedrohung für sie darstellt. Der Therapeut Terrence Real macht deutlich, dass das Patriarchat, das uns alle verletzt, sich tief in unsere Psychen eingegraben hat, wobei er dies zu einem politischen Patriarchat abgrenzt, das vor allem damit beschäftigt ist, Sexismus abzuschaffen:
“Das psychologische Patriarchat kann als die Dynamik beschrieben werden, die zwischen solchen Eigenschaften herrscht, die als “männlich” und als “weiblich” gelten. Die Hälfte dieser menschlichen Eigenschaften wird überhöht, die andere Hälfte abgewertet. Sowohl Männer als auch Frauen haben Anteil an diesem gepeinigten Wertesystem. Das psychologische Patriarchat ist ein “Tanz der Verachtung”, eine perverse Form einer Verbindung, das wahre Intimität vertauscht mit komplexen, verborgenen Schichten von Dominanz und Unterwerfung, Absprachen und Manipulation. Es ist das nicht anerkannte Musterbeispiel von Beziehungen, unter dem die westliche Zivilisation seit Generationen leidet, welches beide Geschlechter verformt und das leidenschaftliche Band zwischen ihnen zerstört.”
Durch die Hervorhebung des psychologischen Patriarchats, wird bemerkbar, dass wir alle davon betroffen sind, und so können wir die falsche Wahrnehmung ablegen, dass Männer der Feind seien. Um das Patriarchat abzuschaffen, müssen wir sowohl seine psychologischen als auch seine konkreten Auswüchse im täglichen Leben anzweifeln. Es gibt Leute, die das Patriarchat kritisieren, aber unfähig sind, in einer antipatriarchalen Art und Weise zu handeln. Um den Schmerz, den Männer erfahren, zu beenden, um effektiv auf Krisen von Männern reagieren zu können, müssen wir das Problem beim Namen nennen. Wir müssen sowohl anerkennen, dass das Patriarchat das Problem ist, als auch darauf hinarbeiten, es zu beenden. Terrence Real liefert dazu folgende wertvolle Einsicht:
“Die Rückforderung von Unversehrtheit ist etwas, was für Männer noch problematischer ist als für Frauen, noch schwieriger und für unsere jetzige Kultur noch deutlich bedrohlicher. Wenn Männer all das Gute zurückfordern, was Männlichkeit ausmachen kann, wenn sie wieder Zugang zu Offenherzigkeit und emotionaler Ausdrucksfähigkeit erhalten, was fundamental für das Wohlergehen ist, müssen wir uns Alternativen zu patriarchaler Maskulinität vergegenwärtigen. Wir müssen uns alle ändern.”