Die Polizei in Myanmar hat Krankenhäuser und Universitäten besetzt und Berichten zufolge Hunderte von Menschen verhaftet, die an den Protesten gegen den Militärputsch im letzten Monat beteiligt waren, während eine Koalition von Gewerkschaften zu einem landesweiten Streik aufgerufen hat.
Zwei Menschen wurden getötet, als die Polizei am Montag in der nördlichen Stadt Myitkyina auf Demonstrierende schoss. Die Anzahl der Todesopfer im Zusammenhang mit den Protesten liegt inzwischen bei mindestens 50, einige Quellen gehen von mindestens 60 aus.
Die Spannungen in der größten Stadt des Landes, Yangon, waren am Sonntagabend hoch, wo Schüsse aus schweren Waffen in mehreren Gebieten nach der 20-Uhr-Ausgangssperre zu hören waren. Auf Videos, die in den sozialen Medien gepostet wurden, waren auch Geräusche zu hören, bei denen es sich offenbar um Blendgranaten handelte.
Einige der Schüsse waren in der Nähe von Krankenhäusern zu hören, wo Berichten zufolge Anwohner:innen versuchten, das Eindringen von Polizei und Militär zu verhindern.
Sicherheitskräfte haben schon früher medizinisches Personal und Einrichtungen ins Visier genommen und Krankenwagen und deren Besatzungen angegriffen. Es gibt Befürchtungen, dass die Polizeipräsenz in den Krankenhäusern es den Behörden ermöglichen würde, Verwundete zu verhaften, bei denen es sich vermutlich um Demonstrierende handelt.
„Wenn es vorher nicht offensichtlich war, ist es jetzt absolut klar: Das Militär von Myanmar wird nicht aufhören, die Rechte der Menschen in Myanmar zu verletzen, bis die internationale Gemeinschaft entschlossen handelt, um diese ungeheuerlichen Taten zu verhindern und zur Rechenschaft zu ziehen“, hieß es seitens der Physicians for Human Rights (Ärzte für Menschenrechte).
Die Gruppe sagte, dass die gewaltsame Besetzung von Krankenhäusern „nur dazu dient, ein Gesundheitssystem weiter zu untergraben, das bereits durch die Covid-19-Pandemie und durch den jüngsten Staatsstreich des Militärs angeschlagen ist“.
Eine Augenzeugin berichtete, dass bewaffnete Sicherheitskräfte in das West Yangon General Hospital eingedrungen sind und versucht haben, es mit Gewalt zu besetzen. Sie sagte, dass ihr auch Berichte über die Besetzung von mindestens fünf weiteren Krankenhäusern in Yangon durch das Militär vorlägen, sowie ähnliche Berichte aus Mandalay, Monywa und Taunggyi.
Ein Bündnis einflussreicher Arbeitergewerkschaften in Myanmar rief zu einem ausgedehnten landesweiten Streik ab Montag auf, mit der Absicht, einen vollständigen, ausgedehnten Stillstand der Wirtschaft des Landes zu verursachen, um den Militärputsch zu stoppen.
In einer Erklärung riefen neun Arbeitnehmerorganisationen alle Menschen in Myanmar dazu auf, die Arbeit niederzulegen, um die Machtergreifung des Militärs rückgängig zu machen.
Arbeiter:innen in mehreren Branchen haben sich der Protestbewegung angeschlossen, vor allem bei der staatlichen Eisenbahn und im Bankensektor.
Moe Sanda Myint, Vorsitzende der Federation of Garment Workers Myanmar, sagte, sie glaube, dass die Mehrheit der Arbeiter:innen sich anschließen werde. „Wir rufen dazu auf, den Streik fortzusetzen, bis die Diktatur entwurzelt ist“, sagte sie.
Nur ein paar kleine Teeläden waren am Montag in Yangon geöffnet, sagten Augenzeug:innen. Die großen Einkaufszentren waren geschlossen und in den Fabriken wurde nicht gearbeitet.
Andrew Tillett-Saks, Direktor des Myanmar-Länderprogramms des Solidarity Center, einer in den USA ansässigen Organisation für Arbeitnehmerrechte, sagte, dass der Streik „die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass viele weitere aus dem privaten Sektor dem Aufruf in den folgenden Tagen und Wochen folgen werden“. „Das ist eine Strategie, die das Militär tatsächlich glaubhaft unter Druck setzen könnte“, sagte er.
Zehntausende von Menschen gingen am Sonntag in Myanmar auf die Straße, um gegen den Putsch zu protestieren, trotz der nächtlichen Razzien der Sicherheitskräfte in Yangon, die sich gegen Wahlkampfleiter:innen und Oppositionsaktivist:innen richteten (siehe hier).
In einem einzigen Stadtteil von Yangon, Shwepyitha, wurden Berichten zufolge mindestens 100 Student:innen verhaftet, und viele Demonstrierende sollen auch in anderen Städten, vor allem an Universitäten, festgenommen worden sein.
Die Polizei feuerte Tränengas und Blendgranaten in der Stadt Lashio in der nördlichen Shan-Region des Landes ab, wie ein Live-Video auf Facebook zeigt. Ein Zeuge sagte, dass die Polizei das Feuer eröffnete, um einen Protest in der historischen Tempelstadt Bagan aufzulösen, aber es war nicht klar, ob sie Gummigeschosse oder scharfe Munition einsetzten.
Khin Maung Latt, ein Funktionär und lokaler Wahlkampfleiter von Aung San Suu Kyis Nationaler Liga für Demokratie, starb am Sonntag in Polizeigewahrsam.
Ba Myo Thein, ein des Amtes enthobener Gesetzgeber, sagte, dass Berichte über Prellungen am Kopf und Körper von Khin Maung Latt den Verdacht aufkommen lassen, dass er schwer gefoltert wurde.
Quelle: The Guardian