Xinjiang, oder Chinesisch-Turkestan, wie es einst genannt wurde, liegt im Westen Chinas und ist seit vielen Jahrhunderten eine chinesische Einflusssphäre. Es wurde von verschiedenen chinesischen Dynastien in ihren Kriegen mit der Xiongnu-Stammeskonföderation im Norden und dann mit nachfolgenden Steppenreichen umkämpft.
— Übersetzung eines Beitrags von ACG —
Xinjiang wurde von den Uigur:innen besetzt, einer türkischen Gruppierung, die dort mindestens seit dem 8. Jahrhundert lebt. Das Gebiet wurde nach der Gründung der Volksrepublik China durch die Kommunistische Partei im Jahr 1949 zu einer autonomen Region erklärt. Es gibt 10 Millionen Uigur:innen in Xinjiang, die meisten von ihnen sind sunnitische Muslime. In den 1950er Jahren begann eine große Anzahl von Han (ethnische Chines:innen) in das Gebiet zu ziehen, was dazu führte, dass die Bevölkerungszahl bis heute auf 21 Millionen angestiegen ist. Infolgedessen machen die Uigur:innen heute nur noch 45% der Bevölkerung aus. Diese Einwanderungspolitik war eine bewusste Taktik der chinesischen Regierung, gefördert durch die Öl- und Gasfelder in der Region. Neben chinesischen Arbeiter:innen profitierten auch chinesische Kapitalist:innen von diesen Reichtümern. Der daraus resultierende Wirtschaftsboom kam den Uigur:innen nicht merklich zugute, da sowohl der staatliche als auch der private Sektor dazu neigten, eher Han-Arbeiter:innen als Uigur:innen einzustellen, was sowohl auf Vetternwirtschaft als auch auf Diskriminierung beruhte.
Infolgedessen hat sich die wirtschaftliche Kluft zwischen Uigur:innen und Han enorm vergrößert, was die Ressentiments schürt. Um dies zu überwinden, ermutigte die chinesische Regierung ab 2002 Uigur:innen, in die Fabriken und auf die Baustellen im Osten Chinas zu ziehen. Um dies zu fördern und gleichzeitig die uigurische Sprache anzugreifen, wurden Kurse in Mandarin-Chinesisch angeboten, ebenso wie eine industrielle Ausbildung. Diejenigen, die sich weigerten umzuziehen, wurden mit hohen Geldstrafen belegt. Dies hat dazu geführt, dass 1,5 Millionen Uigur:innen in andere Teile der chinesischen Republik umgesiedelt wurden.
Die chinesische Regierung verfolgte eine Politik der Sinifizierung (andere Kulturen „chinesischer“ machen) und zwang die Uigur:innen, ihre Sprache für Mandarin aufzugeben und andere Aspekte ihrer Kultur aufzugeben. Mandarin ist die einzige Sprache, die an den Universitäten in Xinjiang gesprochen wird, und die Armut der unteren Schichten der Uigur:innen hat das Erlernen von Mandarin erschwert. Die uigurische Sprache wird vom stalinistischen Oberherrn von Xingjiang, Wang Lequan, als „nicht mehr zeitgemäß für das 21. Jahrhundert“ angesehen.
Islamische Fundamentalist:innen haben die Ressentiments gegen die chinesische Regierung ausgenutzt, um ihre Ideen in Xinjiang zu verbreiten. Die ethnischen und wirtschaftlichen Spannungen in Xinjiang führten 2009 zu Ausschreitungen gegen die Han-Chines:innen in der Stadt Urumqi.
Ab 2017 intensivierte die chinesische Regierung ihr Sinifizierungsprogramm und ihre Angriffe auf die uigurische Sprache und Kultur. Es wurden Internierungslager errichtet, in denen mittlerweile bis zu 1 Million Menschen inhaftiert sind. Diese Lager laufen unter dem Namen „Umerziehungs- und Ausbildungszentren“. Es sind nicht nur Uigur:innen, die in diesen Lagern leiden, sondern auch Angehörige anderer türkischer Sprachgruppen wie Kasach:innen und Kirgis:innen.
Zum Teil handelt es sich um eine Aktion gegen praktizierende Gläubige des Islams, wobei diejenigen, die Bärte oder den Schleier tragen, inhaftiert werden. Ein anderer Aspekt ist die Bestrafung von Verbindungen zu Familienmitgliedern und Verwandten außerhalb Chinas. Gleichzeitig hat eine Säuberung von Uigur:innen innerhalb der lokalen kommunistischen Partei und unter Intellektuellen, Akademiker:innen und Literat:innen dazu geführt, dass viele von ihnen in den Lagern landeten.
Gerüchten zufolge sind die Bedingungen in den Lagern hart und es herrscht ein hartes Indoktrinationsregime. Einige müssen täglich Prügel einstecken, andere müssen „Selbstkritik-Sitzungen“ abhalten und patriotische Slogans wiederholen, die den Geist betäuben. Außerhalb der Lager sind die Dinge nicht viel besser, mit vielen Polizei- und Militärkontrollpunkten, Indoktrinationsroutinen wie dem Hissen der chinesischen Flagge und dem Zwang, einen Treueeid auf die „Volks“republik zu leisten. Videokameras dominieren die uigurischen Viertel ebenso wie die ständige Präsenz von Polizeipatrouillen. Spektakel von militärischem Drill sind ein weiteres Zeichen von Einschüchterung und Unterdrückung. Darüber hinaus scheint in den Lagern eine Politik der Zwangssterilisation betrieben zu werden.
Die von Peking aus regierende Autokratie verteidigt ihre imperialistische Politik in Zentralasien und Tibet mit Blick auf die zynische Unterstützung der USA und ihrer Verbündeten für die Uigur:innen und Tibeter:innen. Sie kann dann ihre Politik mit dem Hinweis auf die Opposition zum westlichen Imperialismus rechtfertigen. Dazu gesellt sich ein Chor von verschiedenen Stalinist:innen und einer Minderheit von Trotzkist:innen auf der ganzen Welt, die im Namen des Antiimperialismus die Unterdrückung der Uigur:innen als Schwindel abtun und damit die chinesische Autokratie verteidigen.
Anarchist:innen und antiautoritären Kommunist:innen sollten klar zeigen, dass sie weder Peking noch Washington in der Frage der Uigur:innen unterstützen. Wir müssen internationale Solidarität und Versuche, Waffenverkäufe an China zu stoppen, an der Basis ermutigen und unterstützen, einschließlich der Weigerung von Hafenarbeiter:innen und Seeleuten, Waffen zu transportieren, die sowohl gegen die Uigur:innen als auch gegen zukünftige Revolten von Arbeiter:innen und Student:innen eingesetzt werden. Es muss Druck auf Unternehmensketten wie Apple, Nike, Gap, Muji, Uniqlo, H&M, Esprit und Adidas ausgeübt werden, die von der Zwangsarbeit in den Lagern in Xinjiang profitieren. Die Region produziert den Großteil der Baumwollproduktion in China (84%), und ein Teil davon wird durch Zwangsarbeit hergestellt. Andere Produkte, die aus den Lagern kommen, sind Produkte aus Menschenhaar.